Entscheidungsstichwort (Thema)

Begriff "Arbeitsunfähigkeit". Verweisung auf ähnlich geartete Tätigkeit. Wiederaufleben von Krankengeld. Meldung der Arbeitsunfähigkeit. Krankengeldbewilligung als Verwaltungsakt. Dauer des Zahlungsanspruchs. Einheit des Versicherungsfalles. Verweisungstätigkeit. Arbeitsmarktlage. Wohnortwechsel

 

Leitsatz (amtlich)

Bei Beginn einer jeden weiteren Blockfrist hat die Krankenkasse über den Anspruch auf Zahlung des Krankengeldes auch dann ohne Bindung an frühere Krankengeldbewilligungen oder Gerichtsentscheidungen zu entscheiden, wenn der Krankheitszustand des Versicherten sich nicht geändert hat.

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Arbeitsunfähig ist ein Versicherter, der seiner zuletzt ausgeübten oder einer ähnlichen, das heißt dem bisherigen Arbeitsverhältnis gleichgearteten Tätigkeit wegen Krankheit überhaupt nicht mehr oder nur auf die Gefahr hin nachgehen kann, seinen Zustand zu verschlimmern; bei der Beurteilung einer ähnlichen Tätigkeit ist darauf abzustellen, welche Bedingungen das bisherige Beschäftigungsverhältnis im wesentlichen geprägt haben und welche ähnlichen, diesem Arbeitsverhältnis gleichgearteten Tätigkeiten in Betracht kommen.

2. Hat der Versicherte zuletzt einen anerkannten Ausbildungsberuf ausgeübt, so scheidet eine Verweisung auf Tätigkeiten außerhalb dieses Berufes aus; auch innerhalb des Ausbildungsberufes muß die bisher vom Versicherten verrichtete Arbeit nach der Art der Verrichtung sowie nach den erforderlichen Kenntnissen und Fertigkeiten mit der Verweisungstätigkeit grundsätzlich übereinstimmen.

3. Bei ungelernter Arbeit muß die bisher vom Versicherten verrichtete Arbeit nach der Art der Verrichtung sowie nach den erforderlichen Kenntnissen und Fertigkeiten mit der Verweisungstätigkeit grundsätzlich übereinstimmen, wobei allerdings das Spektrum der Verweisungstätigkeiten größer ist, weil die Verweisung nicht durch die engen Grenzen eines Ausbildungsberufes gekennzeichnet ist.

 

Orientierungssatz

1. Bei Beginn eines weiteren Zahlungszeitraums ist nicht nur der Versicherte verpflichtet, seine Arbeitsunfähigkeit der Krankenkasse zu melden, um das Ruhen des Anspruchs auf Krankengeld nach § 216 Abs 3 RVO zu vermeiden (vgl BSG vom 20.9.1974 3 RK/73 = BSGE 38, 133); die Krankenkasse hat auch alle Voraussetzungen für einen Krankengeldanspruch zu prüfen und mit einem Verwaltungsakt über die (erneute) Krankengeldbewilligung zu entscheiden (BSG vom 20.12.1978 3 RK 42/78 = SozR 2200 § 183 Nr 19).

2. Die Gewährung von Krankengeld erfüllt unabhängig davon, ob sie mit einer förmlichen Entscheidung erfolgt oder nicht, die Begriffsmerkmale eines Verwaltungsaktes. Welche Wirkungen ein solcher Verwaltungsakt und ebenso ein rechtskräftiges Urteil erzeugt, richtet sich nach deren Inhalt, der unterschiedlich sein kann. In der Regel wird Krankengeld für den jeweiligen Abrechnungszeitraum bewilligt. Das gleiche gilt für eine Verurteilung der Krankenkasse zur Zahlung von Krankengeld, wenn das Gericht festgestellt hat, der Versicherte sei arbeitsunfähig. Wenn der Versicherte keine weitere Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung beibringt, endet der Anspruch auf Krankengeld mit Ablauf der zuletzt bescheinigten Arbeitsunfähigkeitszeit. Eines Entziehungsbescheides nach § 48 SGB 10 bedarf es dann nicht.

3. Die iS von § 216 Abs 3 RVO rechtzeitige Meldung der Arbeitsunfähigkeit und die Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung führt nicht dazu, daß das Krankengeld automatisch wieder zu zahlen ist, und zwar auch dann nicht, wenn für die zurückliegende Zeit, in der ein Zahlungsanspruch nicht bestand, ein unveränderter Krankheitszustand und eine durchgehende Arbeitsunfähigkeit ärztlich bescheinigt wird. Der möglich dahingehende Inhalt einer früheren Entscheidung, daß Krankengeld solange gewährt werde, wie Arbeitsunfähigkeit weiterhin ärztlich festgestellt sei, bedeutet also nicht, daß Krankengeld auch für Zeiten weiterer Blockfristen nach eingetretener Leistungsunterbrechung zugesprochen ist. Der Grundsatz der Einheitlichkeit des Versicherungsfalles besagt insoweit auch nur, daß weitere Krankengeldansprüche entstehen können, wenn alle Leistungsvoraussetzungen erfüllt sind, das heißt, bei Beginn eines erneuten Zahlungszeitraums unter anderem der Versicherte arbeitsunfähig ist.

