Leitsatz (amtlich)

Der Antrag des Klägers, die Beklagte zu verurteilen, mit ihm alle Rechtsgeschäfte abzuschließen, die zur Übertragung ihres Geschäfts auf ihn erforderlich seien, entbehrt der erforderlichen Bestimmtheit.

 

Normenkette

ZPO § 253 Abs. 2 Nr. 2, §§ 888, 894

 

Verfahrensgang

OLG Stuttgart

LG Stuttgart

 

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 2. April 1958 aufgehoben.

Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

 

Tatbestand

Karl H…, der Inhaber der Firma K. H…, schloß am 1. September 1953 mit dem Kläger folgenden Vertrag:

„Herr B… (nachstehend: B [Kläger] bereist ab 1. September 1953 Süddeutschland für die Firma Karl H… (nachstehend: H) wie seither gegen Vergütung einer Provision von 20% aus allen direkt von ihm tätigen Aufträgen. Außerdem erhält er eine monatliche Vergütung von DM 100,–, die ihm jedoch nicht ausbezahlt, sondern im Geschäft gutgeschrieben und mit 10% p.a. verzinst wird.

Diese Gutschrift dient der Ansammlung von Eigenkapital für B., sofern derselbe nach Ableben von H. das Geschäft auf eigene Rechnung übernehmen will. Sollte das Guthaben von B. einmal die Hälfte des Geschäftskapitals ausmachen, so steht es B. frei, weiterhin gegen 20% Provision zu reisen und die monatliche Extravergütung von DM 100,– sich gutschreiben oder auszahlen zu lassen; er kann aber auch nach seinem Ermessen sich die tatsächlich entstandenen Reisespesen vom Geschäft vergüten lassen und ist dafür dann am Geschäftsgewinn mit 50% beteiligt. H verpflichtet sich, außer seinem Gewinn auf keinen Fall dem Geschäft mehr zu entnehmen, als das jeweilige angesammelte oder eingezahlte Guthaben von B. beträgt. Umgekehrt kann B. oder dessen Rechtsnachfolger sein jeweiliges Guthaben in der Fa. Karl H… nur mit jeweils DM 100,– monatlich Rückzahlung kündigen.

Nach Ableben des H. ist B. berechtigt, das Geschäft als alleiniger Inhaber auf eigene Rechnung zu übernehmen. Zu diesem Zweck hat B. sofort nach Ableben von H. eine Zwischen- bzw. Eröffnungsbilanz unter Assistenz des Buchhalters Herrn S… sowie des Steuerberaters Herrn H… sr. oder jr. aufzustellen und den Geschäftsanteil von B. festzustellen. Solange der auf B. entfallende Geschäftsanteil nicht mindestens 20% des Geschäftskapitals beträgt, ist B verpflichtet, den Anteil der Erbin von H., Frl. Dr. S…, sicherzustellen; nach Überschreiten des genannten Anteils entfällt diese Sicherstellung. B. übernimmt außerdem die Verpflichtung

  1. der Erbin von H., Frl. Dr. S…, aus ihrem jeweiligen Kapitalanteil 10% Zins p.a. zu zahlen und monatlich abzuführen,
  2. den Kapitalanteil der Erbin von H., Frl. Dr. S…, mit monatlich DM 100,– zurückzuzahlen, eine höhere Tilgung bzw. Rückzahlungsmöglichkeit seitens des B. bleibt hiervon unberührt.

Solange die Verpflichtung a) und b) von B. pünktlich eingehalten wird, kann ihm der Kapitalanteil der Erbin von H., Frl. Dr. S…, von dieser oder deren Rechtsnachfolger nicht gekündigt werden.

Dieser Vertrag ist seitens H. B. gegenüber in allen Teilen unkündbar, ausgenommen B. läßt sich gegenüber der Fa. H. eine Veruntreuung zuschulden kommen; außerdem verpflichtet sich H., das Geschäft solange nicht anderweitig zu veräußern oder einen anderen Teilhaber anzunehmen, bis B. erklärt hat, daß er weder das Geschäft übernehmen noch als Teilhaber eintreten will.

