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Der Gesellschafterstreit

Außergerichtliche Erscheinungsformen eines Gesellschafterstreits


Außergerichtliche Erscheinungsformen Gesellschafterstreit

Lässt sich ein Streit zwischen Gesellschaftern nicht durch präventive Gestaltungen vermeiden, wird dieser zunächst außergerichtlich ausgetragen. Der folgende Beitrag gibt einen Überblick über häufige Erscheinungsformen und Handlungsmöglichkeiten.

1.    Ausübung von Informationsrechten

Als Eigentümer haben die Gesellschafter das Recht, über die Angelegenheiten „ihrer“ Gesellschaft unterrichtet zu werden. Dieses Informationsrecht, das je nach Gesellschaftsform unterschiedlich ausgestaltet ist, gewinnt bei Konflikten im Gesellschafterkreis regelmäßig erheblich an Bedeutung. Einerseits werden Gesellschafter, die nicht selbst Geschäftsführer sind oder einen engen Draht zur Geschäftsführung haben, oftmals von relevanten Informationen abgeschnitten. Andererseits werden Informationsrechte auch nicht selten dazu missbraucht, um Druck auf die Geschäftsführung und mittelbar auf Mitgesellschafter aufzubauen.

1.1    Verlangen auf Auskunft und Einsichtnahme

Gesellschafter einer GmbH und von Personengesellschaften haben umfassende Informationsrechte und können die Geschäftsführung jederzeit auffordern, ihnen Unterlagen vorzulegen oder Auskünfte zu erteilen. Nach § 51a Abs. 1 GmbHG müssen Gesellschafter einer GmbH noch nicht einmal begründen, weshalb sie eine gewisse Frage stellen oder wofür sie angeforderte Unterlagen benötigen. Die Geschäftsführung muss diesem Verlangen grundsätzlich unverzüglich nachkommen, kann dabei aber im Rahmen des Zumutbaren die Form der Erteilung bestimmen und das Informationsbegehren auf den für den Geschäftsbetrieb schonendsten Weg beantworten. In Ausnahmefällen kann die Geschäftsführung sogar gewisse Auskünfte gänzlich verweigern, insbesondere wenn zu befürchten ist, dass die Information zu gesellschaftsfremden Zwecken oder zum Nachteil der Gesellschaft oder eines verbundenen Unternehmens verwendet werden soll. In einem solchen Fall müssen die Gesellschafter über die Verweigerung abstimmen, wobei der Gesellschafter, der die Information verlangt, vom Stimmrecht ausgeschlossen ist.
Die Verweigerung oder Verzögerung von Auskünften ist häufig Ausgangspunkt für weitergehende Maßnahmen wie Sonderprüfungen (dazu sogleich) oder Anträge auf Abberufung und Kündigung der Geschäftsführung aus wichtigem Grund. Sieht sich die Geschäftsführung mit häufigen, besonders umfassenden oder außergewöhnlichen Auskunftsverlangen konfrontiert, ist ihr daher dringend zu empfehlen, anwaltlichen Rat einzuholen.
Während bei der GmbH und Personengesellschaften jederzeit und unabhängig von Gesellschafterversammlungen Auskunft verlangt werden kann, ist dies Aktionären einer Aktiengesellschaft nur im Rahmen von Hauptversammlungen möglich (§ 131 Abs. 1 S. 1 AktG). Hintergrund ist, dass die Aktiengesellschaft als „Kapitalsammelbecken“ grundsätzlich für eine große Zahl an Gesellschaftern bzw. Aktionären ausgelegt ist. In konfliktgeladenen Situationen ist der Vorstand indes auch bei einem überschaubaren Aktionärskreis gut beraten, sich professionell vorzubereiten und etwa im Vorfeld eine Q&A-Liste mit zu erwartenden Fragen und (juristisch) geprüften Antworten zu erstellen und/oder ein Backoffice für die Beantwortung von Fragen vorzuhalten. Denn greift ein Aktionär (mit anwaltlicher Hilfe) an, kann dies für einen unvorbereiteten Vorstand böse enden.

