Bedeutung und Zweck der Verjährung

Für alle Ver­trags­par­teien ist die Kenntnis des Ver­jäh­rungs­zeit­punkts einer For­de­rung oder eines Anspruchs unver­zichtbar: Die Ver­jäh­rung kann die Durch­set­zung begrün­deter Ansprüche unwi­der­ruf­lich ver­ei­teln.    

Nach Ablauf eines gewissen Zeit­raums kann sich der Schuldner auf die Ver­jäh­rung seiner Schuld berufen und die Erfül­lung des Anspruchs ver­wei­gern.

Der Gläu­biger kann seinen Anspruch nicht mehr erfolg­reich gericht­lich durch­setzen, obwohl dieser recht­lich gesehen wei­terhin besteht -, soweit sich der Schuldner auf die Ver­jäh­rung beruft (§ 214 BGB). Der Gläu­biger kann also eine eigent­lich unbe­stritten bestehende For­de­rung beim Schuldner nicht mehr ein­treiben. Die Ver­jäh­rung spielt in allen Rechts­ge­bieten eine Rolle. Bezweckt wird die Her­stel­lung der Rechts­si­cher­heit nach Ablauf einer bestimmten Zeit und die Wahrung des Rechts­frie­dens. Sowohl für Gläu­biger als auch Schuldner ist die Kenntnis über die gän­gigen Ver­jäh­rungs­fristen wichtig.

Da die meisten For­de­rungen jeweils zum Jah­res­ende ver­jähren, sollten alle noch offenen For­de­rungen unbe­dingt noch recht­zeitig vor Jah­res­ende auf ihre Ver­jäh­rung hin geprüft werden. Rechts­an­wälte sollten – neben der Prüfung ihrer eigenen For­de­rungen – auch ihre Man­danten auf die Ver­jäh­rung und sinn­volle Gegen­maß­nahmen hin­weisen. Die rechtliche Notbremse zur Verhinderung einer drohenden Forderungsverjährung ist in vielen Fällen die Einleitung eines gerichtlichen Mahnverfahrens.

Verlängerung der Verjährungsfrist bei unklarer Rechtslage

In der Praxis tritt nicht selten das Problem auf, dass Beginn und/oder Ende der Verjährungsfrist nicht ohne weiteres eindeutig berechenbar sind. So kann der Beginn der Verjährung hinausgeschoben sein, wenn die Rechtslage so unsicher ist, dass dem Inhaber einer Forderung nicht zugemutet werden kann, noch vor Beginn der Verjährungsfrist eine kostspielige Klage einzureichen (BGH, Urteil v. 17.11.2021, IV ZR 113/20). Dies ist zum Beispiel dann der Fall, wenn nach der bisherigen Rechtsprechung des BGH die gerichtliche Durchsetzbarkeit eines Anspruchs als eher unwahrscheinlich erscheint. Dies hatte der BGH konkret in einem Fall zur Rückforderung von Bearbeitungsentgelten von Banken entschieden, die nach einem älteren Urteil des BGH zu Recht erhoben wurden. Die Erhebung einer Klage war nach dem zitierten Urteil des BGH für betroffene Bankkunden erst zumutbar, nachdem sich eine gefestigte abweichende Rechtsprechung mehrerer Oberlandesgerichte herausgebildet hatte. In diesem Fall hatte der BGH den Beginn der Verjährung erst mit dem Zeitpunkt der Etablierung der neuen Rechtsprechung angenommen.

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