Rechtsmissbräuchliche Befangenheitsanträge

Normalerweise muss über Ablehnungs- und Befangenheitsanträge ein anderes Gericht bzw. Spruchkörper entscheiden. Das gilt aber nicht bei einem offensichtlich unzulässigen und rechtsmissbräuchlichen Ablehnungsgesuch, entschied das Bundesarbeitsgericht.

In dem Fall hatte ein Kläger beabsichtigt, gegen die Nichtzulassung der Revision in einem Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm eine Nichtzulassungsbeschwerde einzulegen. Dafür reichte er einen Prozesskostenhilfeantrag beim Bundesarbeitsgericht (BAG) ein. Unter Punkt 1 der Antragsschrift führte er aus: „Eine etwaige Bearbeitung durch die zur Zeit noch beim BAG tätigen Hauck, Böck und Breinlinger lehne ich entschieden ab. Zu Hauck, Böck und Breinlinger besteht grundsätzlich kein Vertrauen. In der althergebrachten lapidaren Art und Weise ist dieses auf keinen Fall zu akzeptieren.“ Dies wertete das BAG als gegen die dem zuständigen 8. Senat durch die Geschäftsverteilung zugeteilten Richter des BAG Vorsitzender Richter am BAG Hauck, Richter am BAG Böck und Richter am BAG Breinlinger gerichtetes Ablehnungsgesuch, mutmaßlich als ein solches wegen Besorgnis der Befangenheit, § 42 ZPO.

 

Frühere Spruchtätigkeit ist kein Befangenheitsgrund

Das Ablehnungsgesuch hatte keinen Erfolg, „weil es offensichtlich allein der Absicht dient, dem Kläger nicht genehme Richter auszuschalten“, schreiben die Bundesarbeitsrichter. Bemerkenswert an dem Gesuch war, dass der Kläger überhaupt keinen Ablehnungsgrund i. S. des § 42 ZPO benannte. Dass bei ihm gegenüber den namentlich benannten Richtern „grundsätzlich“ kein Vertrauen bestehe, könne weder die Besorgnis der Befangenheit begründen noch stelle dies einen Grund dar, der geeignet sei, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit der abgelehnten Richter zu rechtfertigen, befand das Gericht. Soweit der Kläger weiter ausführte: „In der althergebrachten lapidaren Art und Weise ist dieses auf keinen Fall zu akzeptieren“, sei der Satz in sich schon unverständlich. Die Formulierung könnte andeuten, dass der Kläger die Richter wegen einer früheren Spruchtätigkeit ablehnen will. „Dabei scheint er auf die Art der Begründung früherer Entscheidungen abzustellen. Eine möglicherweise gegebene frühere Tätigkeit der abgelehnten Richter in einem anderen Verfahren, das der Kläger angestrengt hat, ist jedoch für sich allein genommen kein Ablehnungsgrund, schon gar nicht die Art und Weise, mit der Entscheidungen in vorausgegangenen Verfahren gegenüber dem Kläger - oder der Gegenpartei – begründet worden sein mögen“, betonte das Gericht.

 

Ausnahme vom Verbot der Selbstentscheidung bei grundloser Befangenheitsbehauptung

Über das Gesuch habe der Senat im Übrigen mit den im Gesuch benannten geschäftsplanmäßigen Richtern entscheiden können, weil das Gesuch offensichtlich unzulässig und rechtsmissbräuchlich sei. Es sei zu berücksichtigen, „dass sich in den letzten Jahren die Fälle häufen, in denen alle Richterinnen und Richter eines Arbeitsgerichts oder Landesarbeitsgerichts, oder wie vorliegend alle Berufsrichter eines Spruchkörpers, „abgelehnt“ werden. Die Ausnahme vom Verbot der Selbstentscheidung (§ 45 Abs. 1 ZPO) gilt jedenfalls dann, wenn zur Entscheidung über die Unzulässigkeit des Gesuchs schon deswegen nicht in eine Sachprüfung einzutreten ist, weil nicht erkennbar ist, dass das Gesuch überhaupt auf einen Grund gestützt werden soll, der die Besorgnis der Befangenheit auslösen oder einen Ausschlussgrund darstellen könnte“, entschieden die Bundesarbeitsrichter.

(BAG, Beschluss vom 7. 2. 2012, 8 AZA 20/11).


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