Italienische Bußgeldwelle trifft deutsche Autofahrer
Deutsche Autofahrer, die in diesem und im vergangenen Jahr Urlaub in Italien gemacht haben und dort gegen Verkehrsregeln verstoßen haben, sind dafür bisher meist nicht zur Rechenschaft gezogen worden. Ab sofort können sie wieder belangt werden und müssen mit dem Eingang von Bußgeldbescheiden aus Italien rechnen.
Das Kraftfahrtbundesamt hat die Datenweitergabe lange blockiert
Hintergrund des in Italien aufgelaufenen Staus an Bußgeldverfahren gegen deutsche Autofahrer war eine rechtliche Auseinandersetzung zwischen dem Kraftfahrtbundesamt und den italienischen Behörden. Das Kraftfahrtbundesamt hatte Italien schwere Datenschutzverstöße vorgeworfen. Die italienischen Behörden sollen für Verkehrsverstöße Daten beim Kraftfahrtbundesamt abgerufen und diese in Wirklichkeit für andere Verfahren verwendet haben. Seit Juli 2023 hat das Kraftfahrtbundesamt deshalb keine Daten von deutschen Fahrzeughaltern an die italienischen Behörden weitergegeben. Den Datenaustausch hatten auch Österreich und die Niederlande ausgesetzt.
Die Schonfrist für Italienurlauber ist vorbei
Der stellvertretende Ministerpräsident Italiens, Matteo Salvini, hat nach einer Einigung mit den deutschen Behörden nun erklärt, dass die „technischen Systemprobleme“ inzwischen behoben seien. Das Kraftfahrtbundesamt hat hierzu mitgeteilt, dass die Einbindung Italiens in den Datenaustausch wieder steht. Es sei nun sichergestellt, dass die Weitergabe von Halter- und Fahrzeugdaten in Italien ausschließlich für die Verfolgung von Verkehrsdelikten wie Tempoverstößen, Missachtung der Vorfahrtsregeln und ähnliches verwendet werden. Das Eucaris-System (European Car and Driving-Licence-Information-System) erlaubt nun auch wieder den italienischen Behörden einen unmittelbaren Zugriff auf die in Deutschland geführten Register sowie auf die Register anderer EU-Staaten.
Das rückständige Bußgeldvolumen ist erheblich
Aus italienischer Sicht geht es um keine Kleinigkeit. Liegen geblieben sind Strafzettel in Millionenhöhe. Einige Tausend Kfz Halter dürften sich daher wundern, wenn sie in den kommenden Wochen Strafzettel aus Italien für Verkehrsverstöße erhalten, die möglicherweise bis zu einem Jahr zurückliegen. Allein bei der Stadt Meran in Südtirol sollen Bußgelder aus 4.000 Bußgeldverfahren in einer Größenordnung von mehr als 230.000 Euro offen sein.
Wie werden italienische Bußgelder in Deutschland vollstreckt?
Die Vollstreckung der Bußgelder aus Italien ist in Deutschland etwas zeitaufwendig. Die italienischen Behörden treten Ansprüche auf Zahlung von Bußgeld an das Bundesamt für Justiz ab, das dann in Deutschland Vollstreckungsmaßnahmen einleitet. Glück haben diejenigen, deren Bußgelder unter dem Betrag von 70 Euro liegen. Dies ist die Schwelle, ab welcher das Bundesamt für Justiz tätig wird. Italienische Kommunen treiben Bußgelder gegen deutsche Touristen aber auch häufig mithilfe von Inkassofirmen ein, die dann auch Inkassozuschläge verlangen. Rechtlich korrekt ist diese Vorgehensweise nicht. Betroffene Fahrzeughalter sollten zumindest überhöhte Inkassogebühren nicht akzeptieren.
Bei älteren Verkehrsverstößen Verjährungsregeln beachten
Deutsche Fahrzeughalter sollten bei Eingang eines Bußgeldbescheids die einschlägigen Verjährungsregeln im Auge haben. Auch bei Strafzetteln aus Italien wird zwischen der Verfolgungs- und der Vollstreckungsverjährung unterschieden. Die Verfolgungsverjährung beträgt 360 Tage. D.h. spätestens 360 Tage nach dem Verkehrsverstoß muss der Bußgeldbescheid beim deutschen Verkehrssünder eingegangen sein. Ansonsten ist der Zahlungsanspruch der italienischen Behörden verjährt.
Vollstreckungsverjährung erst nach 5 Jahren
Nach Eingang des Bußgeldbescheids beginnt eine 5-jährige Vollstreckungsverjährung, d.h. für die Beitreibung der Geldbuße bleibt den italienischen Behörden 5 Jahre Zeit. Vorsicht: Die italienischen Behörden führen Listen über nicht bezahlte Bußgelder. Die Beitreibung einschließlich der nicht zu unterschätzenden Vollstreckungskosten könnte beim nächsten Italien Urlaub erfolgen und die Urlaubsfreude deutlich vermiesen.
Bußgelder in Italien können sehr teuer sein
Bußgelder sind in Italien regelmäßig höher als in Deutschland. Eine Überschreitung der zulässigen Geschwindigkeit um 20 km/h kostet mindestens 175 Euro, eine Überschreitung um 50 km/h schlägt mit 545 Euro und mehr zu Buche. Die Nutzung des Mobiltelefons durch den Fahrzeugführer kostet ab 165 Euro, Alkohol am Steuer mindestens 545 Euro; der Betrag erhöht sich stufenweise in Abhängigkeit von der Höhe der gemessenen Blutalkoholkonzentration. Der italienische Gesetzgeber plant weitere Erhöhungen. Nach italienischem Recht haften Halter und Fahrer für die Zahlung des Bußgeldes als Gesamtschuldner. Bei ausländischen Fahrern kann das Fahrzeug bis zur Zahlung der Geldbuße oder einer Kaution beschlagnahmt werden.
30 % Rabatt bei unverzüglicher Zahlung
Auch gegen italienische Bußgeldbescheide kann Einspruch eingelegt werden. Der Adressat für den Anspruch wird im Bußgeldbescheid aufgeführt. Der Bußgeldbescheid an deutsche Halter ergeht in deutscher Sprache. Für den Einspruch ist allerdings – außer für Südtirol – die italienische Sprache vorgeschrieben. Im Internet finden sich hierzu italienischsprachige Musterschreiben. Eine italienische Besonderheit: Wer innerhalb von 5 Tagen nach Erhalt des Bescheids bezahlt, kann 30 % Rabatt abziehen. Und noch eine gute Nachricht: Deutsche Verkehrssünder erhalten für Verkehrsverstöße in Italien keine Punkte in Flensburg.
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