Leitsatz (amtlich)

Wenn ein Richter in eigener Sache Mandant des Prozessbevollmächtigten einer Partei ist, ist gegen ihn die Besorgnis der Befangenheit objektiv gerechtfertigt.

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Aktenzeichen 28 O 51/12)

 

Tenor

Es wird festgestellt, dass gegen die Richterin ...in der vorliegenden Berufungssache die Besorgnis der Befangenheit gerechtfertigt ist.

 

Gründe

I. Die beim Berufungsgericht als mitwirkende Beisitzerin zuständige Richterin ...hat den Parteien mit Schreiben vom 19.9.2013 mitgeteilt, dass sie in einer privaten Angelegenheit derzeit von der Prozessbevollmächtigten der Klägerin vertreten werde. Die Beklagte hat hierauf mit Schriftsatz vom 4.10.2013 die mitwirkende Richterin abgelehnt.

II. Das Ablehnungsgesuch ist begründet.

Nach § 42 ZPO kann ein Richter von den Prozessparteien wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des Richters zu rechtfertigen. Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des Richters vermögen nur objektive Gründe zu rechtfertigen, die vom Standpunkt des Ablehnenden bei vernünftiger Betrachtung die Befürchtung wecken können, der Richter stehe der Sache nicht unvoreingenommen und damit unparteiisch gegenüber (vgl. BGH, Beschl. v. 6.4.2006 - V ZB 194/05, NJW 2006, 2492 [2494]; Beschl. v. 21.2.2011 - II ZB 10/11 Rz. 13).

Derartige Gründe sind hier gegeben.

In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass persönliche Freundschaft mit dem Prozessbevollmächtigten der Gegenpartei für sich allein, wenn nicht weitere Umstände hinzutreten, keinen Ablehnungsgrund darstellt (vgl. OLG Naumburg, Beschl. v. 19.7.2012 - 3 WF 156/12 (Abl); LSG Chemnitz, Beschl. v. 27.9.2011 - L 7 SF 114/11 AB Rz. 5). Das ist deswegen gerechtfertigt, weil von einem Berufsrichter im allgemeinen erwartet werden kann, dass er private und dienstliche Angelegenheiten auseinanderhält.

Im vorliegenden Fall geht es aber nicht um eine im Privaten wurzelnde persönliche Freundschaft, sondern um ein Vertrauensverhältnis, das seinen Ausgangspunkt gerade auf fachlich-juristischer Ebene hat. In dem Verhältnis zwischen Rechtsanwalt und Mandant spielt das Vertrauen des Mandanten in die fachliche Befähigung des Anwalts naturgemäß eine bedeutende Rolle. Sich von dem als Mandant gefassten Vertrauen in die fachliche Leistungsfähigkeit des Anwalts als Richter freizumachen, ist nahezu ausgeschlossen. Denn hier geht es nicht um eine Trennung verschiedener Lebensbereiche (fachlich/privat), sondern um die Auswechslung des Standpunkts gegenüber ein und derselben Person innerhalb desselben Lebensbereichs. Dass die Beklagte die Besorgnis hegt, dass ein Richter einem Rechtsanwalt, dem er seine persönlichen Angelegenheiten anvertraut hat, nicht objektiv-kritisch, sondern mit einem Vertrauensvorschuss begegnet, ist objektiv gerechtfertigt.

 

Fundstellen

Haufe-Index 6007814

KomVerw/B 2014, 279

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