Befangenheit

Befangenheit oder die Besorgnis der Befangenheit sind Ablehnungsgründe, aus denen Gerichtspersonen wie Richter oder auch Sachverständige von der Beteiligung in einem Verfahren ausgeschlossen werden können.

Nur der unbefangene Richter kann eine gerechte Entscheidung fällen. Deshalb gewähren alle Verfahrensordnungen die Möglichkeit, einen Richter wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehnen oder untersagen ihm die Teilnahme am Verfahren von vornherein. Bei der bloßen Besorgnis der Befangenheit bedarf es eines Antrags, gesetzliche Ablehnungsgründe dagegen sind von Amts wegen zu berücksichtigen.   


News 23.02.2024 BVerfG

Gesetzliche Befangenheitsgründe

Ein Richter ist von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes insbesondere ausgeschlossen

  • in Rechtssachen, in denen er selbst, ein (ehemaliger) Ehegatte/Lebenspartner oder ein in gerader Linie Verwandter oder Verschwägerter Partei ist,
  • in Rechtssachen, mit denen er schon in irgendeiner Weise beruflich oder als Zeuge befasst war.

Besorgnis der Befangenheit

Die Besorgnis der Befangenheit besteht in sonstigen Fällen, die einen Befangenheitsverdacht bzw. das Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines begründen können, etwa bei

  • Verfahrensfehlern und skeptischen Äußerungen über das Prozessverhalten von Verfahrensbeteiligten, weltanschaulichen Einstellungen oder persönlichen oder beruflichen Interessen am Prozessausgang,
  • einem besonderen Näheverhältnis zu Verfahrensbeteiligten (z. B. Angeklagter ist behandelnder Arzt des Richters),
  • bei Mitwirkungen an Vorentscheidungen oder sonstige Vorbefassungen mit der zu entscheidenden Rechtssache.
Serie 24.10.2021 Colours of law

Das BVerfG hat einen Befangenheitsantrag von Abgeordneten der Partei „Freie Wähler“ gegen den BVerfG-Präsidenten Harbarth und die Richterin Baer in einem Verfahren zur Verfassungsmäßigkeit der Corona-Notbremse zurückgewiesen.mehr

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Serie 09.08.2021 Zeit und Recht

„Stoppt die Invasion: Migration tötet…“. Diesen EU-Wahlkampfslogan der NPD bewertete ein hessischer Asylrichter als inhaltlich richtig. Das BVerfG hat den Richter nun wegen Besorgnis der Befangenheit in einem Asylverfahren ausgeschlossen.mehr

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Serie 08.08.2021 Colours of law

Die AfD ist mit einem gegen sämtliche Richterinnen und Richter des Zweiten Senats gerichteten Befangenheitsantrag gescheitert. Es handelte sich um ein gegen die Bundeskanzlerin gerichtetes Organstreitverfahren und Auslöser des Befangenheitsantrags war ein Abendessen.mehr

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News 03.03.2021 Dieselgate

Richter entscheiden idealerweise unparteilich und unabhängig. Bei bestimmten Konstellationen kann dies jedoch fraglich sein. Hat eine Prozesspartei diesbezüglich begründete Sorge, kann sie den Richter wegen Befangenheit ablehnen. Das OLG München hatte einen Fall zu entscheiden, bei dem die berufliche Tätigkeit des Richtergatten dem Prozessgegenstand nahe stand.mehr

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Serie 01.11.2020 Colours of law

Schlecht, wenn es Tonaufnahmen vom Richter gibt, der über eine der Parteien ablästert. Die gerichtliche Verwertung einer heimlich in einer Sitzungspause angefertigten Tonaufnahme von einem Gespräch, dass ein Richter führt, ist im Rahmen eines Befangenheitsgesuchs auch nicht grundsätzlich ausgeschlossen.mehr

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News 01.10.2019 Urteil

Schreibt eine Vorgesetzte, die sich für eine intern ausgeschrieben Stelle bewirbt, die dienstliche Beurteilung für eine Mitbewerberin, ist diese Beurteilung fehlerhaft aufgrund der Konkurrenzsituation.mehr

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Serie 28.07.2019 Colours of law

Eine Prozesspartei fühlte sich durch die Verhandlungsführung einer Richterin an nationalsozialistische Sondergerichte und an mittelalterliche Hexenprozesse erinnert. Nach der Wertung des Bundesverfassungsgerichts ist dieser massive Vorwurf von der Meinungsfreiheit geschützt,  die angstfreie Kritik an öffentlicher Gewalt ermöglichen soll.mehr

