Rz. 2

Die zinslose Gewährung eines Darlehens unter nahen Angehörigen und die Einräumung eines (zu) niedrig verzinslichen Darlehens unter nahen Angehörigen – wie unter fremden Dritten – stellt eine steuerpflichtige freigiebige Zuwendung der erlassenen Zinsen i.S.d. § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG dar.[1] Dies gilt auch bei einem gesetzlichen Zinsverbot, z.B. nach islamischen Recht.[2] Dabei ist unbeachtlich, ob eine Schenkung im zivilrechtlichen Sinne nach § 516 Abs. 1 BGB vorliegt. Der Empfänger eines zinslosen Darlehens erfährt durch die Gewährung des Rechts, das als Darlehen überlassene Kapital unentgeltlich zu nutzen, eine Vermögensmehrung, die der Schenkungsteuer unterliegt. Die Minderung des Vermögens des Zuwendenden besteht dabei darin, dass er auf einen Ertrag verzichtet, den er bei verkehrsüblichem Verhalten gezogen hätte. Der Verzicht auf die zum Vermögen des Darlehensgebers gehörende Nutzungsmöglichkeit ist eine Vermögensminderung.

 

Rz. 3

Gegenstand der Zuwendung bei einer zinslosen oder zu niedrig verzinsten Darlehensgewährung ist der kapitalisierte Nutzungsvorteil und nicht der Differenzbetrag zwischen dem erhaltenen Nennwert und dem nach § 12 Abs. 3 oder ggf. nach Abs. 1 BewG abgezinsten Rückzahlungsbetrag.[3] Zuwendungsgegenstand ist also grundsätzlich der nach § 15 Abs. 1 BewG zu ermittelnde Jahreswert des Nutzungsvorteils, der Zinssatz beträgt mithin 5,5 % im Jahr.[4] Der Steuerpflichtige hat die Möglichkeit, einen niedrigeren marktüblichen Zinssatz, der bei Gewährung oder Aufnahme eines Darlehens (abgesehen von der Zinslosigkeit vergleichbaren Bedingungen) zu entrichten gewesen wäre, nachzuweisen.[5] Als Nachweis nicht ausreichend ist, wenn der Darlehensgeber oder der Darlehensnehmer bei einer verzinslichen Anlage des Darlehensbetrags bei einem Kreditinstitut zu marktüblichen Bedingungen lediglich eine niedrigere Rendite als 5,5 % im Jahr hätte erzielen können. Vergleichsmaßstab für die Feststellung eines anderen Wertes ist der marktübliche Zinssatz, der bei Gewährung oder Aufnahme eines Darlehens zu (abgesehen von der Zinslosigkeit) vergleichbaren Bedingungen zu entrichten gewesen wäre.[6]

 

Hinweis

Kann nachgewiesen werden, dass der marktübliche Zinssatz für die Aufnahme eines vergleichbaren Darlehens (insbesondere Höhe, Besicherung, Laufzeit, Kündbarkeit) unter dem gesetzlich festgelegten Zinssatz von 5,5 %im Jahr liegt, kann für die Bewertung des Nutzungsvorteils von dem nachgewiesenen Zinssatz ausgegangen werden.[7]

 

Rz. 4

Die Schenkungsteuer entsteht nicht etwa jährlich, sondern gem. § 9 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG zum Zeitpunkt der Überlassung des Kapitals in Höhe des kapitalisierten Nutzungsvorteils, nach § 12 Abs. 1 ErbStG i.V.m. § 13 Abs. 1 S. 1 BewG.

 

Hinweis

Wird das Darlehen auf unbestimmte Zeit überlassen, greift gem. § 13 Abs. 2 BewG der Faktor von 9,3.

 

Rz. 5

Bei der Kapitalisierung des Nutzungsvorteils nach § 12 Abs. 1 ErbStG i.V.m. § 13 Abs. 1 S. 1 BewG ist bei einer vorzeitigen (Teil-)Rückzahlung der Schenkungsteuerbescheid zu ändern, wobei von der tatsächlichen Laufzeit des Darlehens (vergleichbar dem Telos des § 14 Abs. 2 BewG, siehe § 1 Rdn 17>) auszugehen ist (rückwirkendes Ereignis i.S.d. § 175 S. 1 Nr. 2 AO).[8] Der Kapitalisierungsfaktor für den vorzeitig zurückbezahlten Betrag ergibt sich aus § 13 Abs. 1 S. 1 BewG i.V.m. Anlage 9a zum BewG.

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