1.2    Sonderprüfung

Zur Aufklärung vermuteter Pflichtverletzungen können (Minderheits-)Gesellschafter die Durchführung einer Sonderprüfung beantragen.
Diese Möglichkeit sieht das Gesetz ausdrücklich nur für die Aktiengesellschaft vor (§§ 142 ff. AktG). Die Bestellung eines Sonderprüfers erfolgt grundsätzlich durch Beschluss der Hauptversammlung, wobei Aktionäre, die gleichzeitig Mitglieder des Aufsichtsrats oder Vorstands sind, einem Stimmverbot unterliegen, wenn die Sonderprüfung ihre Tätigkeit betrifft. Lehnt Mehrheit der Aktionäre den Antrag auf Sonderprüfung ab, können Minderheitsaktionäre (1 % oder Beteiligung von EUR 100.000 am Grundkapital) eine gerichtliche Bestellung beantragen, wenn Tatsachen vorliegen, die den Verdacht rechtfertigen,  dass insbesondere bei der Geschäftsführung Unredlichkeiten oder grobe Pflichtverletzungen vorgekommen sind (§ 142 Abs. 2 AktG).
Der Sonderprüfer – zumeist ein Wirtschaftsprüfer oder Rechtsanwalt – hat dabei sehr weitreichende Einsichts- und Auskunftsrechte gegenüber dem Vorstand und dem Aufsichtsrat sowie gegenüber anderen Konzernunternehmen. Die oftmals erheblichen Kosten der Sonderprüfung trägt die Gesellschaft. Wenn Minderheitsaktionäre die gerichtliche Bestellung eines Sonderprüfers durch vorsätzlich oder grob fahrlässig unrichtigen Vortrag erwirkt haben, müssen sie der Gesellschaft die Kosten erstatten (§ 146 S. 2 AktG). Aber auch wenn die Bestellung durch die Hauptver-sammlung erfolgt ist, können diejenigen, die diese in missbräuchlicher Weise initiiert haben, gegenüber der Gesellschaft schadensersatzpflichtig sein.
Das GmbHG enthält keine vergleichbaren Regelungen. Es ist allerdings anerkannt, dass die Gesellschafterversammlung aufgrund ihrer Überwachungskompetenz (§ 46 Nr. 6 GmbHG) auch das Recht hat, einen Sonderprüfer zu bestellen. Bei Personengesellschaften ist eine Sonderprüfung dagegen nur möglich, wenn der Gesellschaftsvertrag dies ausdrücklich vorsieht; bei Publikumspersonengesellschaften ist die Rechtslage umstritten.

2.    Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen

Im Rahmen eines Gesellschafterstreits werden gegenüber der "Gegenseite" auch häufig Schadensersatzansprüche geltend gemacht. Solche Forderungen können sich dabei einerseits gegen Gesellschafter-Geschäftsführer in ihrer – deutlich haftungs-trächtigeren – geschäftsleitenden Funktion richten und andererseits an ihre Stellung als Anteilseigner anknüpfen.

2.1    Ansprüche gegen die Geschäftsführung

Die Geschäftsführung ist schadensersatzpflichtig, wenn sie pflichtwidrig handelt, insbesondere, wenn sie gegen gesetzliche Vorschriften, den Gesellschaftsvertrag, Weisungen der Gesellschafterversammlung verstößt oder sonst die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes vermissen lässt und der Gesellschaft hierdurch ein Schaden entsteht. Die Geltendmachung des Anspruchs setzt bei der GmbH gemäß § 46 Nr. 8 Alt. 1 GmbHG einen Beschluss der Gesellschafterversammlung voraus. Ein an der behaupteten Pflichtverletzung beteiligter Gesellschafter unterliegt dabei einem Stimmverbot.
Ähnliches gilt bei der Aktiengesellschaft gemäß § 147 Abs. 1 S. 1 AktG, wobei der Beschluss über die Geltendmachung von Ersatzansprüchen durch die Hauptversammlung die Ausnahme ist. Für die Geltendmachung von Ansprüchen gegen den Vorstand ist vielmehr grundsätzlich der Aufsichtsrat zuständig, für die Geltendmachung von Ansprüchen gegen den Aufsichtsrat der Vorstand und nicht etwa die Hauptversammlung.
Bei Personengesellschaften bedarf es – vorbehaltlich anderslautender Satzungsregelungen – vor der Geltendmachung von Ersatzansprüchen gegen die Geschäftsführung keines Gesellschafterbeschlusses. Vielmehr kann jeder andere zur Geschäftsführung befugte Gesellschafter den Anspruch unmittelbar geltend machen.

