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Der Gesellschafterstreit

Der Gesellschafterstreit – Streitbeilegung


Der Gesellschafterstreit – Streitbeilegung

Erfahrungsgemäß kommt es erst nach einer Phase der Eskalation und oftmals zahlreichen Gängen zu Gericht zu der Einsicht, dass sich der Gesellschafterstreit nicht auf diesem Wege dauerhaft lösen lässt (abgesehen vom erfolgreichen Ausschluss einer Konfliktpartei aus dem Gesellschafterkreis). Die Konfliktparteien und ihre Berater sollten angesichts der Vorteile für alle Beteiligten daher jederzeit die Möglichkeiten zu einer gütlichen Einigung ausloten bzw. die Tür hierfür offen halten.

1.    Vorteile einer gütlichen Einigung

Die Vorteile einer einvernehmlichen Beendigung eines Konflikts unter den Gesellschaftern liegen auf der Hand: Es werden Zeit, Kosten und – dies wird häufig ausgeblendet – in erheblichem Umfang interne Kapazitäten gespart, denn ein Gesellschafterstreit lässt die Geschäftsführung selten unberührt. Im Gegensatz zu gerichtlichen Entscheidungen, die zumeist nur einzelne Teilaspekte wie die Abberufung eines Geschäftsführers betreffen, kann ein Konflikt durch eine gut ausgearbeitete gütliche Einigung umfassend erledigt werden.
Insbesondere wenn der Versuch scheitert, die Gegenseite aus dem Gesellschafterkreis auszuschließen, stehen die Gesellschafter wieder am Ausgangspunkt – regelmäßig jedoch mit viel verbrannter Erde. Spätestens dann sollte eine einvernehmliche Lösung gefunden werden, denn ohne neue Regeln ist eine fruchtbare Zusammenarbeit oder auch nur eine friedliche Koexistenz zumeist unmöglich.

2.    Vorbereitung

Ob eine gütliche Lösung gelingen kann, hängt stark vom Einzelfall ab: Bei weniger verhärteten Konflikten können bereits Gespräche unter Begleitung eines professionellen Schlichters oder Mediators zur Konfliktbeilegung führen. Wenn die Fronten dagegen stark verhärtet sind, entstehen Einigungschancen häufig erst im Rahmen einer gerichtlichen Auseinandersetzung und unter der moderierenden Rolle des Gerichts. Entscheidend ist in allen Fällen, wie konfliktfähig und lösungsorientiert die Beteiligten – einschließlich und vor allem ihre Berater – auftreten.
Vor Verhandlungsbeginn sollten die Parteien in jedem Falle ihre eigenen Ziele realistisch definieren und sich auch bewusst vor Augen führen, welche Interessen die Gegenseite verfolgt. Die Art des Konflikts – sachlich, wirtschaftlich oder persönlich – bestimmt dabei maßgeblich, ob und auf welchem Wege er gelöst werden kann. Parallel dazu ist eine gründliche Analyse der rechtlichen und wirtschaftlichen Grundlagen erforderlich: Gesellschaftsvertrag, relevante Geschäftsunterlagen, Liquidität der Gesellschaft und Gesellschafter, Unternehmensbewertung und potenzielle Abfindungsansprüche müssen geprüft und die steuerlichen Folgen möglicher Lösungen in den Blick genommen werden. Erst nach einer solchen Analyse lässt sich beurteilen, ob (und wie) Verhandlungen erfolgsversprechend sind.
Die Gespräche selbst sollten gut vorbereitet sein. Ein einleitendes Schreiben an die Gegenseite mit der Einladung zum Gespräch, einer strukturierten Darstellung der Konfliktpunkte und ersten Lösungsansätzen schafft beispielsweise Orientierung und Verbindlichkeit. Wenn zeitkritische Maßnahmen anstehen, etwa eine Kündigung oder das Auslaufen von Klagefristen, können Stillhaltevereinbarungen die nötige Zeit für Verhandlungen geben, ohne dass eine Partei Fakten schaffen bzw. eskalative Maßnahmen ergreifen muss. In den Gesprächen sind eine ruhige, konstruktive Atmosphäre und eine klare Struktur wichtig. In aller Regel hilft es, wenn sachkundige Berater teilnehmen oder über die Vereinbarung über weite Strecken vorverhandeln.

