Rn 5

S 1 setzt weiterhin voraus, dass der Schuldner zur Abgabe der Willenserklärung verurteilt wurde. Da die Fiktion nicht bereits aus dem Inhalt des Urt folgt, sondern einen Akt der Zwangsvollstreckung darstellt (BayObLG MDR 53, 561, 562 [OLG Hamm 09.03.1953 - 15 W 44/53]), handelt es sich bei den nach § 894 zu vollstreckenden Urt nicht um Gestaltungs-, sondern um Leistungsurteile (BGH NJW-RR 05, 687, 692 [BGH 25.11.2004 - I ZR 49/02]). Entgegen dem zu engen Wortlaut findet die Vorschrift nach allgM nicht nur auf Urt, sondern auch auf alle anderen gerichtlichen Entscheidungen Anwendung, sofern sie in Rechtskraft erwachsen können. Hierzu zählen va rechtskraftfähige Beschlüsse, zB in Beschlussform ergangene eV (Köln NJW-RR 97, 59 f [OLG Köln 07.12.1995 - 18 U 93/95]; Stuttg NJW 73, 908) oder Anordnungen des FamG zur Übertragung von Vermögensgegenständen gem § 1383 BGB. Auch Schiedssprüche und ausländische Urt können bei zuvor erteilter Vollstreckbarerklärung (§ 1060 I) bzw Erlass eines Vollstreckungsurteils (§ 722 I) nach § 894 vollstreckt werden. Vollstreckbare Urkunden iSd § 794 I Nr 5 sowie Prozessvergleiche gem § 794 I Nr 1 (für den Anwaltsvergleich bea § 796a II, wonach bereits eine Vollstreckbarerklärung nicht in Betracht kommt; s.a. Zö/Seibel Rz 4; aA Schuschke/Walker/Sturhahn Rz 1) müssen hingegen mangels Rechtskraftfähigkeit nach §§ 887 ff vollstreckt werden. Praktisch ist es daher, die Willenserklärung selbst bereits in die Urkunde bzw den Vergleich aufzunehmen. Fehlt es hieran, bleibt dem Gläubiger jedoch stets die Möglichkeit, seinen Anspruch auf Abgabe der Willenserklärung im Wege der Leistungsklage durchzusetzen (für den Prozessvergleich BGH NJW 86, 2704, 2705 [BGH 19.06.1986 - IX ZR 141/85]).

 

Rn 6

Die Willenserklärung muss im Titel so hinreichend bestimmt sein, dass ihr Inhalt für jedermann ersichtlich ist (vgl BGH NJW 95, 463, 464; Karlsr Rpfleger 05, 95; München ZWE 20, 76; Nürnbg MDR 20, 1322 [OLG Nürnberg 04.08.2020 - 3 U 2727/19]). Geht es um eine Willenserklärung zum Abschluss eines Vertrages, müssen die essentialia negotii bestimmt oder bestimmbar sein (LAG Köln 21.8.20 – 4 Sa 7/20 Rz 107). Dem Bestimmtheitserfordernis genügt weder eine Verurteilung des Beklagten zum Abschluss aller für die Übertragung seines Geschäfts notwendigen Rechtsgeschäfte (BGH NJW 59, 1371 [BGH 25.05.1959 - II ZR 115/58]) noch die Verpflichtung des Schuldners, ein Drittel seines Grundbesitzes auf den Gläubiger zu übertragen (Kobl OLGZ 76, 380, 381). Es darf auch nicht zweifelhaft bleiben, ob die Fiktion des § 894 eingetreten ist (BAG NZA 17, 1215 [BAG 27.06.2017 - 9 AZR 120/16] Rz 13). Zur Ermittlung des Erklärungsinhalts können neben dem Tenor der Tatbestand und die Entscheidungsgründe als Auslegungshilfe herangezogen werden (BGH NJW 12, 530 f [BGH 17.11.2011 - V ZB 58/11]: zur Auslegung bei der Eintragung eines beschränkten dinglichen Rechts ins GB). Führt dieses Vorgehen nicht zu einer hinreichenden Bestimmtheit der Erklärung, kommt ein Fiktionseintritt iSd S 1 nicht in Betracht. Nach zutr Meinung ist dann wegen des Vorrangs von § 894 auch eine Vollstreckung nach § 888 nicht mehr möglich (BGH NJW 11, 3161, 3162 [BGH 19.05.2011 - I ZB 57/10] m zust Anm Walker LMK 11, 321441; Musielak/Lackmann Rz 6; aA Karlsr Rpfleger 05, 95). Es bleibt nur die erneute Klage.

 

Rn 7

Die Verurteilung muss unbedingt und vorbehaltlos erfolgen. Deshalb ist eine Verurteilung des Erben unter dem Vorbehalt der Beschränkung seiner Haftung (§ 780) nicht nach § 894, sondern nach § 888 zu vollstrecken (s bereits RGZ 49, 415, 417 f; St/J/Bartels Rz 11).

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