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News 15.01.2019 Verfassungsbeschwerde gegen Zwischenentscheidung

Bereits eine im Stadium der Verfahrensvorbereitung vorgenommene Richterhandlung kann einen Befangenheitsantrag begründen, wenn die Umständen Besorgnis bezüglich der richterlichen Voreingenommenheit rechtfertigen. Die Ablehnung des Antrags kann ausnahmsweise eine Verfassungsbeschwerde gegen eine gerichtliche Zwischenentscheidung rechtfertigen.mehr

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Serie 02.12.2018 Colours of law

In einer bemerkenswerten Entscheidung hat der BGH eine diffizile Grenzziehung zwischen berechtigter und nicht mehr berechtigter Besorgnis der Befangenheit eines Richters vorgenommen.mehr

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News 14.11.2018 BGH bejaht Befangenheit

Der BGH hat entschieden, dass nicht nur dann eine Befangenheit eines Richters vorliegen kann, wenn sein Ehegatte als Rechtsanwalt in einer Kanzlei tätig ist, welche eine Partei vor diesem Richter vertritt. Vielmehr kann eine unzulässige Einflussnahme auch dann zu besorgen sein, wenn die Ehegattin in dieser Kanzlei als Sekretärin in Teilzeit angestellt ist.mehr

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Serie 21.10.2018 Colours of law

Hat ein Angeklagter einen Grund, zwei Richter wegen Befangenheit abzulehnen, nur weil diese privat ein Liebespaar sind? Dies lehnte das LG Augsburg im Fall der mittlerweile als "Liebeskammer" bekannten 10. Strafkammer ab. Der inzwischen rechtskräftig zu 3 Jahren Haft verurteilte hatte befürchtet, der Wunsch der zusammenlebenden Richter nach häuslicher Harmonie könne die richterlicher Unabhängigkeit trüben.mehr

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News 26.04.2018 Erfolgreicher Befangenheitsantrag

Wann hat ein Befangenheitsantrag gute Aussichten? Selbst wenn Einzelgründe die Besorgnis der Befangenheit nicht tragen, so kann eine Gesamtschau der Umstände diese Besorgnis dennoch rechtfertigen. In einer bemerkenswerten Entscheidung hat der BGH deshalb dem Antrag eines Angeklagten und damit der Revision stattgegeben.mehr

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Serie 08.04.2018 Colours of law

Nicht nur die bayerische Politik, auch die bayerische Rechtsprechung pflegt gewisse Besonderheiten, die die bayerische Gerichtsbarkeit immer wieder mal vom allgemeinen deutschen Recht abhebt. Das OLG München sah sich aber nun zu der Klarstellung veranlasst, dass die ZPO auch in Passau gilt.mehr

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Serie 16.07.2017 Colours of law

Das BVerfG verlangt nach Art. 101 Abs. 1 GG wissbegierige Richter. Was nicht geht ist, wenn der Richter einem Prozessbeteiligten zuruft: „Die Wahrheit interessiert mich nicht!“ Solchen Äußerungen können nicht nur den Eindruck richterlicher Befangenheit wecken, sie verstoßen auch gegen das garantierte Recht auf einen gesetzlichen Richter.mehr

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News 06.07.2017 Rechtsmissbrauch

Normalerweise darf der wegen Befangenheit abgelehnte Richter nicht selbst über den Antrag entscheiden. Wird dieser allerdings von einer Prozesspartei offenkundig nur mit dem Ziel gestellt, eine Fristverlängerung zu erzielen, kann ihn der Richter selbst wegen Rechtsmissbrauchs ablehnen.mehr

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News 09.11.2016 Besetzungsrüge

Am Landgericht Darmstadt muss ein fast zwei Jahre andauernder Strafprozess nach einer Entscheidung des BGH neu aufgerollt werden, weil eine schwangere Richterin nach der Entbindung wieder zu früh auf dem Richterstuhl Platz nahm und die Strafkammer versäumt hatte, einen Ergänzungsrichter zu installieren. mehr

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News 26.04.2016 Seitenwechsel

Der Präsident des OLG Hamm hat vor dem Verwaltungsgericht Münster eine Schlappe einstecken müssen. Er hatte einem ehemaligen Richter untersagt, als Rechtsanwalt vor seinem ehemaligen Dienstlandgericht aufzutreten. Die lange Sperrfrist für den früheren Richter ging dem Verwaltungsgericht zu weit.mehr

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News 20.11.2015 Ablehnungsgesuch