2.2    Ansprüche gegen Gesellschafter

Auch Gesellschafter können sich gegenüber der Gesellschaft durch Verletzung gesellschaftsrechtlicher Pflichten schadensersatzpflichtig machen. Typische Fälle sind etwa Wettbewerbsverstöße, Verletzungen von Geheimhaltungspflichten oder sonstige Treuepflichtverstöße. Auch hier gilt bei Kapitalgesellschaften – anders als bei Personengesellschaften –, dass ein Gesellschafterbeschluss vor einer Geltendmachung erforderlich ist und der Anspruchsgegner nicht stimmberechtigt ist.

2.3    Vertretung der Gesellschaft bei Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen

Grundsätzlich ist es Sache der Geschäftsführer einer GmbH, Beschlüsse der Gesellschafterversammlung umzusetzen. Wurde indes der Beschluss gefasst, Schadensersatzansprüche gegen die Geschäftsführung geltend zu machen, liegt es auf der Hand, dass diese bei einer Anspruchsdurchsetzung einem Interessenkonflikt unterliegen kann. Dies gilt erst recht, wenn die Gesellschaft nur einen Geschäftsführer hat. Auch bei der Geltendmachung von Ansprüchen, die gegenüber (Mehrheits-)Gesellschaftern bestehen, kann ein Geschäftsführer gewisse Beißhemmungen empfinden und zu befürchten sein, dass er die Interessen der Gesellschaft nicht ordnungsgemäß verfolgen wird. Gesellschafter können deshalb nach § 46 Nr. 8 Alt. 2 GmbHG für die gerichtliche – und über den Wortlaut hinaus auch außergerichtliche – Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gegen die Geschäftsführer einen besonderen Vertreter bestellen. Dabei ist streitig, ob diese Vorschrift analog auf jeden Rechtsstreit gegenüber Gesellschaftern anwendbar ist oder etwa nur dann gilt, wenn dem Gesellschafter vorgeworfen wird, gemeinsam mit dem Geschäftsführer eine Pflichtverletzung begangen zu haben.
Das Problem der Interessenkollision stellt sich in der Aktiengesellschaft theoretisch nicht mit derselben Intensität. Der Vorstand vertritt die Gesellschaft grundsätzlich bei der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gegen Aufsichtsratsmitglieder und Aktionäre und der Aufsichtsrat bei der Durchsetzung von Ansprüchen, die die Gesellschaft gegenüber Vorstandsmitgliedern hat. Beschließt aber die Hauptversammlung die Anspruchserhebung an sich zu ziehen (s. dazu 2.1), hat sie auch nach § 147 Abs. 2 AktG die Möglichkeit, hierfür einen besonderen Vertreter zu bestellen. Begehren nur einzelne Aktionäre die Bestellung eines Vertreters und lehnt die Hauptversammlung diesen Antrag ab, können Minderheitsaktionäre, die mindestens zehn Prozent oder einen anteiligen Betrag in Höhe von einer Million Euro des Grundkapitals halten, die Vertreterbestellung beim örtlich zuständigen Landgericht beantragen. 
Auch bei Personengesellschaften ist in Rechtsprechung und Literatur anerkannt, dass die Gesellschafter analog § 46 Nr. 8 Alt. 2 GmbHG und § 147 Abs. 2 S. 1 AktG einen besonderen Vertreter bestellen können, um Ersatzansprüche gegen die organschaftlichen Vertreter durchzusetzen.

