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China führt elektronische Stempel ein: Was Unternehmen jetzt beachten müssen


E-Seals: China führt elektronische Stempel ein

Ab dem 27.9.2025 führt China elektronische Stempel (E-Seals) ein, die in Rechts- und Geschäftsprozessen anerkannt werden. Unternehmen müssen nun neue Compliance-Vorgaben beachten, um diese rechtssicher zu nutzen. Wir erklären, wie die Verwaltung der Stempel gelingt. 

Physische Stempel ./. E-Seals: Funktion im Rechtsverkehr 

Physische Stempel spielen seit Jahrzehnten eine wichtige Rolle in der chinesischen Rechts- und Verwaltungspraxis. In vielen Situationen kontrolliert derjenige, der die Unternehmensstempel in Besitz hat, auch das Unternehmen – ein Konzept, das so in vielen anderen Rechtsordnungen unbekannt ist. Da die offiziellen Stempel in China zentrale Instrumente der Rechtsausübung sind, kommen ihnen u.a. folgende Funktionen zu: 

  • Ausfertigung von Verträgen und Vereinbarungen: Verträge bei denen juristische Personen Partei sind (z. B. Kauf-, Investitions- und Arbeitsverträge) sind dann bindend eingegangen, wenn sie mit dem Company Seal des betreffenden Unternehmens gesiegelt werden; zwar bindet auch die händische Unterschrift des gesetzlichen oder ordnungsgemäß Bevollmächtigten Vertreters die Gesellschaft, der Nachweis der Echtheit/Bevollmächtigung erweist sich in diesen Fällen aber oft als schwieriger so dass das Aufbringen des Company Seals bevorzugt und in einigen Fällen zwingend verlangt wird. 
  • Ausfertigung offizieller Dokumente: Offizielle Mitteilungen, Jahresabschlüsse, Steuererklärungen, Bankaufträge, Gerichtskorrespondenz und behördliche Einreichungen müssen das Company Seal tragen, um von Behörden, Gerichten und anderen offiziellen Empfängern anerkannt zu werden. 
  • Bestätigung von Unternehmensentscheidungen: Beschlüsse des Vorstands oder der Gesellschafter (z.B. betreffend Fusionen, Übernahmen oder Veräußerungen von Gesellschaften) erfordern die Aufbringung des Company Seals. 

Nun bietet sich neben den physischen Stempeln zusätzlich die Möglichkeit, elektronische Dokumente mit E-Seals zu versehen. Diese E-Seals sind Daten in kryptografischem Format, die einen Stempel auf Basis digitaler Technologien darstellen. Die E-Seals erlauben elektronische Signaturen für elektronische Dokumente. Die E-Seals enthalten u.a. Daten zum Abbild des Stempels, den Namen des Stempels, Informationen zum Stempelinhaber (= Unternehmen, an das das E-Seal vergeben wurde), elektronische Signaturzertifikate, etc. 

Die neuen E-Seals haben auf elektronischen Dokumenten die gleiche Bindungswirkung wie physische Stempel auf Papierdokumenten. Sie können daher für Verträge, Buchhaltungs-/Rechnungsdokumente, Arbeits-/Lohnabrechnungsunterlagen und andere interne und externe Rechtsvorgänge verwendet werden. 

Unternehmen, die ein E-Seal nutzen möchten, können die entsprechenden Anträge bei den offiziellen Stellen für die Erstellung der E-Seals einreichen. Nur gesetzlich zugelassene elektronische Zertifizierungsdienstleister bzw. E-Government-Zertifizierungsanbieter dürfen die digitalen Zertifikate ausstellen, die die E-Seals unterstützen.  

Falls sich die für die E-Seals hinterlegten Angaben ändern bzw. ablaufen, müssen die E-Seals erneuert bzw. gelöscht werden. Um Haftungsrisiken zu vermeiden sind die entsprechenden Anträge vom Stempelinhaber unverzüglich bei den zuständigen Behörden zu stellen. 

Rechtswirkung Offizieller Stempel  

In China sind offizielle Stempel (allen voran Company Seals) mehr als nur Verwaltungsinstrumente. Diese Stempel dienen der Abgabe von Willenserklärungen der innehabenden Gesellschaft und haben die stärkste Bindungskraft in Rechtsgeschäften und Verwaltungsverfahren.  

Während in anderen Rechtsordnungen oft Unterschriften die Hauptform zur rechtlichen Willenserklärung sind, sieht das chinesische Recht vor, dass ein mit dem offiziellen Stempel gesiegeltes Dokument die verbindliche Absicht des Stempelinhabers (also der Gesellschaft, der der Stempel zuzuordnen ist) erklärt, auch ohne Unterschrift.  

Das chinesische Zivilgesetzbuch und das Gesellschaftsrecht gehen von der Vermutung aus, dass ein Dokument, auf dem das Company Seal aufgebracht wurde, den tatsächlichen Erklärungswillen des Unternehmens, dem der Stempel gehört, wiedergibt.  

Diese Vermutung gilt selbst dann, wenn die Person, die den Stempel aufgebracht hat, ohne Vollmacht gehandelt hat. Daher kann ein gutgläubiger Dritter die Gesellschaft für jedes Tun haftbar machen, das durch das Company Seal bestätigt wurde. Dies unterstreicht die immense Bedeutung eines aufmerksamen und sicheren Stempelmanagements in Unternehmen. 

Daher ist die Verwaltung der Stempel ein wichtiger Aspekt der Unternehmens-Compliance. Dies gilt sowohl für physische Stempel als auch für die neuen E-Seals.  