4. Zu den Voraussetzungen, unter denen ein Versicherter nach der Beendigung seines Arbeitsverhältnisses arbeitsunfähig ist (vgl BSG vom 9.12.1986 8 RK 12/85).

5. Zu den Voraussetzungen der Verweisung eines Versicherten, der seine bisherige Tätigkeit zwar nicht mehr verrichten kann, aber gesundheitlich in der Lage ist, eine ähnliche Tätigkeit auszuüben.

6. Das Vorhandensein einer nennenswerten Zahl von "Verweisungstätigkeiten" ist schon deshalb zu verlangen, weil nur eine reelle Erwerbsmöglichkeit die Arbeitsunfähigkeit ausschließen kann. Allerdings kommt es in diesem Zusammenhang nicht darauf an, ob die Arbeitsmarktlage sich erschwerend auswirkt und ob solche Arbeitsplätze nur selten frei sind.

7. Die Arbeitsunfähigkeit ist in dem vom Gesetzgeber gesehenen Normalfall ein vorübergehendes Leistungshindernis. Um es zu beseitigen, kann dem Versicherten - von Ausnahmefällen abgesehen - kein Wohnortwechsel zugemutet werden, wenn die Aussicht besteht, daß er in absehbarer Zeit auch am Wohnort wieder einer entsprechenden Tätigkeit wird nachgehen können.

 

Normenkette

RVO § 182 Abs. 3 Fassung: 1961-07-12, § 183 Abs. 2 S. 1 Fassung: 1961-07-12; SGB 10 § 48; RVO § 216 Abs. 3 Fassung: 1939-12-12; SGG § 141

 

Verfahrensgang

LSG Hamburg (Entscheidung vom 01.11.1983; Aktenzeichen I KRBf 16/82)

SG Hamburg (Entscheidung vom 11.05.1982; Aktenzeichen 21 KR 93/81)

 

Tatbestand

Streitig ist ein Anspruch des Klägers auf (erneutes) Krankengeld mit Beginn der sogenannten dritten Blockfrist.

Der 1925 geborene Kläger hat den Beruf eines Elektrikers erlernt, diesen aber wegen eines 1952 erlittenen Arbeitsunfalles (Verlust des rechten Daumens im Grundgelenk) seitdem nicht mehr ausgeübt. Er war als Magazinarbeiter, Faßarbeiter, Hilfselektriker und zuletzt als Lampenreiniger in einem Großbetrieb der Metallbranche tätig. Diese letztgenannte Tätigkeit war eine sehr schmutzige Arbeit, die auf einer Hebebühne zu leisten war.

Der Kläger war wiederholt arbeitsunfähig krank und erhielt - zuletzt von der Beklagten - Krankengeld. Am 23. April 1977 stellte die Beklagte die Krankengeldzahlung ein, weil die gesetzliche Höchstdauer von 78 Wochen seit der ersten Arbeitsunfähigkeit am 29. November 1974 erreicht war. Bis zum 23. April 1977 bestand das Arbeitsverhältnis mit dem letzten Arbeitgeber weiter. Danach blieb die Mitgliedschaft bei der Beklagten wegen eines vom Kläger gestellten Rentenantrags erhalten und wurde nach negativer Beendigung des Rentenverfahrens am 1. September 1977 vom Kläger freiwillig fortgesetzt. Einen erneuten Antrag auf Gewährung von Krankengeld vom 2. Dezember 1977 lehnte die Beklagte ab. Das Sozialgericht (SG) verurteilte sie jedoch am 26. Januar 1979, seit dem 29. November 1977 Krankengeld zu zahlen, weil der Kläger weiterhin arbeitsunfähig sei. Diese erneute Krankengeldbezugszeit endete am 25. August 1979. Der Kläger war weiterhin freiwillig und ab März 1978 wegen eines neuerdings gestellten Rentenantrages bei der Beklagten versichert. Seit dem 29. Januar 1981 ist der Kläger wiederum freiwillig (ohne Anspruch auf Krankengeld - § 215 der Reichsversicherungsordnung -RVO- -) versichert.

Am 28. November 1980 beantragte der Kläger das "Wiederaufleben" seines Krankengeldes unter Vorlage einer ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung. Die Beklagte lehnte diesen Antrag unter Hinweis auf den negativen Ausgang des Rentenverfahrens ab und wies den Widerspruch zurück.

Das SG hat die Klage abgewiesen. Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, der Kläger sei nicht arbeitsunfähig, weil es ihm möglich sei, eine der zuletzt ausgeübten "ähnlich gelagerte" Tätigkeit zu verrichten. Er könne zwar seine zuletzt als Lampenreiniger ausgeübte Tätigkeit nicht mehr verrichten, weil er aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage sei, auf Leitern, Gerüsten oder Hebebühnen zu arbeiten. Er sei jedoch fähig, bis mittelschwere Männerarbeiten zu leisten. Er könne also andere als die zuletzt ausgeübten Reinigungsarbeiten ausführen; so etwa bei der Fußbodenreinigung. Eine solche Tätigkeit sei im Vergleich zu der Tätigkeit als Lampenreiniger als "ähnlich gelagert" anzusehen. Der Verweisungsrahmen sei jedenfalls dann nicht überschritten, wenn dem Versicherten zugemutet werde, statt der zuletzt zu reinigenden Gegenstände in einem anderen Bereich Reinigungsarbeiten durchzuführen.