2.4    Klagezulassungsverfahren /Actio pro socio

Minderheitsaktionäre, die nur ein Prozent oder anteilig EUR 100.000 am Grundkapital einer Aktiengesellschaft halten, können nach § 148 Abs. 1 AktG beim zuständigen Landgericht beantragen, im eigenen Namen Ersatzansprüche der Gesellschaft geltend zu machen. Voraussetzung ist, dass sie zuvor vergeblich unter Fristsetzung die Gesellschaft zur Klageerhebung aufgefordert haben und gegenüber dem Gericht darlegen, weshalb der Verdacht besteht, dass der Gesellschaft durch Unredlichkeit oder grobe Pflichtverletzung ein Schaden entstanden ist.
Ein solches Klagezulassungsverfahren kennt das GmbHG nicht. Es ist jedoch ohne gesetzliche Regelung anerkannt, dass ein Gesellschafter die Anspruchsverfolgung im Wege der sog. actio pro socio selbst in die Hand nehmen kann, wenn der Geschäftsführer bzw. der zur Anspruchsdurchsetzung bestellte Vertreter seiner Pflicht zur Erhebung der Klage gegen einen Gesellschafter nicht nachkommt oder sich die Gesellschafterversammlung weigert, den Beschluss über die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen zu fassen. Umstritten ist dabei, ob im Wege dieser subsidiäre Gesellschafterklage nur Schadensersatzansprüche gegen Mitgesellschafter oder auch Ansprüche gegen Fremdgeschäftsführer verfolgt werden können.
Auch bei Personengesellschaften kann jeder Gesellschafter im Wege der actio pro socio einen auf dem Gesellschaftsverhältnis beruhenden Anspruch der Gesellschaft gegen einen anderen Gesellschafter im eigenen Namen gerichtlich geltend machen, wenn der dazu berufene geschäftsführungsbefugte Gesellschafter dies pflichtwidrig unterlässt (§ 715b BGB).

2.5    Schadensersatzansprüche unmittelbar zwischen Gesellschaftern

Neben den bisher behandelten Ansprüchen der Gesellschaft gegenüber ihren Organmitglieder oder Gesellschaftern können– in selteneren Fällen – auch Schadensersatzansprüche der Gesellschafter untereinander bestehen. Anwendungsfälle sind etwa deliktische Ansprüche oder Ansprüche aus der Verletzung der horizontalen, also zwischen den Gesellschaftern bestehenden, Treuepflicht. Diese Ansprüche kann der betroffene Gesellschafter unmittelbar geltend machen, ohne hierfür einen Gesellschafterbeschluss zu benötigen oder einen Vertreter bestellen zu müssen. 

