Wenn die Ehefrau des Richters Anwältin ist
Die Parteien hatten gegen ein Urteil des Landgerichts Oldenburg Berufung eingelegt. Über diese entschied ein Senat des Oberlandesgerichts Oldenburg, dem ein Richter angehört, dessen Ehefrau als in Teilzeit angestellte Rechtsanwältin in der Kanzlei des Prozessbevollmächtigten des Klägers tätig ist. Die Beklagte hat den Richter daraufhin wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Das Oberlandesgericht hat das Ablehnungsgesuch zurückgewiesen und die Rechtsbeschwerde zugelassen, mit der die Beklagte ihr Ablehnungsgesuch weiter verfolgt.
Anwältin nicht an den Einnahmen der Kanzlei beteiligt
Das Berufungsgericht meint, allein der Umstand, dass der Ehegatte eines Richters als Rechtsanwalt in der Kanzlei eines der beteiligten Prozessbevollmächtigten tätig sei, vermöge dann keine Zweifel an der Unvoreingenommenheit und Unparteilichkeit des Richters zu begründen,
wenn dessen Ehegatte das Mandat nicht bearbeite
und mit der Angelegenheit auch zuvor nicht befasst gewesen sei.
Als Teilzeitkraft im Angestelltenverhältnis sei die Ehefrau des Richters von dem Ausgang des Rechtsstreits allenfalls mittelbar betroffen, da sie an den Einnahmen der Sozietät nicht beteiligt sei.
Es bestünden auch keine persönlichen Beziehungen zwischen dem Richter und dem Prozessbevollmächtigten des Klägers, die geeignet seien, Zweifel an der Unparteilichkeit des Richters zu wecken.
BGH war heikler: Gefahr der Einflussnahme durch das Näheverhältnis nicht von der Hand zu weisen
Der BGH hat zu der streitigen Rechtsfrage noch nicht Stellung genommen. Das Gericht teilt vorliegend die Ansicht, dass ein Richter wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden kann, wenn sein Ehegatte als Rechtsanwalt in der Kanzlei tätig ist, die den Gegner vor diesem Richter vertritt.
Ein Ablehnungsgrund nach § 42 Abs. 2 ZPO
Ein Ablehnungsgrund nach § 42 Abs. 2 ZPO liegt vor, wenn aus der Sicht der ablehnenden Partei bei vernünftiger Würdigung aller Umstände Anlass gegeben ist, an der Unvoreingenommenheit und objektiven Einstellung des Richters zu zweifeln. „Dafür genügt es, dass die Umstände geeignet sind, der Partei Anlass zu begründeten Zweifeln zu geben, da es bei den Vorschriften der Befangenheit von Richtern darum geht, bereits den bösen Schein einer möglicherweise fehlenden Unvoreingenommenheit und Objektivität zu vermeiden.
Die Vorschriften dienen zugleich der Verwirklichung des verfassungsrechtlich gewährleisteten Anspruchs der Parteien, nicht vor einem Richter stehen zu müssen, dem es an der gebotenen Neutralität fehlt“, so die BGH-Richter. Gemessen daran sei das auf die Tätigkeit der Ehefrau des Richters in der Kanzlei des Prozessbevollmächtigten des Klägers gestützte Ablehnungsgesuch der Beklagten begründet.
Schon zu nah
Wörtlich heißt es in dem Beschluss: „Schon die besondere berufliche Nähe der Ehefrau des Richters zu dem Prozessbevollmächtigten des Gegners gibt der Partei begründeten Anlass zur Sorge, dass es dadurch zu einer unzulässigen Einflussnahme auf den Richter kommen könnte. Auch wenn grundsätzlich davon auszugehen sei, dass Richter über jene innere Unabhängigkeit und Distanz verfügen, die sie befähigen, unvoreingenommen und objektiv zu entscheiden, ist es einer Partei nicht zuzumuten, darauf zu vertrauen, dass eine unzulässige Einflussnahme durch den Gegner unterbleiben wird, und den Richter erst dann abzulehnen, wenn dies doch geschieht und ihr das bekannt wird“, so das Gericht.
(BGH, Beschluss v. 15.3.2012, V ZB 102/11).
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