Mit seiner Revision rügt der Kläger die Verletzung des § 182 Abs 1 Nr 2 RVO sowie der §§ 103 und 106 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG). Es sei niemals in Frage gestellt worden, daß die Krankheiten, die den Kläger seit 1976 arbeitsunfähig gemacht, auch 1980 und 1981 fortbestanden hätten. Er sei deshalb weiterhin arbeitsunfähig. Es sei rechtlich unbeachtlich, ob der Versicherte abstrakt noch imstande wäre, außerhalb seines Arbeitsverhältnisses eine andere Arbeit zu leisten. Es müsse verlangt werden, daß - auch bei beendetem Arbeitsverhältnis - für die Verneinung von Arbeitsunfähigkeit ein konkretes Arbeitsangebot mindestens möglich sein müsse. Denn in der gesetzlichen Krankenversicherung sei nicht das Risiko des vollständigen oder teilweisen Verlustes von Erwerbsfähigkeit, sondern der Verlust von Einkommen versichert, der nur konkret auszugleichen sei. Das LSG habe auch nicht die Krankheit festgestellt, wegen derer der Kläger arbeitsunfähig sei, sondern wegen einer im Rentenverfahren ermittelten Restleistungsfähigkeit entschieden, daß er noch arbeitsfähig sei.

Der Kläger beantragt, das Urteil des Landessozialgerichts Hamburg vom 1. November 1983 sowie das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 11. Mai 1982 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 16. Dezember 1980 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 9. Juni 1981 zu verurteilen, dem Kläger ab 29. November 1980 Krankengeld für 78 Wochen zu gewähren, hilfsweise, den Rechtsstreit an das Landessozialgericht Hamburg zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.

Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Bei nicht mehr bestehendem Arbeitsverhältnis sei der Kreis der ähnlichen Tätigkeiten für ungelernte Arbeiter relativ weit zu ziehen. Ein Angebot einer entsprechenden Tätigkeit könne nicht verlangt werden, weil die Krankenkasse weder das Recht der Arbeitsvermittlung noch die Möglichkeit habe, sich des Arbeitsamts zu bedienen, wenn sich der Versicherte der Vermittlung nicht zur Verfügung stelle. Das LSG habe nur zu prüfen gehabt, ob der Kläger bei Beginn der 3. Blockfrist eine der zuletzt ausgeübten Tätigkeit ähnliche Tätigkeit ausüben konnte.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision des Klägers führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils des Landessozialgerichts (LSG) und Zurückverweisung des Rechtsstreits an dieses Gericht, weil die Feststellungen des LSG für eine abschließende Entscheidung über den streitigen Krankengeldanspruch nicht ausreichen, denn es läßt sich daraus nicht erkennen, ob der Kläger bei Beginn des - hier streitigen - neuen Zahlungszeitraums (3. Blockfrist) arbeitsunfähig war.

Die von der Rechtsprechung des Bundessozialgericht (BSG) geforderten "versicherungstechnischen" Voraussetzungen für einen erneuten Krankengeldanspruch bei Beginn eines weiteren Dreijahreszeitraums des § 183 Abs 2 Satz 1 der Reichsversicherungsordnung -RVO- (BSGE 45, 11 ff; 49, 163 ff; 51, 287 ff) sind erfüllt, denn der Kläger war durchgehend seit der ersten Erkrankung Mitglied der Beklagten - wenn auch zeitweise ohne Anspruch auf Krankengeld - und seine Arbeitsunfähigkeit war nicht länger als 26 Wochen unterbrochen.