Bei Beteiligung oder Geschäftsübernahme ist der tatsächliche Wert des Geschäftes (nicht der Steuerwert) zu Grunde zu legen.”

Karl H… starb am 5. April 1957. Er hatte die Beklagte, die er am 22. März 1957 geheiratet hatte, in seinem Testament vom 23. September 1953 als Alleinerbin eingesetzt. Der Kläger erklärte der Beklagten am 6. April 1957, daß er das Geschäft übernehme. Er hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, die auf den 5. April 1957 gefertigte Zwischenbilanz vorzulegen und mit ihm die zur Übertragung des Vermögens der Firma Karl H… erforderlichen Rechtsgeschäfte abzuschließen, sobald seine Einlage auf 20% des Geschäftsanteils aufgefüllt sei.

Das Landgericht hat der Klage stattgeben. Im Berufungsverfahren hat die Beklagte die Zwischenbilanz vorgelegt; die Parteien haben daraufhin die Hauptsache insoweit für erledigt erklärt. Das Berufungsgericht hat die Berufung im übrigen zurückgewiesen und die Kosten des Rechtsstreits der Beklagten in vollem Umfange auferlegt. Mit der Revision begehrt die Beklagte Abweisung der Klage, soweit die Hauptsache nicht erledigt sei. Der Kläger bittet um Zurückweisung der Revision.

 

Entscheidungsgründe

I.

Das Berufungsgericht hat ausgeführt, der Vertrag vom 1. September 1953, der privatschriftlich abgeschlossen worden sei, habe auf Grund der §§ 310, 311 BGB nicht gerichtlich oder notariell beurkundet zu werden brauchen. H… habe, als er diesen Vertrag geschlossen habe, neben dem Geschäftsvermögen weiteres Vermögen, insbesondere ein Grundstück besessen. Auch bezögen sich die angeführten Vorschriften nur auf den Fall, in dem sich die Verpflichtung auf die Übertragung des Vermögens als solches erstrecke; sie erfaßten also nicht die Verträge, in denen, wie im vorliegenden Fall, nur bestimmte Vermögensgegenstände übertragen werden sollten. Diese Ausführungen sind zutreffend. Sie sind auch von der Revision nicht angegriffen worden.

II.

Das Berufungsgericht hat weiter ausgeführt, der Vertrag hätte auch nicht auf Grund des § 2276 BGB gerichtlich oder notariell beurkundet werden müssen. Die Revision greift diese Ausführungen an. Der Kläger sei nach dem Vertrag berechtigt gewesen, das Geschäft nach dem Tode des Karl H… zu übernehmen; vor diesem Zeitpunkt habe dem Kläger kein derartiges Recht zugestanden. Das Übernahmerecht sei auf den Todesfall abgestellt worden; es habe nur für den Fall gegolten, daß die Beklagte Karl H. überlebe. Der Vertrag stellte daher in der Sache eine Verfügung von Todes wegen dar. Er sei deshalb formbedürftig und wegen Verstoßes gegen die vorgeschriebene Form nichtig.