Das Recht einer Partei, einen Richter wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehnen, entfällt, wenn diese sich nach Anbringen des Befangenheitsgesuchs der weiteren Verhandlung nicht verweigert.mehr

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News 27.10.2015 Rechtliches Gehör

Faxt das Amtsgericht in einer Buß­geld­sa­che nach einer Richter­ableh­nung die dienst­li­che Erklä­rung des abge­lehn­ten Rich­ters der Ver­tei­di­ge­rin zu und setzt ihr eine Frist zur Stel­lung­nahme von 15 Minu­ten, verletzt dies das Recht des Betroffenen auf rechtliches Gehör.mehr

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News 30.07.2015 Gutachten

Veröffentlicht ein Sachverständiger auf einer verbraucherfreundlichen Internetplattform Beiträge zum Regulierungsverhalten der Versicherungen, ist das aus Sicht der Assekuranzen  zwar ärgerlich, rechtfertigt aber - aus Richtersicht - allein noch keine Besorgnis der Befangenheit.mehr

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Serie 21.06.2015 Colours of law

Der BGH ist auch zu Richtern streng: Eine private SMS während der Verhandlung. Das ist schon für Zuschauer ordnungsrechtlich kritisch und während der Verhandlung verboten. Solches Tun der Richterin während der Vernehmung einer Zeugin ist aber besonders unschicklich und führt außerdem zur Befangenheit.mehr

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Serie 19.04.2015 Colours of law

Wenn Gerichtsurteile gefertigt würden, bevor die erste mündliche Verhandlung und Anhörung der Parteien stattgefunden hat, würden die Bürger das Vertrauen in die Justiz wohl schnell verlieren. Was geradezu unglaublich klingt, kann jedoch harte Realität sein - auch im aktuellen Deutschland.mehr

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Serie 31.01.2015 Vor Gericht und auf hoher See ...

Das Amt eines Schöffen ist insbesondere bei Gewaltverbrechen keine leichte Aufgabe. Aber deshalb gleich die Flinte ins Korn werfen geht auch nicht. Das Oberlandesgericht Celle hat deshalb eine überängstliche Schöffin ihres Amtes enthoben.mehr

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Serie 16.10.2014 Vor Gericht und auf hoher See ...

Teure Geste: Noch während der Anwalt vor Gericht öffentlich redet, tippt sich die Sachverständige kurz mit dem Zeigefinger auf die Schläfe. Erlaubt oder verboten? Welche Konsequenzen stehen im Raum? Mit dieser Frage musste sich kürzlich das Oberlandesgericht Stuttgart beschäftigen.  mehr

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News 05.08.2014 DStV

Der DStV informiert in einer aktuellen Pressemitteilung darüber, was bei einer Prüfung nach der Finanzanlagenvermittlungsverordnung zu beachten ist.mehr

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Serie 28.05.2014 Vor Gericht und auf hoher See ...

Immer wieder gibt es neue und seltsame Facetten und Konstellationen beim Thema Befangenheit: Ist ein Richter in eigener Sache Mandant des Anwalts einer Partei, rechtfertigt das objektiv die Besorgnis der Befangenheit, entschied das Kammergericht in Berlin.mehr

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Serie 06.05.2014 Vor Gericht und auf hoher See ...

Immer wieder kommt es vor, dass Sachverständige in Zivilverfahren ein Haus, ein Grundstück oder eine Wohnung besichtigen oder dort Beprobungen durchführen müssen. Sind die Parteien verfeindet, wird dem Gegner oft der Zugang verwehrt. Dann sollte der Sachverständige den Termin lieber abblasen.mehr

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Serie 02.05.2014 Vor Gericht und auf hoher See ...

Sind Richterin und sachbearbeitender Staatsanwalt miteinander verheiratet, begründet dies, auch im Bußgeldverfahren, die Besorgnis der Befangenheit. Das geht aus einer Entscheidung des Amtsgerichts Kehl hervor.mehr

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Serie 07.10.2013 Vor Gericht und auf hoher See ...

Wegen der besonderen Bedeutung des Verfahrensgrundrechts des rechtlichen Gehörs begründet die fehlerhafte Ablehnung eines Antrags auf Terminverlegung die Besorgnis der Befangenheit des Richters, entschied das Oberlandesgericht Oldenburg.mehr

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Serie 06.06.2013 Vor Gericht und auf hoher See ...

Ein Anruf und seine Folgen: Weil ein Richter einen Anwalt einen Tag vor der mündlichen Verhandlung anrief, ihm seine Rechtsauffassung mitteilte und einen Vergleichsvorschlag unterbreitete, lehnte ihn der Anwalt wegen Befangenheit ab. Zu Unrecht, befand das OLG Bremen.mehr

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Serie 29.04.2013 Vor Gericht und auf hoher See ...