Der streitige (erneute) Anspruch des Klägers folgt nicht schon allein daraus, daß seine behandelnde Ärztin einen unveränderten Krankheitszustand und darauf beruhende Arbeitsunfähigkeit festgestellt hat. Bei Beginn eines weiteren Zahlungszeitraums ist nicht nur der Versicherte verpflichtet, seine Arbeitsunfähigkeit der Krankenkasse zu melden, um das Ruhen des Anspruchs auf Krankengeld nach § 216 Abs 3 RVO zu vermeiden (BSGE 31, 125; 38, 133; USK 7064); die Krankenkasse hat auch alle Voraussetzungen für einen Krankengeldanspruch zu prüfen und mit einem Verwaltungsakt über die (erneute) Krankengeldbewilligung zu entscheiden (BSG SozR 2200 § 183 Nr 19). Insbesondere hat sie zu prüfen, ob der Versicherte arbeitsunfähig ist. Dabei ist sie durch Krankengeldbewilligungen einer Krankenkasse oder - wie im vorliegenden Fall - durch ein rechtskräftiges Urteil, die während vorausgegangener Zeiträume ohne eine ausdrückliche zeitliche Zuordnung des Krankengeldanspruchs zu enthalten, ergangen sind, nicht gebunden. Wie der 3. Senat des BSG in seinem (zur Veröffentlichung bestimmten) Urteil vom 16. September 1986 - 3 RK 37/85 - auch nach der Überzeugung des erkennenden Senats zutreffend ausgeführt hat, erfüllt die Gewährung von Krankengeld unabhängig davon, ob sie mit einer förmlichen Entscheidung erfolgt oder nicht, die Begriffsmerkmale eines Verwaltungsaktes. Welche Wirkungen ein solcher Verwaltungsakt und ebenso ein rechtskräftiges Urteil erzeugt, richtet sich nach deren Inhalt, der unterschiedlich sein kann. In der Regel wird Krankengeld für den jeweiligen Abrechnungszeitraum bewilligt. Wird dem Versicherten wegen einer für eine bestimmte Zeit bescheinigten Arbeitsunfähigkeit Krankengeld bewilligt, so kann er davon ausgehen, daß er für diese Zeit einen Anspruch auf Krankengeld hat. Mit der Krankengeldbewilligung wird damit in der Regel also auch über das - vorläufige - Ende der Krankengeldbezugszeit entschieden. Das gleiche gilt für eine Verurteilung der Krankenkasse zur Zahlung von Krankengeld, wenn das Gericht festgestellt hat, der Versicherte sei arbeitsunfähig. Wenn der Versicherte keine weitere Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung beibringt, endet der Anspruch auf Krankengeld mit Ablauf der zuletzt bescheinigten Arbeitsunfähigkeitszeit. Eines Entziehungsbescheides nach § 48 SGB X bedarf es dann nicht. Ebenso wie die Krankengeldbewilligung allein jedenfalls keinen Verwaltungsakt mit dem Verfügungssatz darstellt, es werde bis auf weiteres Krankengeld gewährt (BSG aaO), entfaltet auch ein entsprechendes Urteil grundsätzlich keine weitergehenden Wirkungen, denn es betrifft denselben gesetzlichen Krankengeldanspruch, über den die Krankenkasse mit ihrem Verwaltungsakt zu entscheiden hatte. Das Urteil des SG Hamburg vom 26. Januar 1979 läßt nicht erkennen, daß die Verurteilung der Beklagten zur erneuten Zahlung von Krankengeld seit dem Beginn der zweiten Blockfrist eine über diese Blockfrist hinausgehende Wirkung haben sollte. Es spricht nur von der Verpflichtung der Beklagten, dem Versicherten ab dem Beginn einer neuen Blockfrist Krankengeld zu zahlen, wenn die Anspruchsvoraussetzungen - hier vor allem das Bestehen einer Mitgliedschaft - zu diesem Zeitpunkt erfüllt sind.

Da Krankengeld nach § 183 Abs 2 Satz 1 RVO nicht durchgehend zu zahlen ist, vielmehr innerhalb der jeweiligen dreijährigen Blockfrist der Versicherte für 78 Wochen keinen Zahlungsanspruch hat, ist regelmäßig davon auszugehen, daß die Wirkung eines Verwaltungsakts oder eines entsprechenden Urteils, mit dem Krankengeld ohne nähere zeitliche Begrenzung gewährt wird, spätestens mit dem Ablauf der jeweiligen Blockfrist erschöpft ist. Die Verpflichtung des Versicherten, bei Beginn einer jeden weiteren Blockfrist der Krankenkasse seine Arbeitsunfähigkeit zu melden, ist erforderlich, weil es weder dem Versicherten noch der Krankenkasse zugemutet werden soll, während der Zeiten, in denen kein Zahlungsanspruch besteht, laufend die Arbeitsunfähigkeit ärztlich bescheinigen zu lassen bzw die andauernde Arbeitsunfähigkeit zu überprüfen. Die ärztliche Bescheinigung und die Prüfung der Krankenkasse sind vielmehr erst dann erforderlich, wenn ein neuer Zahlungsanspruch, das heißt, ein neuer Leistungsfall entstehen kann. Auch die im Sinne von § 216 Abs 3 RVO rechtzeitige Meldung der Arbeitsunfähigkeit und die Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung führt daher nicht dazu, daß das Krankengeld automatisch wieder zu zahlen ist, und zwar auch dann nicht, wenn für die zurückliegende Zeit, in der ein Zahlungsanspruch nicht bestand, ein unveränderter Krankheitszustand und eine durchgehende Arbeitsunfähigkeit ärztlich bescheinigt wird. Der mögliche dahingehende Inhalt einer früheren Entscheidung, daß Krankengeld solange gewährt werde, wie Arbeitsunfähigkeit weiterhin ärztlich festgestellt sei, bedeutet also nicht, daß Krankengeld auch für Zeiten weiterer Blockfristen nach eingetretener Leistungsunterbrechung zugesprochen ist. Eine Entscheidung solchen Inhalts ist nur für Zeiten möglich, in denen Krankengeld nach § 183 Abs 2 RVO gezahlt werden kann, nicht aber für Zeiten, in denen wegen Erschöpfung des Zahlungsanspruchs der Versicherte keinen Leistungsanspruch hat. Bei Beginn einer weiteren Blockfrist, das heißt, eines weiteren möglichen Zahlungszeitraums, sind daher alle Leistungsvoraussetzungen, insbesondere also auch das Vorliegen von Arbeitsunfähigkeit, erneut zu prüfen, und es ist mit einem erneuten Verwaltungsakt über den weiteren Krankengeldanspruch zu entscheiden. Der 3. Senat des BSG hat insoweit in seinem Urteil vom 16. September 1986 (3 RK 27/85) ausgeführt, das Fortbestehen der Arbeitsunfähigkeit sei bei unverändertem Krankheitszustand (zu Beginn der 2. Blockfrist) zu verneinen, wenn der Versicherte die Befähigung besitze, eine seiner bisherigen Beschäftigung gleichartige Tätigkeit zu verrichten, die Voraussetzungen der Arbeitsunfähigkeit also nicht erfüllt sind.

