Rz. 262

Im Laufe eines Rechtsstreites können sich verschiedentlich Situationen ergeben, in denen eine Änderung des Klageantrages, des Klagegrundes und der Parteien erforderlich ist.

1. Klageerweiterung

 

Rz. 263

Gem. § 264 Nr. 2 ZPO ist eine Klageerweiterung in erster Instanz immer zulässig. Der Kläger kann z.B. die Klage erweitern, indem er von einer Teilklage nunmehr auf den vollen Anspruch übergeht, weitere Ansprüche, wie z.B. Zinsen oder Schadensersatz, aus dem gleichen Verpflichtungsgrund geltend macht, von Feststellungs- zu Leistungsklage,[274] von Auskunfts- zu Leistungsklage[275] oder von Freistellungs- zur Zahlungsklage[276] übergeht.[277]

 

Rz. 264

 

Hinweis

Durch den erweiterten Klageantrag entsteht eine neue Kostenvorschusspflicht gem. § 12 Abs. 1 S. 2 GKG. In Fällen, in denen, z.B. um die Verjährung zu hemmen, eine schnelle Zustellung erforderlich ist, sollte daher ein Gerichtskostenvorschuss beigefügt werden.

 

Rz. 265

Entfällt durch die Klageerweiterung die Zuständigkeit einer zunächst beim Amtsgericht erhobenen Klage, so ist der Rechtsstreit auf Antrag einer der Parteien gem. § 506 Abs. 1 ZPO an das Landgericht zu verweisen. Die Begründung der Zuständigkeit des Amtsgerichts durch rügelose Einlassung ist nur möglich, wenn dieses gem. § 504 ZPO auf seine Unzuständigkeit und die Folge einer rügelosen Einlassung zur Hauptsache hingewiesen hat.

 

Rz. 266

In der zweiten Instanz ist eine Klageerweiterung nur nach Maßgabe des § 533 ZPO zulässig.

[274] Vgl. BGH NJW 1994, 2896.
[275] Vgl. BGH NJW 1999, 925.
[276] Vgl. BGH NJW 1994, 944.
[277] S. Muster Rdn 339.

2. Klageermäßigung

 

Rz. 267

Gem. § 264 Nr. 2 ZPO ist ebenfalls eine Klageermäßigung in der ersten Instanz jederzeit zulässig. Der Kläger muss bei einer Ermäßigung seiner Forderung klarstellen, wie der nicht mehr verfolgte Anspruch behandelt werden soll. Insoweit kommt eine teilweise Klagerücknahme gem. § 269 ZPO oder eine teilweise Erledigungserklärung gem. § 91a ZPO in Betracht. Die nachträgliche Reduzierung des Streitwertes hat gem. § 261 Abs. 3 Nr. 2 ZPO keine Auswirkung auf die Zuständigkeit des angerufenen Gerichts.

3. Klageänderung

 

Rz. 268

Ändert der Kläger nachträglich den Klageantrag oder den Klagegrund, ohne dass eine bloße Erweiterung oder Ermäßigung des Klageantrages vorliegt, handelt es sich um eine Klageänderung.[278] Dies gilt auch bei gleichbleibendem Antrag, wenn der Kläger sich nunmehr auf einen anderen Sachverhalt stützt, z.B. bei der Geltendmachung aus unterschiedlichen Verträgen, aus abgetretenem statt eigenem Recht,[279] aus Wechseln oder Schecks einerseits und dem Grundgeschäft andererseits[280] sowie beim Ersatz materieller statt immaterieller Schäden beim Übergang von einer Forderung auf eine Abschlagszahlung zur Forderung aus der Schlusszahlung.[281]

 

Rz. 269

Eine Klageänderung ist gem. § 263 ZPO nur zulässig, wenn der Beklagte einwilligt oder das Gericht sie für sachdienlich erachtet. Die Einwilligung des Beklagten wird gem. § 267 ZPO vermutet, wenn er ohne der Änderung zu widersprechen sich in der mündlichen Verhandlung auf die abgeänderte Klage eingelassen hat. Sachdienlichkeit einer Klageänderung liegt vor, wenn hierdurch ein weiterer Prozess vermieden und der Streitstoff nicht völlig verändert wurde.[282] Die bisherigen Prozessergebnisse müssen allerdings teilweise nutzbar bleiben, so dass die Klageänderung nicht auf einem entscheidungserheblichen neuen Sachverhalt beruhen darf.[283] Entsprechend ist eine Klageänderung vor der ersten mündlichen Verhandlung immer und später in der Regel sachdienlich, solange noch keine Beweisaufnahme stattgefunden hat.

 

Rz. 270

 

Tipp

Da in der Regel ungewiss ist, ob der Beklagte einer Klageänderung zustimmen wird, sollte der Kläger hierzu gleich begründen, warum er sie für sachdienlich hält.

 

Rz. 271

Uneingeschränkt zulässig ist gem. § 264 Nr. 3 ZPO eine Klageänderung, wenn statt des ursprünglich geforderten Gegenstandes wegen einer später eingetretenen Änderung ein anderer Gegenstand oder das Interesse gefordert wird.

 

Rz. 272

Erhöht sich durch die Klageänderung der Streitwert, ist die Zahlung eines weiteren Vorschusses gem. § 12 Abs. 1 S. 2 GKG erforderlich. Wird durch die Streitwerterhöhung das Amtsgericht unzuständig, ist an das Landgericht zu verweisen. Die Zuständigkeit des ursprünglich angerufenen Landgerichts entfällt jedoch nicht dadurch, dass die geänderte Klage einen geringeren Streitwert hat.

 

Rz. 273

Ist die Klageänderung zulässig, endet die Rechtshängigkeit des Altantrages, sobald entweder der Beklagte in die Änderung eingewilligt hat oder die Klageänderung rechtskräftig zugelassen wurde.

 

Rz. 274

Soweit die Klage infolge der Beschränkung eines Klageantrages gleichzeitig eine Klagerücknahme enthält und bereits mündlich verhandelt worden war, bleibt der alte Antrag in den Fällen der Zulassung wegen Sachdienlichkeit nach wie vor anhängig, weil es gem. § 269 ZPO einer Einwilligung des Beklagten bedarf.

 

Rz. 275

Eine Klageänderung ist bis zum Schluss der letzten mündlichen Verhandlung zulässig. Sie ist ein neuer Angriff und kein Angriffsmittel, so dass die Präklu...

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