3.    Abberufung und Kündigung der Geschäftsführung

Geschäftsführer sind nicht selten zugleich auch Gesellschafter oder stehen im Lager eines (Mehrheits-)Gesellschafters. Wird der Mehrheitsgesellschafter bevorzugt oder toleriert dieser aus Sicht der anderen Gesellschaften Pflichtverletzungen der Geschäftsführung, versuchen die anderen Gesellschafter in Gesellschafterstreitigkeiten häufig, die Geschäftsführung abzuberufen und ihr zu kündigen.
Nach dem gesetzlichen Regelfall können GmbH-Geschäftsführer jederzeit mit einfacher Mehrheit abberufen werden (§ 38 Abs. 1 GmbHG). Oftmals sieht der Gesellschaftsvertrag jedoch vor, dass ein Geschäftsführer – wie das Vorstandsmitglied einer Aktiengesellschaft auch – nur aus wichtigem Grund abberufen werden kann. Typische Gründe sind grobe Pflichtverletzungen, ein Vertrauensbruch oder nachhaltige Störungen der Zusammenarbeit.
Die Abberufung führt aber nicht zwangsläufig dazu, dass der Anstellungsvertrag des Geschäftsführers endet. Enthält dieser Vertrag keine wirksame "Kopplungsklausel", läuft er nach der Abberufung weiter, mit der Konsequenz, dass der Geschäftsführer seiner Geschäftsleitungstätigkeit nicht mehr nachgehen kann und dennoch seinen Vergütungsanspruch in voller Höhe behält. Um das zu vermeiden, muss die Gesellschaft den Anstellungsvertrag des Geschäftsführers kündigen. Da derartige Verträge oftmals zeitlich befristet sind, können sie regelmäßig nur außerordentlich aus wichtigem Grund gekündigt werden. Dafür kann in der Regel derselbe Grund herangezogen werden wie für die Abberufung. Zu beachten ist dabei im Gegensatz zur Abberufung aber, dass das für die Kündigung zuständige Organ (bei der GmbH grundsätzlich die Gesellschafterversammlung) ab Kenntnis des Kündigungsgrundes lediglich zwei Wochen Zeit hat, um diese gegenüber dem betroffenen Geschäftsführer auszusprechen (§ 626 Abs. 2 BGB). Die Kenntnis liegt zwar erst vor, wenn den Mitgliedern des zuständigen Organs in einer ordnungsgemäß einberufenen Sitzung der Kündigungssachverhalt vorgetragen wurde, indes muss jedes Organmitglied, das außerhalb einer Sitzung von den maßgeblichen Tatsachen erfährt, unverzüglich auf die Einberufung der Sitzung hinwirken. Bei jeder unangemessenen Verzögerung wird der Fristbeginn fingiert und tritt in dem Zeitpunkt ein, in dem eine unverzüglich einberufene Gesellschafterversammlung zusammengetreten wäre. Hier ist also besondere Eile geboten, da andernfalls die Gesellschaft das Kündigungsrecht aufgrund des infragestehenden Grundes verliert und dann „nur“ noch die Abberufung in Betracht kommt.

4.    Ausschluss aus der Gesellschaft

Ist der Verbleib eines Gesellschafters im Gesellschafterkreis für die anderen unzumutbar geworden, kann dieser Gesellschafter, als ultima ratio, wenn also kein milderes Mittel zur Verfügung steht, aus der Gesellschaft ausgeschlossen werden.
Ein Ausschluss aus wichtigem Grund kann entweder durch Zwangseinziehung oder durch Ausschließungsklage erfolgen. Unterschiede bestehen dabei sowohl hinsichtlich des Zeitpunkts, in dem der Gesellschafter seine Stellung verliert, als auch bezüglich der Parteienrolle in einem späteren Prozess. Die Wirkung der Einziehung tritt unmittelbar dann ein, wenn die Gesellschafterversammlung sie beschließt. Es ist dann Sache des betroffenen Gesellschafters gegen die Einziehung zu klagen und ggf. im einstweiligen Rechtsschutz zu verhindern, dass die übrigen Gesellschafter eine neue Gesellschafterliste beim zuständigen Handelsregister einreichen. Eine solche Zwangseinziehung setzt bei Kapitalgesellschaften eine entsprechende Satzungsregelung voraus (§ 34 Abs. 1 GmbHG bzw. § 237 Abs. 1 S. 2 AktG).
Fehlt eine Satzungsregelung, können die Gesellschafter bei Vorliegen eines wichtigen Grundes dennoch beschließen, den betroffenen Gesellschafter im Klageweg auszuschließen. Aufgrund dieses Beschlusses ist die Geschäftsführung verpflichtet, eine Ausschließungsklage gegen den Gesellschafter zu erheben. Erst mit Rechtskraft eines stattgebenden Urteils scheidet der beklagte Gesellschafter aus dem Gesellschafterkreis aus. 
Beiden Verfahren ist gemein, dass der betroffene Gesellschafter bei der Beschlussfassung über die Einziehung oder Ausschließung einem Stimmverbot unterliegt. Im Übrigen erhält der ausscheidende Gesellschafter eine Abfindung, deren Höhe regelmäßig für Streit unter den Beteiligten sorgt, insb. wenn die Satzung keine klare oder eine unwirksame Regelung zur Berechnung der Abfindung enthält.