Der Ansicht der Revision kann nicht zugestimmt werden. Der IV. Zivilsenat (BGHZ 8, 23 ff, 30, 31) hat in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung und der überwiegenden Lehre im Schrifttum (vgl. die Belege in dem angeführten Urteil) entschieden, daß Verträge der vorliegenden Art nicht formbedürftig seien. Verfügungen von Todes wegen unterschieden sich dadurch von Rechtsgeschäften unter Lebenden, daß sie zu Lebzeiten des Verfügenden keine Rechte und Pflichten zwischen den Beteiligten begründen, sondern erst mit dem Tode des Verfügenden wirksam würden; selbst der Erbvertrag hindere den Erblaser grundsätzlich nicht, über sein Vermögen durch Rechtsgeschäfte unter Lebenden zu verfügen. Die auf den Todesfall abgestellten Verfügungen erzeugten keine unmittelbaren dinglichen Rechtsänderungen im gegenwärtigen Vermögenstande und belasteten das Vermögen auch nicht unmittelbar mit Verbindlichkeiten. Daraus folge, daß diese Verfügungen wegen ihrer Rechtswirkungen unzulänglich seien, wo berechtigte Interessen eine sofortige Bindung des Verfügenden erforderten. Die rechtliche Möglichkeit hierzu böten die im zweiten und dritten Buch des Bürgerlichen Gesetzbuches geregelten Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäfte. Durch sie könnten unmittelbar zu Lebzeiten wirksam Verpflichtungen und Rechte auch für den Fall des Todes, aber trotzdem bindend, geschaffen werden. Diese Rechtsgeschäfte könnten grundsätzlich bedingt oder befristet abgeschlossen und ihre volle Wirksamkeit könne damit auch auf den Eintritt des Todes abgestellt werden. Es müsse daher grundsätzlich für zulässig erachtet werden, daß jemand durch Rechtsgeschäft unter Lebenden für den Fall des Todes Verfügungen treffe oder Verpflichtungen eingehe, deren Vollzug bis zum Tode des Verfügenden hinausgeschoben werde. An dieser Auffassung, um deren Prüfung die Revision bittet, ist festzuhalten. In § 2301 BGB ist der Fall geregelt, daß ein Schenkungsversprechen unter der Bedingung erteilt wird, daß der Beschenkte den Schenker überlebt. Für diesen Fall ist bestimmt worden, daß die Vorschriften über Verfügungen von Todes wegen anzuwenden seien, wenn der Schenker die Schenkung vor seinem Tode nicht vollzogen habe. Diese Vorschrift setzt voraus, daß Verträge unter der Bedingung geschlossen werden können, daß eine Partei die andere überlebt, und läßt erkennen, daß für derartige Verträge nicht die Formvorschriften für Verfügungen von Todes wegen anzuwenden sind, wenn sie entgeltlich sind. Diese Voraussetzung ist im vorliegen Fall gegeben, da der Kläger der Beklagten den Wert des übernommenen Geschäfts zu erstatten hat.

III.

Die Revision ist der Auffassung, der Vertrag vom 1. September 1953 sei nichtig, weil er gegen ein Testament des Karl H… vom 22. Juni 1946 verstoße. In diesem Testament, das die Beklagte erst jetzt gefunden habe und dessen Inhalt sie daher in den Tatsacheninstanzen nicht habe vortragen können, sei die Beklagte zu 35% des Geschäftsvermögens zur Erbin einsetzt und sei weiter bestimmt worden, die Beklagte solle darüber entscheiden, ob das Geschäft weitergeführt oder liquidiert werden solle. Der Vertrag vom 1. September 1953, der eine Übernahme des Geschäfts durch den Kläger vorsehe, stehe im Widerspruch zu diesem Testament. Er enthalte daher einen Widerspruch des Testaments. Dieser Widerruf sei aber unbeachtlich, weil er nicht durch Testament erfolgt sei und der Erblasser die Testamentsurkunde auch nicht in der Absicht, das Testament aufzuheben, vernichtet oder verändert habe. H… habe zwar am 23. September 1953 ein Testament errichtet, in dem er die Beklagte zur Alleinerbin einsetzt und (im Hinblick auf den Vertrag vom 1. September 1953) nicht mehr bestimmt habe, daß der Beklagten das Entscheidungsrecht über die Fortführung oder die Liquidation der Firma zustehen solle. Dieses Testament sei jedoch erst nach Abschluß des Vertrages errichtet worden, könne also an dessen Nichtigkeit nichts ändern.

