Hemmung der Verjährung: §§ 203, 204 BGB

Kann nicht noch die unver­züg­liche Zahlung bewirkt werden, müssen schnellst­mög­lich ver­jäh­rungs­hem­mende oder ver­jäh­rungs­un­ter­bre­chende Maß­nahmen unter­nommen werden.    

Wichtig: Mah­nungen können die Ver­jäh­rung nicht ver­hin­dern

Das Stadium der Mahnung ist jetzt über­schritten, denn eine Mahnung des Gläu­bi­gers, egal ob münd­lich oder schrift­lich, ver­hin­dert die Ver­jäh­rung nicht! Eine For­de­rung ver­jährt nur dann nicht, wenn die Ver­jäh­rung gehemmt (§§ 203, 204 BGB) oder unter­bro­chen (§ 212 BGB) wird. 

Hemmung der Ver­jäh­rung durch Ver­hand­lungen:

Führt der Gläu­biger ernst­hafte Ver­hand­lungen mit dem Schuldner über die For­de­rung, hemmt dies die Ver­jäh­rung (§ 203 BGB). Der Begriff ist weit aus­zu­legen, es genügt jeder Mei­nungs­aus­tausch über einen Anspruch und seine Grund­lage. Ver­hand­lungen schweben schon dann, wenn eine der Par­teien Erklä­rungen abgibt, die der anderen Seite die Annahme gestatten, der Erklä­rende lasse sich auf Erör­te­rungen über die Berech­ti­gung des Anspruchs oder dessen Umfang ein (BGH, Urteil v.12.5.2011, IX ZR 68/08).

Beweis­pro­blem: Der Gläu­biger muss aber beweisen, dass der­ar­tige Ver­hand­lungen erfolgten. Sicher­heits­halber sollte Gläu­biger vom Schuldner eine schrift­liche Erklä­rung ver­langen, dass der Schuldner für die Zeit der Ver­hand­lungen auf die Einrede der Ver­jäh­rung ver­zichtet.

Eine Hemmung der Ver­jäh­rung durch Auf­nahme von Ver­hand­lungen endet auch dann, wenn die Ver­hand­lungen der Par­teien „einschlafen“ (BGH, Urteil v. 6.11.2008, IX ZR 158/07).

Hemmung der Verjährung durch Kla­ge­er­he­bung:

Der Gläu­biger erhebt recht­zeitig vor Ablauf des 02.01.2024 Klage oder er stellt den Antrag auf Erlass eines Mahnbescheides. Beides muss laut Gesetz „demnächst“, d. h. in Kürze nach dem Jah­res­wechsel an den Schuldner zuge­stellt werden können. Gerichts­kosten für die Klage müssen bis zum 2.1.2024 auf dem Konto der Gerichts­zahl­stelle ein­ge­gangen sein (§ 12 GKG).

Wichtig: Es genügt weder die Erhe­bung einer nega­tiven Fest­stel­lungs­klage durch den Schuldner noch die Ver­tei­di­gung des Gläu­bi­gers hier­gegen, um eine Hemmung der Ver­jäh­rung zu bewirken (BGH, Urteil v. 15.8.2012, XII ZR 86/11). Der Umfang der Ver­jäh­rungs­hem­mung richtet sich nach dem Streit­ge­gen­stand, der durch den Kla­ge­an­trag und den zur Begrün­dung vor­ge­tra­genen Lebens­sach­ver­halt bestimmt wird. Bei einer „verdeckten Teilklage“, bei der weder für den Beklagten noch für das Gericht erkennbar ist, dass die bezif­ferte For­de­rung nicht dem Gesamt­schaden ent­spricht, wird die Ver­jäh­rung des Anspruchs nur im bean­tragten Umfang gehemmt; der Kläger darf zwar nach­träg­lich Mehr­for­de­rungen geltend machen, jedoch ist die Ver­jäh­rung des nach­ge­scho­benen Anspruchs­teils selbst­ständig zu beur­teilen (BGH, Urteil v. 8.3.2012, IX ZA 33/11).