Etwas anderes folgt auch nicht aus der Wortfassung des § 183 Abs 2 Satz 1 RVO. Wenn dort von einer Krankengeldgewährung ohne zeitliche Begrenzung gesprochen wird, bedeutet das lediglich, daß die frühere "Aussteuerung", das heißt, das Ende jeglicher Leistungsansprüche nach 26 Wochen, nicht mehr eintritt, sondern wegen einer auf derselben Krankheit beruhenden Arbeitsunfähigkeit jeweils mit Beginn einer neuen Blockfrist ein weiterer Krankengeldanspruch entstehen kann. Voraussetzung dafür ist aber, daß neben der Mitgliedschaft auch die übrigen Leistungsvoraussetzungen erfüllt sind. Der Grundsatz der Einheitlichkeit des Versicherungsfalles besagt insoweit auch nur, daß weitere Krankengeldansprüche entstehen können, wenn alle Leistungsvoraussetzungen erfüllt sind, das heißt, bei Beginn eines erneuten Zahlungszeitraums unter anderem der Versicherte arbeitsunfähig ist. Ob das bei dem Kläger am 29. November 1980 der Fall war, geht aus den Feststellungen des LSG nicht hervor.

Es kann dahingestellt bleiben, unter welchen Voraussetzungen Arbeitsunfähigkeit besteht, wenn der Versicherte noch in einem Arbeitsverhältnis bei seinem Arbeitgeber steht, auf einen anderen Arbeitsplatz umgesetzt werden kann, ihm die Möglichkeit zur Einarbeitung im Rahmen eines anderen Arbeitsverhältnisses bei seinem Arbeitgeber geboten wird (vgl dazu das Urteil vom 16. September 1986 -3 RK 27/85-), oder in einem neu zu begründenden Arbeitsverhältnis mit einem anderen Arbeitgeber eine der bisherigen gleichartige Arbeitsmöglichkeit besteht, an der er durch seine Krankheit nicht gehindert, und ob ihm eine solche Tätigkeit konkret angeboten worden ist. Das letzte Arbeitsverhältnis des Klägers war nämlich am 23. April 1977, also lange vor Beginn des hier streitigen Zeitraums, beendet.

Der Senat hat zu den Voraussetzungen, unter denen ein Versicherter nach der Beendigung seines Arbeitsverhältnisses arbeitsunfähig ist, in seinem Urteil vom 9. Dezember 1986 -8RK 12/85 - (zur Veröffentlichung bestimmt) eingehend Stellung genommen und ausgeführt:

Schon das Reichsversicherungsamt (RVA) hatte in mehreren Entscheidungen (RVA in Breithaupt 1930, 620 f; RVA in EuM 30, 142; RVA in Deutsche Krankenkasse 1931, Spalte 871 f; RVA in AN 1932, 176 und in EuM 51, 73, 74) ausgeführt, daß Arbeitsunfähigkeit nicht vorliege, wenn der Versicherte seine bisherige Erwerbstätigkeit oder eine ähnlich geartete leichtere Tätigkeit verrichten kann. Auch das BSG hat für die Frage, ob Arbeitsunfähigkeit besteht, nicht nur auf die zuletzt ausgeübte, sondern auch auf ähnlich geartete Tätigkeiten abgestellt (BSGE 26, 288, 290, 292; BSG in USK 7126 und in USK 7269; BSGE 41, 201, 203 und 46, 190, 191 sowie die Entscheidung des Großen Senats in BSGE 53, 22, 31; vgl ferner Peters, Handbuch der Krankenversicherung, § 182 Anm 10a und Krauskopf/Schroeder-Printzen, Soziale Krankenversicherung, Kommentar, 2. Aufl, § 182 Anm 4.1). Aus den Gesetzesmaterialien (vgl Begründung zum Entwurf der RVO, Drucks zu Nr 430 des Reichstags, 12. Legislaturperiode, II. Session, 22, 155 f) sind zwar keinerlei Anhaltspunkte dafür zu entnehmen, daß die Arbeitsunfähigkeit dann beendet sein soll, wenn der Versicherte seine bisherige Tätigkeit zwar nicht mehr verrichten kann, aber gesundheitlich in der Lage ist, eine ähnliche Tätigkeit auszuüben. Die "Verweisung" auf ähnliche Tätigkeiten erscheint aber gleichwohl notwendig. Offensichtlich hat der Gesetzgeber seinerzeit nicht erkannt, zumindest aber in den Gesetzesmaterialien unerörtert gelassen, daß Versicherte häufig noch nach dem Verlust ihrer Arbeit arbeitsunfähig sind und sich schon deshalb die Prüfung der Arbeitsfähigkeit auch auf ähnliche Tätigkeiten erstrecken muß. Erstreckt sich bei beendetem Arbeitsverhältnis die erforderliche Kausalität zwischen Krankheit und Arbeitsunfähigkeit auch auf die Unfähigkeit, ein entsprechendes Entgelt mit einer ähnlichen Tätigkeit zu erwerben, so muß andererseits die Fähigkeit zur Verrichtung einer solchen Tätigkeit die Arbeitsunfähigkeit ausschließen. Hinzu kommt, daß nach § 183 Abs 2 Satz 1 RVO Krankengeld jetzt - solange die Mitgliedschaft in der Krankenkasse besteht - grundsätzlich ohne zeitliche Begrenzung gewährt wird (vgl Krauskopf/Schroeder-Printzen aaO, § 183 Anm 3; Peters, Handbuch der Krankenversicherung, § 183 Anm 3a und b) und deshalb der Bezug dieser Sozialleistung in vernünftigem Maße beschränkt werden muß.