Der Angriff der Revision kann keinen Erfolg haben. Es kann dahingestellt bleiben, ob neue Tatsachen und Beweismittel, die einen Restitutionsgrund nach § 580 Nr. 7 b ZPO darstellen, vom Revisionsgericht berücksichtigt werden können (vgl. hierzu BGHZ 18, 59). Denn das Testament vom 22. Juni 1946 hätte, wenn es in den Tatsacheninstanzen vorgelegen hätte, keine Entscheidung herbeiführen können, die für die Beklagte günstiger gewesen wäre. Ein Vertrag, den ein Erblasser unter Lebenden schließt, ist auch dann wirksam, wenn er einem Testament des Erblassers widerspricht. Ein Testament äußert erst Rechtswirkungen von dem Zeitpunkt an, in dem der Erblasser verstorben ist. Der Erblasser ist durch das Bestehen eines Testaments nicht gehindert, Rechtsgeschäfte unter Lebenden zu schließen, mögen sie auch mit dem Inhalt seines Testaments in Widerspruch stehen. Dies gilt auch dann, wenn die Verpflichtungen oder die Verfügungen, die in dem Vertrage unter Lebenden enthalten sind, erst für den Fall wirksam werden, daß der Vertragsgegner den Erblasser überlebt. Der Erbe erhält den Nachlaß nur in dem Zustande, in dem er sich auf Grund der Rechtsgeschäfte befindet, die der Erblasser abgeschlossen hat. Hat also eine Partei Rechtsgeschäfte unter Lebenden vorgenommen, die nicht mit dem Inhalt eines von ihr errichteten Testaments in Einklang stehen, so ist nicht, wie die Revision meint, das Rechtsgeschäft unter Lebenden nichtig; das Rechtsgeschäft unter Lebenden hat vielmehr den Vorrang vor dem Testament.

IV.

Die Revision ist der Ansicht, die Beklagte habe den Vertrag vom 1. September 1953 wirksam angefochten. Der Vertrag enthalte Bestimmungen, die die Beklagte beeinträchtigten; dies gelte vorallem von der Regelung, daß das Abfindungsguthaben nur in kleinen Raten zu zahlen sei. Der Vertrag stelle damit eine Verfügung von Todes wegen dar und müsse, jedenfalls entsprechend, nach den Vorschriften über die Anfechtung eines Erbvertrages angefochten werden können. Ein Erbvertrag könne angefochten werden, wenn der Erblasser zu seiner Errichtung durch die irrige Annahme oder Erwartung des Eintritts oder Nichteintritts eines Umstandes bestimmt worden sei. Dieser Umstand sei die Eheschließung des Erblassers mit der Beklagten. Die Beklagte habe unter Beweis gestellt, daß der Erblasser es nicht bei dem Vertrage vom 1. September 1953 habe belassen wollen, nachdem er den Entschluß gefaßt habe, die Beklagte zu heiraten.

Der Auffassung der Revision kann nicht zugestimmt werden. Der Vertrag vom 1. September 1953 ist ein Vertrag unter Lebenden, kein offener oder verschleierter Erbvertrag. Er kann daher nur nach den §§ 119 ff. BGB angefochten werden. Die Voraussetzungen dieser Bestimmungen sind jedoch, wie das Berufungsgericht ohne Rechtsirrtum ausgeführt hat, nicht gegeben. Im übrigen hat die Beklagte in den Tatsacheninstanzen auch lediglich vorgetragen, der Erblasser habe sich über die Auswirkungen des Vertrages, insbesondere im Hinblick auf die Zahlungsmodalitäten geirrt (Berufungsurteil S.11). Sie hat aber nicht behauptet, der Erblasser habe den Vertrag vom 1. September 1953 in der irrigen Erwartung geschlossen, er werde sie nicht heiraten. Insoweit hat die Beklagte auch keine Anfechtung erklärt.

V.

Das Berufungsgericht hat die Kosten des Rechtsstreits gemäß § 91a ZPO der Beklagten auferlegt, soweit die Parteien die Hauptsache für erledigt erklärt haben. Es hat ausgeführt, der Rechtsstreit wäre, wenn die Beklagte die Bilanz nicht in dem Berufungsverfahren zu den Akten gegeben hätte, zugunsten des Klägers ausgegangen. Die Revision beanstandet diese Ausführungen. Sie ist der Ansicht, das Berufungsgericht habe übersehen, daß die vom Steuerberater H… aufgestellte Bilanz eine Steuer- und keine Auseinandersetzungsbilanz gewesen sei. Sie rügt die Verletzung des § 551 Ziff. 7 ZPO, weil nicht zu erkennen sei, weshalb der Kläger berechtigt gewesen sein sollte, Einsicht in diese Bilanz zu verlangen.