5.    Strafanzeigen

Eskaliert der Streit, neigen Gesellschafter auch dazu, ihre Mitgesellschafter und/oder die Geschäftsführer wegen (angeblicher) Straftaten anzuzeigen. Gesellschafter sollten dabei aber stets bedenken, dass sie sich unter Umständen durch die vorschnelle Anzeige selbst etwa wegen übler Nachrede oder falscher Verdächtigung strafbar machen können. Und auch wenn die Grenze zur Strafbarkeit nicht erreicht ist, können Denunzierungen und das Einleiten von Strafverfahren aus gehässigen oder eigensüchtigen Motiven, einen wichtigen Grund für die Ausschließung des Gesellschafters sein.
Schließlich können Strafanzeigen nicht immer zurückgenommen werden. Bei sog. Offizialdelikten wie etwa Betrug oder Untreue bleibt – selbst wenn der Anzeigeerstatter kein Interesse an der weiteren Strafverfolgung hat – die Staatsanwaltschaft Herrin des Ermittlungsverfahrens und muss von Amts wegen ermitteln. Sie kann ihre Ermittlungen mithin fortführen, obwohl die Gesellschafter den Streit längst beizulegen suchen. In einer solchen Situation hat eine Strafanzeige also das Potenzial, für eine Beendigung des Gesellschafterstreits hinderlich zu sein. 
Gesellschafter sollten Ermittlungsbehörden daher nur mit Bedacht einschalten und ihre Mitgesellschafter nicht voreilig der Begehung von Straftaten bezichtigen. Das heißt aber natürlich nicht, dass sie Straftaten ihrer Mitgesellschafter dulden müssen. Liegt der begründete Verdacht einer Straftat vor, sind Gesellschafter wohlberaten, einen spezialisierten Rechtsanwalt einzuschalten und ihre Handlungsoptionen zu prüfen. In Gesellschafterstreitigkeiten kommt es nicht selten zu Nötigungen, indem eine Kaufpreisforderung für Geschäftsanteile mit damit nicht im Zusammenhang stehenden Maßnahmen (angedrohte Strafanzeige, Schadensersatzansprüche etc.) verknüpft werden. 

6.    Fallstricke der streitigen Gesellschafterversammlung

Die Gesellschafterversammlung ist das Hauptforum eines Gesellschafterstreits. Neben (wünschenswerten aber oftmals nicht mehr stattfindenden offenen) Aussprachen sind die dort gefassten Beschlüsse der Ausgangspunkt für streitige, eskalative Maßnahmen und deren gerichtliche Überprüfung. Gesellschafter sollten Versammlungen daher sorgfältig, regelmäßig mit anwaltlicher Hilfe, vorbereiten, um nicht von der "Gegenseite" überrumpelt zu werden.

6.1    Einberufungsverlangen und Ergänzung der Tagesordnung

Die Einberufung der Gesellschafter- oder Hauptversammlung obliegt grundsätzlich der Geschäftsleitung. Minderheitsgesellschafter oder -aktionäre, die eine – je nach Gesellschaftsform und Satzungsregelung unterschiedliche – Mindestbeteiligung innehaben, können aber die Einberufung oder Ergänzung der Tagesordnung einer bereits anberaumten Versammlung von der Geschäftsleitung verlangen. Kommt die Geschäftsleitung dem Verlangen nicht oder nicht rechtzeitig nach, steht den betreffenden Gesellschaftern ein Selbsthilferecht zu. Danach können GmbH-Gesellschafter die Versammlung selbst einberufen oder weitere Tagesordnungspunkte ankündigen (§ 50 Abs. 3 GmbHG). Aktionären einer Aktiengesellschaft steht diese Möglichkeit erst offen, wenn das zuständige Gericht sie auf Antrag dazu ermächtigt (§ 122 Abs. 3 S. 1 AktG).
Auch Minderheitsgesellschafter haben es also in der Hand, Diskussionen und Beschlüsse über Tagesordnungspunkte zu erzwingen, die ihren Mitgesellschaftern unliebsam sind.