In den zitierten Entscheidungen des RVA und des BSG ist indessen nicht konkretisiert, was unter einer ähnlich gearteten Tätigkeit zu verstehen ist. In seiner Entscheidung vom 19. Januar 1971 (USK 7126) hat der 3. Senat des BSG lediglich ergänzend ausgeführt, daß bei einer ungelernten Arbeiterin der Rahmen der Tätigkeiten, die ihr noch zugemutet werden könnten, relativ weit sei. Der 9. Senat des BSG (USK 7269) hat nur darauf hingewiesen, daß eine Verweisung auf andersartige Tätigkeiten innerhalb der auch die letzte Tätigkeit umfassenden Berufsgruppe nicht in Betracht komme. In der Entscheidung vom 15. November 1984 (BSGE 57, 227, 229) hat der 3. Senat die Bezeichnung "ähnliche Tätigkeiten" durch "gleichgeartete Tätigkeiten" ersetzt, um deutlich zu machen, daß - jedenfalls in der ersten Blockfrist - der Kreis der Tätigkeiten, die außer der bisher ausgeübten Erwerbstätigkeit als "Verweisungstätigkeiten" in Betracht kommen, sehr eng ist (s dazu auch das Urteil vom 16. September 1986 - 3 RK 27/85 - und Schönberger, BG 1978, S 492, 493). Zur Begründung hat der 3. Senat auf den Beschluß des Großen Senats des BSG vom 16. Dezember 1981 (BSGE 53, 22) Bezug genommen, in dem dargelegt ist, daß sich der Begriff der Arbeitsunfähigkeit von dem rentenversicherungsrechtlichen Begriff der Berufsunfähigkeit gerade dadurch unterscheide, daß bei der Arbeitsunfähigkeit entscheidender Maßstab die Unfähigkeit des Versicherten sei, die zuletzt verrichtete Erwerbstätigkeit fortzusetzen. Diese Beziehung der Arbeitsunfähigkeit zur zuletzt verrichteten Tätigkeit sei - so heißt es im Urteil vom 15. November 1984 weiter - auch bei der Bestimmung des Bereichs der "ähnlichen" Arbeiten maßgebend, auf die im Rahmen der Prüfung der Arbeitsunfähigkeit eine "Verweisung", die nichts mit der "Zumutbarkeit" im Sinne des Rentenversicherungsrechts zu tun habe, zulässig sei. Für die Bestimmung des Begriffs "arbeitsunfähig" sei darauf abzustellen, welche Bedingungen das bisherige Arbeits- bzw Beschäftigungsverhältnis im wesentlichen geprägt hätten und welche ähnlichen, das heißt, dem bisherigen Arbeitsverhältnis gleichgearteten Tätigkeiten, in Betracht kämen. Der erkennende Senat hält diesen Ausgangspunkt für zutreffend; allerdings bedarf die Frage der Ähnlichkeit weiterer Konkretisierung.