Der Auffassung der Revision kann nicht zugestimmt werden. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, nach dem Wortlaut des Vertrages habe der Kläger nach Ableben des Karl H… unter Assistenz des Steuerberaters H… eine Zwischen- bzw. Eröffnungsbilanz aufstellen sollen. Da H… eine Bilanz aufgestellt und die Beklagte sich geweigert habe, dem Kläger diese Bilanz zugänglich zu machen, habe der Kläger Vorlage der Bilanz verlangen können. Das Berufungsgericht legt also den Vertrag vom 1. September 1953 so aus, daß der Kläger berechtigt sein solle, die Vorlage der von H… mit Rücksicht auf die Übernahmeerklärung des Klägers vom 6. April 1953 auf den 5. April 1953 errichteten Bilanz zu verlangen. Diese Vertragsauslegung läßt keinen Rechtsirrtum erkennen. Hierbei ist unerheblich, ob H… die im Hinblick auf den Vertrag vom 1. September 1953 aufgestellte Zwischenbilanz sachgemäß errichtet hat.

1. Die Revision erhebt Bedenken gegen das Berufungsurteil, soweit die Beklagte zur Vornahme von Rechtsgeschäften verurteilt worden sei, „sobald das Guthaben des Klägers auf 20 v.H. des Geschäftskapitals aufgefüllt ist”. Die Revision meint, der Kläger könne nicht die Übertragung des Geschäfts fordern, bevor er eine dem Vertrag vom 1. September 1953 entsprechende Bilanz errichtet habe und sein Geschäftsanteil festgestellt sei. Im übrigen sei auch ungeklärt, wer zu bestimmen habe, wann das Gutachten des Klägers auf 20% des Geschäftsguthabens aufgefüllt sei.

Die Bedenken der Revision sind nicht berechtigt. Der Kläger kann allerdings erst dann Übertragung des Geschäftes (ohne Sicherungsleistung) verlangen, wenn sein Guthaben auf 20% des Geschäftsvermögens aufgefüllt ist, und Voraussetzung für den Nachweis, daß diese Bedingung eingetreten sei, ist die Errichtung einer Bilanz auf den 5. April 1953.

Das Berufungsgericht hat diese Rechtslage aber nicht verkannt. Es hat dem Kläger lediglich einen bedingten Anspruch zuerkannt; es hat die Beklagte zur Vornahme der Rechtsgeschäfte für den Fall verurteilt, daß das Guthaben des Klägers 20% beträgt. Die Zuerkennung eines bedingten Anspruchs ist, wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, unter den Voraussetzungen des § 259 ZPO zulässig. Das Berufungsgericht hat die Voraussetzung dieser Bestimmung als vorliegend angesehen, weil die Beklagte ihre Verpflichtung zur Übertragung des Unternehmens an den Kläger überhaupt bestritten habe. Diese Ausführungen lassen keinen Rechtsirrtum erkennen (BGHZ 5, 342, 344). Der Nachweis, daß diese Bedingung eingetreten sei, ist also nicht Gegenstand dieses Rechtsstreits, sondern ausschließlich Sache des Zwangsvollstreckungsverfahrens (vgl. § 726 ZPO).

2. Schließlich rügt die Revision, daß das Berufungsurteil keinen vollstreckbaren Inhalt habe. Die Beklagte sei verurteilt worden, mit dem Kläger die Rechtsgeschäfte abzuschließen, die zur Übertragung des Vermögens der Fa. H… erforderlich seien. Die Revision meint, die Vornahme eines Rechtsgeschäfts verlange, daß zunächst der Kläger ein bestimmtes Vertragsangebot mache, das die Beklagte dann annehmen müsse. An einem derartigen eindeutigen Vertragsangebot fehle es; es sei nicht erkennbar, wie ein solches Angebot aussehen solle.