6.2    Teilnahme von Beratern

Gerade bei komplexen oder eskalierenden Gesellschafterstreitigkeiten kommt es oft zu Diskussionen über die Zulassung externer Berater (z. B. Rechtsanwälte, Wirtschaftsprüfer oder Steuerberater) zur Gesellschafterversammlung. Während Gesellschafter grundsätzlich persönlich teilnehmen dürfen, ist die Anwesenheit von Beratern nur mit Zustimmung der übrigen Gesellschafter oder bei entsprechender Satzungsregelung zulässig. Viele Gesellschaftsverträge sehen vor, dass sich Gesellschafter durch zur Verschwiegenheit verpflichtete Berater vertreten oder begleiten lassen können. Selbst wenn eine solche Regelung fehlt, gebietet es die Treuepflicht regelmäßig, die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts, Steuerberaters oder Wirtschaftsprüfers zu ermöglichen, wenn der Gesellschafter sein Bedürfnis für einen solchen Beistand ausreichend darlegt und dies den übrigen Gesellschaftern nicht unzumutbar ist. Die Frage der Beraterzulassung wird daher oft zum ersten "Kampf" einer angespannten Gesellschafterversammlung.

6.3    Versammlungsleitung 

Sieht die Satzung keinen „geborenen“ Versammlungsleiter oder ein anderes Verfahren vor, bestimmen die Gesellschafter zu Beginn der Versammlung, wer diese leiten wird. Wichtigste Aufgabe des Versammlungsleiters ist es, festzustellen, ob ein Beschluss gefasst oder ein Antrag abgelehnt wurde. Dabei hat er nicht nur die abgegebenen Stimmen zu zählen, sondern er hat insbesondere etwaige Stimmverbote zu berücksichtigen oder ob Stimmen aufgrund von Verstößen gegen die gesellschaftsrechtliche Treuepflicht nicht zu gezählt werden dürfen. Beides ist im Rahmen von Gesellschafterstreitigkeiten häufig der Fall.
Sind Beschlüsse erst einmal festgestellt, sind diese grundsätzlich in der Welt, bis ein Gericht sie für nichtig erklärt. Ebenso gelten Beschlüsse, die der Versammlungsleiter als abgelehnt feststellt, erst einmal als nicht gefasst. Die Feststellung des Beschlussergebnisses durch den Versammlungsleiter ist daher ein kritischer Moment, der für die Bestimmung der Parteienrolle im Prozess ausschlaggebend ist. Es muss immer derjenige Gesellschafter (gegen die Gesellschaft) Klage erheben, der mit dem vom Versammlungsleiter festgestellten Beschlussergebnis nicht einverstanden ist.

7.    Fazit

Gesellschafterstreitigkeiten, die nicht präventiv vermieden werden konnten, manifestieren sich zunächst in einer Vielzahl außergerichtlicher Maßnahmen. Informationsrechte und Sonderprüfungen, die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen oder Beschlüsse über die Abberufung und Kündigung der Geschäftsführung sowie – als ultima ratio – der Ausschluss von Gesellschaftern sind dabei regelmäßig der Ausgangspunkt für intensiv geführte Gerichtsverfahren. Strafanzeigen erweisen sich häufig als Eskalationsbeschleuniger und können das Ziel einer einvernehmlichen Streitbeilegung behindern. Die Gesellschafterversammlung ist regelmäßig der Nucleus der Auseinandersetzung. Auf eine sorgfältige Vorbereitung ist daher besonderes Augenmerk zu richten.
 

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