Verjährungshemmung durch Antrag auf Streitschlichtung

Der Gläubiger macht seine Ansprüche bei einer staatlichen oder staatlich anerkannten Streitbeilegungsstelle oder im Einvernehmen mit dem Antragsgegner bei einer anderen Streitbeilegungsstelle geltend. Die Verjährung wird in diesem Fall bereits durch den Eingang des Antrags bei der Streitbeilegungsstelle gehemmt, vorausgesetzt, der Antrag wird demnächst bekannt gegeben, § 204 Abs. 1 Ziffer 4 BGB.

Der Gläubiger meldet seine Ansprüche in einem Musterverfahren an

Gemäß § 204a Abs. 1 BGB wird die Verjährung auch durch die Anmeldung von Ansprüchen von Verbrauchern im Rahmen einer Musterfeststellungsklage, gemäß § 204a Abs. 2 BGB oder der Anmeldung zu einer nach EU-Recht erhobenen Verbandsklage gehemmt.

Hemmung durch Antrag auf Arrest oder einstweilige Verfügung

Eine Verjährungshemmung kann auch dadurch erreicht werden, dass der Gläubiger den Erlass eines Arrestes oder einer einstweiligen Verfügung beantragt oder einen Antrag auf einstweilige Anordnung bei Gericht stellt und dem Schuldner den erwirkten Gerichtsbeschluss innerhalb eines Monats seit der Verkündung zustellt, § 204 Abs. 1 Nr. 9 BGB.

Weitere Auslöser einer Verjährungshemmung sind:

Der Gläubiger meldet seinen Anspruch im Insolvenzverfahren des Schuldners an, § 204 Abs. 1 Nr. 10 BGB.

Der Gläubiger stellt Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe oder Verfahrenskostenhilfe, vorausgesetzt die Bekanntgabe durch das Gericht erfolgt demnächst, § 204 Abs. 1 Nr. 14 BGB.

Der Gläubiger ist durch höhere Gewalt an der Geltendmachung seiner Ansprüche verhindert, § 206 BGB.

Selbst­stän­diges Beweis­ver­fahren

Die Ver­jäh­rung des Ver­gü­tungs­an­spruchs des Auf­trag­neh­mers wird gem. § 204 Abs. 1 Nr. 7 BGB gehemmt, wenn der Auf­trag­nehmer zur Auf­klä­rung von Werk­män­geln ein selbst­stän­diges Beweis­ver­fahren ein­leitet, um die Abnah­mereife seiner Werk­leis­tungen und die tat­säch­li­chen Vor­aus­set­zungen für die Fäl­lig­keit seines Ver­gü­tungs­an­spruchs nach­weisen zu können (BGH, Urteil v. 9.2.2012, VII ZR 135/11)

  • Antrag auf Erlass eines Mahn­be­scheids:

Der Gläu­biger stellt selbst Antrag auf Erlass eines Mahn­be­scheids vor Ablauf des 02.01.2024, sodass der Mahnbescheid kurz­fristig nach Jah­res­wechsel an den Antrags­gegner (Schuldner) zuge­stellt werden kann. Der Mahn­be­scheid muss aber korrekt aus­ge­füllt sein und ins­be­son­dere die voll­stän­dige Adresse des Schuld­ners ent­halten.

Unter­bre­chung der Ver­jäh­rung

Einen Neu­be­ginn der Ver­jäh­rung – der Begriff der Unterbrechung wird im Gesetz nicht mehr verwendet -kann der Unter­nehmer errei­chen, wenn es ihm vor dem 02.01.2024 gelingt, dass der Schuldner dem Gläu­biger gegen­über vor dem Jah­res­ende den Anspruch nach­weisbar aner­kennt oder der Schuldner zumin­dest eine kleine Abschlags­zah­lung erbringt; der Gläu­biger muss den Eingang dieser Zahlung in bis spätestens 2.1.2024 beweisen. Am besten ist es, wenn der Gläu­biger den Schuldner per­sön­lich auf­sucht und sich eine Raten­zah­lungs­ver­ein­ba­rung unter­schreiben lässt und die erste Rate gleich kassiert.

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