Diese Rüge der Revision ist im Ergebnis berechtigt. Der Kläger hat von dem im Vertrage vom 1. September 1953 vorgesehenen Recht auf Übernahme des Geschäfts Gebrauch gemacht; damit ist die Beklagte verpflichtet, dem Kläger das Geschäft zu übertragen. Diese Verpflichtung kann nicht durch einen Akt erfüllt werden. Wer zur Übertragung eines Geschäfts verpflichtet ist, kann diese Verpflichtung nur durch eine Reihe von Rechtsgeschäften erfüllen; er muß die Forderungen, die zum Geschäft gehören, an den Erwerber abtreten, ihm die beweglichen Sachen des Geschäfts übereignen, Geschäftsgrundstücke auflassen usw. usw. Der Kläger hat die Beklagte nicht auf Abgabe dieser einzelnen Willenserklärungen verklagt, sondern den allgemeinen Antrag gestellt, die Beklagte zu verurteilen, mit ihm alle Rechtsgeschäfte abzuschließen, die zur Übertragung des Geschäftsvermögens erforderlich seien. Dieser Antrag ist nicht genügend bestimmt (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Ein Urteil, das diesem Antrag stattgäbe, könnte, weil es inhaltlich zu unbestimmt wäre, nicht nach § 894 ZPO vollstreckt werden, wonach die Erklärungen, zu deren Abgabe der Schuldner verurteilt ist, mit der Rechtskraft des Urteils als abgegeben gilt. Es könnte höchstens eine Vollstreckung nach § 888 ZPO in Betracht kommen. § 894 dient aber nicht nur den Interessen des Gläubigers, sondern auch den Interessen des Schuldners. „Zwang zur Erläuterung (nach § 888 ZPO) würde”, heißt es in der Amtlichen Begründung der Zivilprozeßordnung (Hahn, Materialien zur Zivilprozeßordnung, 1981, S. 446, „den Gläubiger nur aufhalten und den Schuldner unnötig belasten” (vgl. RGZ 76, 412). § 894 ZPO dient auch den Belangen der Rechtspflege, die daran interessiert ist, daß überflüssige und umständliche Verfahren vermieden werden. In der Regel ist also ein Antrag, der auf Abgabe einer Willenserklärung gerichtet ist, nur dann bestimmt im Sinne des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, wenn er so gefaßt ist, daß er nach § 894 ZPO vollstreckt werden kann. Es besteht kein schutzwürdiges Interesse daran, dem Gläubiger durch eine ungenaue Fassung einer Klage zu gestatten, die für die Abgabe einer Willenserklärung vorgesehene einfache Zwangsvollstreckung gemäß § 894 ZPO ausschließen und die Zwangsvollstreckung in dem umständlicheren Verfahren gemäß § 888 ZPO zu betreiben.

Gegen die Zwangsvollstreckung gemäß § 888 ZPO bestehen auch weitere Bedenken. Der Kläger hat einen Anspruch darauf, daß die Beklagte die einzelnen Erklärungen abgibt, die zur Übertragung des Geschäftes erforderlich sind. Sein Anspruch richtet sich auf die Abgabe dieser Willenserklärungen. Diesen seinen Anspruch muß er demgemäß im Klagewege geltend machen. Er ist nicht berechtigt, ein Rahmenurteil zu erwirken und die Ausfüllung dieses Rahmenurteils im Wege der Zwangsvollstreckung durchzusetzen. Dies ist zum Schutze der Beklagten nicht zulässig. Weiß der Kläger nicht, welche Gegenstände zum Geschäft gehören, so wird er von der Beklagten Auskunft verlangen; die Frage, ob und in welchem Umfange die Beklagte auskunftspflichtig ist, muß im Erkenntnisverfahren entschieden werden. Ist zweifelhaft, ob ein Gegenstand (z.B. ein Wagen) zum Geschäfts- oder Privatvermögen gehört, so ist dieser Zweifel im Erkenntnisverfahren zu klären. Die Entscheidung dieser Frage darf nicht der Zwangsvollstreckung überlassen bleiben; es geht nicht an, Aufgaben, die in das Erkenntnisverfahren gehören, in das Zwangsvollstreckungsverfahren zu verlagern. Der Kläger muß also, wenn er die Leistungsklage erhebt, seinen Antrag auf Abgabe der Willenserklärungen durch die Beklagte so bestimmt fassen, wie dies von einer rechtsgeschäftlichen Erklärung eines Schuldners zu fordern ist (RGZ 123, 309; RGZ 130, 267; RG Gruch 57, 166; RG JW 1916, 845; Rosenberg, Lehrbuch des deutschen Zivilprozeßrechts 7. Aufl. S. 429; Stein/Jonas/Schönke/Pohle ZPO 18. Aufl. § 253 Anm. III 2 a; Wieczorek, ZPO § 253 G III b 2; § 704 Anm. C I a 3; § 894 Anm. A II a 1).