Lautstarke Auseinandersetzungen zwischen Gericht und Prozessbevollmächtigten kommen schon mal vor. Ist nur der (oder die) Bevollmächtigte einer Partei hiervon betroffen, so drängt sich der vertretenen Partei schon mal der Eindruck mangelnder Neutralität auf.mehr

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Serie 06.03.2013 Vor Gericht und auf hoher See ...

Wenn sich ein Bundesliga-Schiedsrichter auf seiner Homepage als leidenschaftlicher Bayern-Fan outet, dürfte es vorbei sein mit seiner Karriere als Referee. Bei gerichtlich bestellten Sachverständigen ist es ähnlich. Sind sie pauschal gegen eine Seite eingestellt, droht ihnen die Ablehnung wegen Befangenheit.mehr

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Serie 12.02.2013 Vor Gericht und auf hoher See ...

„Sie verbrennen das Geld Ihres Mandanten“ hatte ein Richter beim Amtsgericht Brühl einem Anwalt zugerufen, weil dieser einen verfrühten Scheidungsantrag gestellt hatte. Darin sahen die Richterkollegen keinen Befangenheitsgrund. Das OLG Köln korrigierte diese Rechtsansicht.mehr

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News 12.11.2012 Voreiliger Vorwurf vom Zivilrichter

Kann ein Richter, der einen Beklagten in einem Zivilprozess mit einer Strafanzeige unter Druck setzt, überhaupt noch objektiv urteilen? Nein, dachte sich ein Anwalt und stellte einen Befangenheitsantrag. Der wurde in fast allen Instanzen abgebügelt.mehr

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News 15.08.2012 Ziemlich beste Freunde

Persönliche Beziehungen zu einem der Streithähne in einem Zivilprozess bringen Richter an den Rand der Befangenheit. Doch wie intensiv müssen freundschaftliche Beziehungen sein, damit der Richter auf die Auswechselbank gesetzt wird?mehr

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News 31.07.2012 Prozessrecht

Ein Sachverständiger, der das Vorliegen eines Behandlungsfehlers prüfen soll, überschreitet seinen Gutachtenauftrag, wenn er sich ausführlich mit der Frage auseinandersetzt, ob der Patient hinreichend aufgeklärt worden ist und anschließend die Führung der Dokumentation einer detaillierten Kritik unterzieht.mehr

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News 23.07.2012 Ehe bedingt befangen?

Ein Richter kann wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden, wenn sein Ehegatte als Rechtsanwalt in der Kanzlei tätig ist, die den Gegner vor diesem Richter vertritt. Das hat der BGH auch für den Fall entschieden, dass die Ehefrau des Richters den Mandanten persönlich gar nicht vertritt.mehr

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News 21.06.2012 Befangen oder nicht?

In zahlreichen großen Strafverfahren stellen die Strafverteidiger gleich zum Prozessauftakt einen Befangenheitsantrag gegen einzelne Richter. Auch in Zivilverfahren kommen Befangenheitsanträge häufig vor, sind aber überwiegend erfolglos. Eine Ausnahme macht das Oberlandesgericht Bremen in einem aktuellen Beschluss.mehr

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News 06.06.2012 Befangen?

Saloppe bis derbe Unmutsäußerungen, mit denen ein Richter seine Enttäuschung darüber ausdrückt, dass der Geschäftsführer einer beklagten GmbH trotz Anordnung des persönlichen Erscheinens nicht zum Verhandlungstermin erschienen ist, sind nicht geeignet, Misstrauen gegen seine Unparteilichkeit zu begründen.mehr

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News 31.05.2012 Befangenheit

Normalerweise muss über Ablehnungs- und Befangenheitsanträge ein anderes Gericht bzw. Spruchkörper entscheiden. Das gilt aber nicht bei einem offensichtlich unzulässigen und rechtsmissbräuchlichen Ablehnungsgesuch, entschied das Bundesarbeitsgericht.mehr

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News 03.05.2012 Befangenheit

Kann man an der Unvoreingenommenheit eines Richters zweifeln, wenn dieser in derselben Abteilung einer Klinik Patient ist, in der ein Kläger in einem Arzthaftungsprozess angeblich falsch behandelt worden ist? Man kann, stellt das OLG Koblenz fest. Dabei sei unerheblich, dass die Behandlung des Richters in den Händen anderer Ärzte, als im Fall des den Richter ablehnenden Klägers liegt.mehr

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