Ob eine Tätigkeit als "Verweisungstätigkeit" in Betracht kommt, ist einmal nach den Aufgaben zu beurteilen, die mit der Tätigkeit verbunden sind. Hat der Versicherte zuletzt einen anerkannten Ausbildungsberuf (s dazu das Verzeichnis der anerkannten Ausbildungsberufe nach § 6 Abs 2 Nr 5 des Berufsbildungsförderungsgesetzes -BerBiFG- vom 23. Dezember 1981 - BGBl I 1692 - herausgegeben vom Bundesinstitut für Berufsbildung - Stand: 1. Juli 1983 -) ausgeübt, so scheiden Tätigkeiten außerhalb dieses Berufes aus. Denn sie sind im allgemeinen nicht ähnlich. Aber auch im Rahmen eines Ausbildungsberufes weichen die Tätigkeiten teilweise so weitgehend voneinander ab, daß die "Verweisung" oft ausgeschlossen sein wird. Für die Frage der Ähnlichkeit ist es nämlich nicht allein entscheidend, ob ein Aufgabenbereich zu einem bestimmten Beruf gehört oder nicht. Es kommt vielmehr darauf an, daß die bisher vom Versicherten verrichtete Arbeit nach der Art der Verrichtung sowie nach den erforderlichen Kenntnissen und Fertigkeiten mit dem Inhalt der Verweisungstätigkeit in etwa übereinstimmt. Deshalb ist zu unterscheiden, ob die Aufnahme einer neuen Beschäftigung eine nicht nur kurze Einarbeitungszeit verlangt oder ob die Tätigkeit ohne jede Vorkenntnisse bereits nach kurzer Einweisung ausgeübt werden kann. Bedeutsam ist auch, welches Maß an körperlichen oder nervlichen Belastungen mit ihr verbunden ist und wie weit die Lebensweise des Versicherten durch sie mitbeeinflußt wird (zB Umstellung von einer Arbeit am Wohnort auf Reisetätigkeit). Eine erschöpfende Aufzählung aller Faktoren, die in diesem Zusammenhang allein oder zusammen mit anderen eine Rolle spielen können, ist nicht möglich. Eine andere Tätigkeit wird der bisher ausgeübten in der Regel nie ganz gleichen. Sind die Unterschiede jedoch insgesamt so groß, daß sich der Versicherte erheblich umstellen müßte, kann von einer ähnlichen Tätigkeit nicht mehr die Rede sein.

Dies gilt grundsätzlich auch für Versicherte, die zuletzt eine ungelernte Tätigkeit ausgeübt haben. Bei ihnen sind zwar die "Verweisungsmöglichkeiten" schon deshalb größer, weil die "Verweisung" nicht nur in den engen Grenzen eines Ausbildungsberufes zu erfolgen hat. Die Arbeitsunfähigkeit endet aber auch hier nicht schon mit der Feststellung, daß der Versicherte noch gesundheitlich in der Lage ist, andere ungelernte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsfeld zu verrichten. Denn auch die ungelernten Tätigkeiten weisen untereinander viele gravierende Unterschiede auf.

Die Möglichkeit der "Verweisung" hängt aber nicht nur von der Art der Arbeit, sondern auch von deren Entlohnung ab. Denn zu den Bedingungen, die ein Arbeits- bzw Beschäftigungsverhältnis im wesentlichen prägen (vgl BSGE 57, 227, 229), gehören ua auch die damit verbundenen Erwerbsmöglichkeiten (vgl dazu BAG, Großer Senat, Beschluß vom 17. Dezember 1959 - GS 2/59 - AP § 616 BGB Nr 21 -). Wären die mit der neuen Tätigkeit verbundenen Einkünfte etwa gleich hoch, so steht einer "Verweisung" - jedenfalls in dieser Hinsicht - nichts entgegen (vgl dazu Kummer, MedSach 1986, S 86 f). Dies ergibt sich aus der Lohnersatzfunktion des Krankengeldes. Das Krankengeld soll anstelle des Lohnes den Unterhalt des Erkrankten sichern (BSGE 5, 283, 287, 288; 18, 236, 238) und gewährleisten, daß sein Lebensstandard nicht infolge der Erkrankung absinkt. Mit dem Sinn und Zweck der Krankengeldregelung sind jedoch geringfügige Schwankungen des Einkommens vereinbar, solange die "Verweisungstätigkeit" als wirtschaftlich gleichwertig angesehen werden kann (zum Begriff der wirtschaftlichen Gleichwertigkeit s BSG, Urteile vom 28. Januar 1971 - 5 RKn 3/70 - SozR RKG § 45 Nr 38 -, vom 28. Februar 1974 - 5 RKn 24/72 -, vom 20. Juni 1979 - 5 RKn 4/78 - und vom 2. August 1979 - 5 RKn 22/78 - SozR 2600 § 45 Nrn 2, 26 und 28; Mansfeld-Pohle, RKG, Kommentar, 1932, S 278 f). Dies ist dann der Fall, wenn die mit der Übernahme der "Verweisungstätigkeit" verbundene Einkommenseinbuße unter 10 % bleibt. Die Rechtsprechung muß gelegentlich eine solche Grenze ziehen, um eine Rechtsvorschrift in der Praxis handhabbar zu machen und ein gewisses Maß an Rechtssicherheit zu erreichen. So hat das BSG in den Urteilen vom 28. Januar 1971 und 28. Februar 1974 (aaO) angenommen, daß der "bisher verrichteten knappschaftlichen Arbeit" (Hauptberuf) des Versicherten eine von ihm ausgeübte Arbeit iS des § 45 Abs 1 Nr 2 RKG gleichwertig ist, wenn die Lohndifferenz nicht mehr als 10 % beträgt. In der Entscheidung vom 2. August 1979 (aaO) hat man die wirtschaftliche Gleichwertigkeit bei einem Lohnabfall von nahezu 7 1/2 % verneint. Die Herabsetzung der Gleichwertigkeitsgrenze von 10 % auf 7,5 % beruht allerdings auf der speziellen Tarifentwicklung im Bergbau. Auch in der Kriegsopferversorgung und im Unfallrecht sind zB zur Frage, wann eine wesentliche Änderung eingetreten ist, Grenzziehungen notwendig geworden. Die Rechtsprechung hat zB eine wesentliche Änderung bei einer weiteren Minderung der Erwerbsfähigkeit um 10 % angenommen (vgl dazu Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, 10. Aufl S 583d mit Nachweisen; s ferner die Rechtsprechung zu § 323 der Zivilprozeßordnung -ZPO- vgl dazu die Nachweise bei Hartmann in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, Kommentar, 43. Aufl, § 323 Anm 2 D). Welcher Grenzwert zugrunde zu legen ist, hängt stets von den Besonderheiten der in Betracht kommenden Regelung ab. Für die hier vorzunehmende Grenzziehung bei der "Verweisung" auf andere Tätigkeiten ist ausschlaggebend, daß das Krankengeld dem Versicherten in etwa den Lebensstandard erhalten soll, den er während der zuletzt ausgeübten Tätigkeit gehabt hat. Einbußen von unter 10 % schmälern sein Einkommen aber nicht derart, daß sein Lebensstandard spürbar absinkt. Sie sind deshalb vom Versicherten hinzunehmen.

