Befangenheit hat viele Erscheinungsformen und fast immer ist es, ähnlich wie der gehörnte Ehemann, der Richter, der es als letzter bemerkt. Doch ab und an gehen sie auch in Vorlage.
Vom Anwalt des Gegners vertretener Richter ist befangen
In dem entschiedenen Fall hatte die beim KG zuständige Richterin eines Berufungsverfahrens gegen ein erstinstanzlich vom LG Berlin gefälltes Urteil den Parteien schriftlich mitgeteilt, dass sie in einer privaten Angelegenheit derzeit von der Prozessbevollmächtigten des Klägers vertreten werde. Die Beklagte hat hierauf die Richterin wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Das Ablehnungsgesuch hatte Erfolg.
Persönliche Freundschaft allein reicht nicht aus
Nach § 42 ZPO kann ein Richter von den Prozessparteien wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des Richters zu rechtfertigen.
Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des Richters vermögen nur objektive Gründe zu rechtfertigen, die vom Standpunkt des Ablehnenden bei vernünftiger Betrachtung die Befürchtung wecken können, der Richter stehe der Sache nicht unvoreingenommen und damit unparteiisch gegenüber.
Derartige Gründe sind hier nach Anicht des Gerichts gegeben.
- In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass persönliche Freundschaft mit dem Prozessbevollmächtigten der Gegenpartei für sich allein, wenn nicht weitere Umstände hinzutreten, keinen Ablehnungsgrund darstellt.
- Das ist deswegen gerechtfertigt, weil von einem Berufsrichter im Allgemeinen erwartet werden kann, dass er private und dienstliche Angelegenheiten auseinanderhält.
Vertrauensvorschuss zugunsten einer Partei nicht tolerabel
Im vorliegenden Fall geht es aber nicht um eine im Privaten wurzelnde persönliche Freundschaft, sondern um ein Vertrauensverhältnis, das seinen Ausgangspunkt gerade auf fachlich-juristischer Ebene hat. „In dem Verhältnis zwischen Rechtsanwalt und Mandant spielt das Vertrauen des Mandanten in die fachliche Befähigung des Anwalts naturgemäß eine bedeutende Rolle. Sich von dem als Mandant gefassten Vertrauen in die fachliche Leistungsfähigkeit des Anwalts als Richter freizumachen, ist nahezu ausgeschlossen“, befanden die Berliner Richter.
Denn hier gehe es nicht um eine Trennung verschiedener Lebensbereiche (fachlich/privat), sondern um die Auswechslung des Standpunkts gegenüber ein und derselben Person innerhalb desselben Lebensbereichs. „Dass die Beklagte die Besorgnis hegt, dass ein Richter einem Rechtsanwalt, dem er seine persönlichen Angelegenheiten anvertraut hat, nicht objektiv-kritisch, sondern mit einem Vertrauensvorschuss begegnet, ist objektiv gerechtfertigt“, so das Kammergericht.
(KG, Beschluss vom 30.10.2013, 23 U 121/13).
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