3.    Vergleichsvereinbarung und Gestaltungsmöglichkeit

Herzstück der gütlichen Einigung ist die Vergleichsvereinbarung, in der sich die Parteien durch gegenseitiges Nachgeben hinsichtlich (vermeintlicher) Ansprüche und Positionen über die Beendigung des Konflikts und deren Konditionen einigen. Der Vergleich kann außergerichtlich oder als Prozessvergleich vor einem Gericht geschlossen werden. Teilweise, etwa bei Satzungsänderungen bei einer GmbH oder AG oder der Übertragung von GmbH-Geschäftsanteilen, ist eine notarielle Beurkundung erforderlich. Der Inhalt der Vergleichsvereinbarung ist naturgemäß sehr individuell und richtet sich insbesondere nach den im Streit geltend gemachten Ansprüchen sowie dem Anlass und Grund des Konflikts selbst. Nichtsdestoweniger beruhen viele Streitigkeiten unter Gesellschafter(-Geschäftsführer)n auf typischen strukturellen Problemen. Hier lassen sich – unterteilt nach Art der Konfliktursache – folgende grundsätzlichen Gestaltungsratschläge geben:

3.1.    Streit in der Geschäftsführung

Liegt die Ursache des Konflikts zwischen mehreren Gesellschafter-Geschäftsführern in unklaren Kompetenzabgrenzungen in der Geschäftsführung und wechselseitiger Blockade, können klarere und detailliertere Aufgabengebiete und Ressorts künftige Friktionen vermeiden. Hierzu können Aufgaben und Zuständigkeitsbereiche in entsprechenden Geschäftsordnungen sowie das Verfahren zur Absprache bei Überschneidungen oder gemeinsamen Aufgaben geregelt werden. Innerhalb der GmbH könnte den Gesellschaftern jeweils Einzelvertretungsbefugnis eingeräumt werden, um Konflikten im Rahmen der Abstimmung zumindest bei Ressortentscheidungen aus dem Weg zu gehen.
Setzt sich eine Blockadesituation im Gesellschafterkreis aufgrund einer Patt-Situation (etwa auch wegen Zustimmungsvorbehalten der Gesellschafter) in der Geschäftsführung fort, bietet sich die Etablierung eines Beirats oder Aufsichtsrats an, der im Zweifelsfall entscheidet.

3.2.    Streit über die Geschäftsführung

Entbrennen Streitigkeiten zwischen dem Gesellschafter-Geschäftsführer und den anderen Gesellschaftern aufgrund der Geschäftsführung, etwa wegen unzureichender Information, fehlender Beteiligung bei wichtigeren Entscheidungen, Unregelmäßigkeiten oder Fehlentscheidungen, bieten sich hingegen Maßnahmen zur Beschränkung der Geschäftsführung und eine stärkere Kontrolle als vermittelnde Lösung an:
So kann eine Einzelvertretungsbefugnis des betreffenden Geschäftsführers zu einer Gesamtvertretung „herabgestuft“ werden, sodass der betroffene die Gesellschaft nur mit einem weiteren Geschäftsführer (Gesamtvertretung) oder mit einem Prokuristen (unechte oder gemischte Gesamtvertretung) vertreten kann. Eine (zusätzliche) Einschränkung kann auch der Widerruf der Befreiung des Geschäftsführers vom Verbot des Insichgeschäfts sein, sodass (weitere) eigenmächtige Rechtsgeschäfte zwischen Geschäftsführer und Gesellschaft ausgeschlossen sind.
Intern können die Befugnisse des Geschäftsführers  mittels eines Katalogs zustimmungspflichtiger Maßnahmen begrenzt werden. Durch einen solchen Katalog wird der Geschäftsführer zugleich gezwungen, die Gesellschafter über die dort aufgeführten Geschäfte zu informieren. Eine weitergehende Kontrolle bzw. Informationspflicht kann zudem durch die Vereinbarung von regelmäßigen Berichten und Auswertungen an die übrigen nicht an der Geschäftsführung beteiligten Gesellschafter erreicht werden.