Aussehen und Spezifikationen offizieller Stempel 

Die Erstellung offizieller Stempel unterliegt strengen behördlichen Vorschriften und Spezifikationen, um deren Echtheit zu gewährleisten. Physische Company Seals sind meist rund und haben einen Durchmesser zwischen 3,8 cm und 4,5 cm, enthalten den vollständigen chinesischen Firmennamen, der am äußeren Rande des Stempels angeordnet ist, sowie einen fünfzackigen Stern in der Mitte des Stempels.  

Die offiziellen Stempel sind oft auch mit einem individuellen 13-stelligen Code versehen, der vom Büro für öffentliche Sicherheit (das ist die für die Verwaltung offizieller Stempel zuständige Behörde) vergeben wird. Die Gravur offizieller Stempel wird nur von Stellen durchgeführt, die vom Büro für öffentliche Sicherheit benannt werden.  

Neben dem Company Seal gibt es auch andere spezifische offizielle Stempel wie Zollstempel, Vertragsstempel, Finanzstempel und Stempel für gesetzliche Vertreter, die jeweils nur für bestimmte Zwecke verwendet werden dürfen.   

Stempelverwaltung und Risikoprävention 

Angesichts der Wichtigkeit der offiziellen Stempel kann eine unsachgemäße Verwaltung der offiziellen Stempel zu schwerwiegenden rechtlichen Konsequenzen führen, wie z.B. finanzielle Haftung, Rufschädigung, Verwaltungsstrafen und sogar strafrechtliche Haftung. Neben dem betroffenen Unternehmen können auch die direkt verantwortlichen Personen des Stempelinhabers (Unternehmens) persönlich für die unsachgemäße Verwaltung von Unternehmensstempeln haftbar gemacht werden.  

Zu den Risikobereichen bei der unsachgemäßen Verwaltung von Stempeln gehören u.a.: 

  • Unbefugte Verwendung oder Fälschung: Wenn offizielle Stempel gestohlen, gefälscht oder von Personen außerhalb ihrer Befugnisse verwendet werden, haftet der Stempelinhaber (das Unternehmen) für daraus resultierende Konsequenzen. Das chinesische Strafrecht stellt die Fälschung offizieller Stempel unter Strafe, in schwerwiegenden Fällen kann dies sogar zu Freiheitsstrafen führen. 
  • Falsche Verwendung von Stempeln: Die Verwendung eines offiziellen Stempels außerhalb seines Verwendungszwecks (z. B. ein Zollstempel auf einem Arbeitsvertrag) kann den zugrundeliegenden Vertrag unwirksam machen. 
  • Unachtsame Verwendung von Stempeln: Jede Verwendung offizieller Stempel muss ordnungsgemäß dokumentiert und vom Unternehmen bzw. den zuständigen Mitarbeitern genehmigt werden. Fehlende oder ungenaue Aufzeichnungen über die Verwendung der Stempel (z. B. keine Protokollierung, wer die Stempel wann, zu welchem Zweck und mit wessen Genehmigung verwendet hat) ist fahrlässig und eine Pflichtverletzung des betroffenen Unternehmens bzw. seiner Mitarbeiter.  

Daher sind angemessene Maßnahmen zur Gewährleistung eines rechtssicheren Stempelverwaltungssystems in jeder Gesellschaft zwingend erforderlich. Unternehmen müssen bestimme Mitarbeiter zur Stempelverwaltung benennen und Genehmigungsverfahren für die Verwendung der Stempel einführen und überwachen. Offizielle Stempel sind an sicheren Orten (z.B. in Safes) aufzubewahren, zu denen nur ausgewählte Mitarbeiter Zugang haben. 

Darüber hinaus müssen Compliance-Beauftragte und Führungskräfte regelmäßig die Aufzeichnungen über die Verwendung der Stempel prüfen und Stichproben durchführen, um einen Missbrauch frühzeitig aufzudecken.  

Bei Verlust oder Diebstahl offizieller Stempel muss das betroffene Unternehmen den Vorfall unverzüglich dem Büro für öffentliche Sicherheit melden und eine öffentliche Bekanntmachung zur Ungültigkeitserklärung der verlorenen Stempel publizieren.  

Die Regeln für die Verwendung von Firmenstempeln müssen in die internen Regeln und Vorschriften des Unternehmens aufgenommen und durch den gesetzlichen Prozess rechtmäßig verabschiedet werden, damit diese für alle relevanten Mitarbeiter verbindlich sind. 

Um sicherzustellen, dass alle betroffenen Mitarbeiter die rechtliche Bedeutung der offiziellen Stempel und die Folgen einer unsachgemäßen Verwendung derselben verstehen sind auch entsprechende Schulungen angeraten. 

Angesichts der neuen Möglichkeit, E-Seals zu verwenden, sollten Unternehmen ihre Stempelverwaltungssysteme anpassen, um der Verwendung dieser neuartigen Stempel angemessen Rechnung zu tragen. Die neuen Maßnahmen legen den Grundsatz fest, dass „derjenige, der das E-Seal besitzt, die Kontrolle ausübt, und derjenige, der das E-Seal verwendet, die Verantwortung trägt”.  

Zu den neuen Verantwortlichkeiten gehört auch die Einhaltung verbindlicher gesetzlicher Bestimmungen wie z.B. der chinesischen Gesetze zur Cybersicherheit und Datensicherheit sowie des chinesischen Kryptografiegesetzes. D.h. dass geeignete IT- und sonstige Prozessmaßnahmen getroffen werden müssen, um den Zugriff und die Signaturberechtigungen für die E-Seals zu regeln und eine ordnungsgemäße Aufzeichnung von deren Verwendung sicherzustellen. 


Schlagworte zum Thema:  Recht , Wirtschaftsrecht , Handelsrecht
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