Für den Vergleich, ob die "Verweisungstätigkeit" wirtschaftlich als gleichwertig angesehen werden kann, ist von dem wegen der Arbeitsunfähigkeit entgangenen regelmäßigen Arbeitsentgelt und Arbeitseinkommen auszugehen, soweit es der Beitragsberechnung unterliegt (Regellohn - § 182 Abs 4 RVO), denn das ist der Lohn, den das Krankengeld ersetzen soll, wie die Vorschriften über die Berechnung dieser Leistung zeigen. Diesem Lohn ist das Entgelt gegenüberzustellen, das bei durchschnittlicher Arbeitsleistung mit der Vergleichstätigkeit erzielt werden kann. Das wird im allgemeinen der Tariflohn sein, jedoch kann es sich uU auch um einen davon abweichenden Durchschnittslohn handeln. Liegt der Regellohn der bisher ausgeübten Erwerbstätigkeit nicht 10 % oder mehr über dem in der Vergleichstätigkeit durchschnittlich erzielbaren Regellohn, so ist eine "Verweisung" - jedenfalls soweit es um die Höhe des Einkommens geht - zulässig.

Da der Kläger seine bisherige Tätigkeit aus gesundheitlichen Gründen nicht fortsetzen kann, wird das LSG nach alledem unter Zugrundelegung der dargelegten Gesichtspunkte festzustellen haben, welche anderen Tätigkeiten für ihn in Betracht kommen und ob diese der bisherigen Tätigkeit in etwa entsprechen. Dabei ist es rechtlich - entgegen der Auffassung des Klägers - jedoch nicht von Belang, ob ein offener Arbeitsplatz nachgewiesen werden kann, der der zuletzt ausgeübten Erwerbstätigkeit nach Art und Lohn entspricht und von dem Kläger - ohne Gefährdung seiner Gesundheit - übernommen werden könnte. Es genügt vielmehr, wenn auf dem Arbeitsmarkt Arbeitsstellen für ähnliche Tätigkeiten in nennenswerter Zahl vorhanden sind, die der Kläger täglich zumutbar erreichen kann. Das Vorhandensein einer nennenswerten Zahl von "Verweisungstätigkeiten" ist schon deshalb zu verlangen, weil nur eine reelle Erwerbsmöglichkeit die Arbeitsunfähigkeit ausschließen kann. Allerdings kommt es in diesem Zusammenhang nicht darauf an, ob die Arbeitsmarktlage sich erschwerend auswirkt und ob solche Arbeitsplätze nur selten frei sind. Denn der Anspruch auf Krankengeld ist nach § 182 Abs 1 Nr 2 RVO nur davon abhängig, ob der Versicherte wegen seiner Erkrankung nicht mehr seine Erwerbstätigkeit oder eine ähnliche Tätigkeit ausüben kann. Ist er an der Ausübung einer Erwerbstätigkeit nicht durch Krankheit, sondern wegen des Fehlens offener Stellen gehindert, so fehlt es am Ursachenzusammenhang zwischen Krankheit und der fehlenden Erwerbsmöglichkeit. Daß der Arbeitsplatz für den Versicherten täglich erreichbar sein muß, das heißt, sich im allgemeinen in zumutbarer Entfernung von seinem Wohnort zu befinden hat, ergibt sich aus folgender Überlegung: Die Arbeitsunfähigkeit ist in dem vom Gesetzgeber gesehenen Normalfall ein vorübergehendes Leistungshindernis. Um es zu beseitigen, kann dem Versicherten - von Ausnahmefällen abgesehen - kein Wohnortwechsel zugemutet werden, wenn die Aussicht besteht, daß er in absehbarer Zeit auch am Wohnort wieder einer entsprechenden Tätigkeit wird nachgehen können.

Das LSG wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1662335

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