3.3.    Streit über Gewinnentnahmen/Gewinnausschüttungen

Bei Streitigkeiten über den Umfang von Gewinnentnahmen bzw. Gewinnausschüttungen können Verteilungsschlüssel oder Quoten mit Unter- und Obergrenzen zum Inhalt des Vergleichsvertrag gemacht werden.
Bei Personengesellschaften bietet sich als Untergrenze ein Steuerentnahmerecht an, um zumindest die auf den Gewinnanteil entfallenden Ertragssteuern entrichten zu können. Weitergehend können den Gesellschaftern höhere Mindestentnahmerechte zugestanden oder Obergrenzen festgesetzt werden. Bezugspunkt hierfür kann das jeweilige Guthaben auf dem Verrechnungs- oder Darlehenskonto des jeweiligen Gesellschafters sein.
Auch bei der GmbH kann der Kompromiss in der Festlegung einer solchen Mindest- oder Obergrenze bestehen. Eine Rücklagenbildung bzw. der Ausschüttungsbetrag kann sich etwa an dem Eigenkapital der Gesellschaft oder dem Jahresüberschuss eines Geschäftsjahres orientieren. Denkbar ist ferner, auch die Entscheidung über die Bildung von Gewinnrücklagen oder einem Gewinnvortrag auf ein neutrales Gremium, das dem Wohl der Gesellschaft verpflichtet ist, etwa einen Beirat, zu delegieren.

3.4.    Trennung der Gesellschafter

Als ultima ratio und insbesondere dann, wenn der Streit auf unüberwindbaren persönlichen Vorbehalten beruht und eine weitere gemeinsame Zusammenarbeit ausgeschlossen ist, kann (und sollte) die Trennung der Gesellschafter Inhalt der Vergleichsvereinbarung sein. Dies kann entweder einstweilen durch Einsetzen eines Treuhänders oder endgültig durch Ausscheiden einer Konfliktpartei aus dem Kreis der Gesellschafter erreicht werden. Zunächst kommt für letzteres der Verkauf oder der Austritt des Gesellschafters für einen zuvor vereinbarten Kaufpreis oder Abfindungsbetrag in Betracht. Sollten dies daran scheitern, weil keine der streitenden Parteien bereit ist, selbst bei Zahlung eines angemessenen Betrags die Gesellschaft zu verlassen, kann ein Lösungsweg sein, ein Zwangsverkaufsverfahren zu vereinbaren, nach dem jede Partei die Möglichkeit hat, durch ein besseres Kaufpreisangebot die Anteile der anderen Partei zu erwerben (shoot out).
Alternativ kann das Unternehmen unter den Streitenden aufgeteilt werden, etwa durch Spaltung der Gesellschaft oder bei Personengesellschaften durch Realteilung.
Schließlich kann auch ein gemeinsamer Verkauf des Unternehmens oder, im schlimmsten Fall, eine Liquidation erwogen werden, um zumindest verbleibende Teile des Unternehmenswerts noch fruchtbar zu machen.

4.    Fazit

Eine gütliche Einigung bietet häufig nachhaltigsten Weg zur Beilegung von Gesellschafterstreitigkeiten, insbesondere nachdem gerichtliche Verfahren erhebliche Ressourcen gebunden und die Beziehungen weiter belastet haben. Erfolgsaussichten bestehen vor allem bei sorgfältiger Analyse der Interessen und Rahmenbedingungen sowie einer strukturierten Vorbereitung der Verhandlungen. Die Bandbreite möglicher Vergleichslösungen reicht von klareren Zuständigkeiten in der Geschäftsführung über Regelungen zu Gewinnentnahmen bis hin zur endgültigen Trennung der Gesellschafter. Gehen die Gesellschafter keine getrennten Wege, kann auf die allgemeinen präventiven Gestaltungen (vgl. Teil 1) zurückgegriffen werden.
 

Schlagworte zum Thema:  Recht , Gesellschaftsrecht , Gesellschafter
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