In manchen Fällen wird allerdings ein Bedürfnis bestehen, zunächst einmal zu klären, ob der Geschäftsinhaber überhaupt verpflichtet ist, das Geschäft auf den Kläger zu übertragen. Streiten die Parteien im wesentlichen darüber, woraus das Geschäftsvermögen besteht, dann würde der Rechtsstreit, der eine Leistungsklage zum Inhalt hätte und auf Abgabe einer Vielzahl von Willenserklärungen gerichtet wäre, mit einer Fülle von Fragen belastet werden, die den eigentlichen Streit der Parteien nicht berühren. In derartigen Fällen bleibt es dem Kläger unbenommen, die Feststellungsklage zu erheben, wenn die Voraussetzungen hierfür gegeben sind. Diese Voraussetzungen entfallen nicht deshalb, weil die Möglichkeit gegeben ist, eine Leistungsklage zu erheben. Wie der erkennende Senat (BGHZ 2, 250 ff, 253) entschieden hat, ist das Interesse an der Erhebung einer Feststellungsklage nicht stets zu verneinen, wenn eine Leistungsklage erhoben werden kann. Es kommt vielmehr darauf an, ob im einzelnen Fall Gründe der Prozeßwirtschaftlichkeit und der Vereinfachung des Verfahrens die Erhebung einer Feststellungsklage rechtfertigen; dort, wo die Durchführung eines Feststellungsverfahrens nach den Besonderheiten des Falles zu einer prozeßwirtschaftlich sinnvollen Entscheidung der zwischen den Parteien bestehenden Streitigkeiten führt, bestehen gegen die Zulässigkeit eines Feststellungsverfahrens keine prozessualen Bedenken. Der Senat (Urteil vom 10. März 1958, II ZR 21/56) hat dementsprechend in einem Rechtsstreit, der die Überführung von Zweigstellen einer Sparkasse zum Gegenstande hatte, das Feststellungsinteresse der Klägerin bejaht und ausgeführt, die Klägerin müßte eine Vielzahl von Leistungsklagen erheben, um die Überführung der Zweigstellen erwirken zu können; in manchen Fällen müßte sie auch zunächst auf Auskunftserteilung klagen; in diesem Verfahren würden Schwierigkeiten und Streitpunkte auftauchen, die über die Grundfragen, ob der Vertrag wirksam sei, hinausgingen; über diese Fragen würden die Parteien aber, wenn einmal der Streit über die Gültigkeit des Vertrages entschieden sei, voraussichtlich eine Einigung erzielen. Diese Ausführungen werden allgemein bei der Übertragung eines Geschäfts zu beachten sein.

Das Berufungsurteil mußte daher aufgehoben und die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden. Das Berufungsgericht wird gemäß § 139 ZPO dahin zu wirken haben, daß der Kläger einen sachgemäßen Antrag stellt.

 

Fundstellen

Haufe-Index 609323

NJW 1959, 1371

MDR 1959, 641

ZZP 1960, 271

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