Leitsatz

Trotz langjähriger Verluste kann die Vornahme geeigneter Umstrukturierungsmaßnahmen ein gewichtiges Indiz für das Vorhandensein einer Gewinnerzielungsabsicht darstellen. Diese Maßnahmen sind als geeignet anzusehen, wenn nach dem damaligen Erkenntnishorizont aus der Sicht eines wirtschaftlich vernünftig denkenden Betriebsinhabers eine hinreichende Wahrscheinlichkeit dafür bestand, dass sie innerhalb eines überschaubaren Zeitraums zum Erreichen der Gewinnzone führen würden.

Eine hauptsächlich in einer Kostensenkung bestehende Umstrukturierung ist auch dann als geeignete Maßnahme anzusehen, wenn sie nur bei Außerachtlassung der Zinsen auf Verbindlichkeiten aus früheren Fehlmaßnahmen zu künftig positiven Ergebnissen führt.

Eine aus dem Verlustausgleich resultierende Steuerersparnis ist für sich genommen im Regelfall kein einkommensteuerrechtlich unbeachtliches Motiv i.S. der Liebhaberei-Rechtsprechung.

 

Sachverhalt

Der Steuerpflichtige erwarb 1986 einen Gewerbebetrieb, der im Wesentlichen Motorboote mit Zubehör und Ersatzteilen vertreibt. Er erwirtschaftete in den Jahren 1986 bis 1997 ununterbrochen Verluste von insgesamt rd. 5,7 Mio. DM. Ab 1992 verneinte das Finanzamt die Gewinnerzielungsabsicht und erkannte die Verluste nicht mehr an. Das FG wies die dagegen gerichtete Klage ab. Auf die Revision des Steuerpflichtigen hob der BFH die Vorentscheidung auf und verwies die Sache an das FG zurück.

 

Entscheidung

Zutreffend hat das FG angenommen, dass der Betrieb bei objektiver Betrachtung nicht zur Erzielung eines Totalgewinns geeignet war. Die Feststellungen des FG tragen jedoch nicht dessen Würdigung, der Steuerpflichtige habe die verlustbringende Tätigkeit nur aus im Bereich seiner Lebensführung liegenden persönlichen Neigungen und Gründen ausgeübt.

Bei Tätigkeiten, die – wie im Streitfall – nicht typischerweise dazu bestimmt und geeignet sind, der Befriedigung persönlicher Neigungen oder der Erlangung wirtschaftlicher Vorteile außerhalb der Einkunftssphäre zu dienen, lässt allein das Erzielen langjähriger Verluste noch keinen zwingenden Schluss auf das Fehlen der Gewinnerzielungsabsicht zu. Vielmehr muss aus weiteren Beweisanzeichen die Feststellung möglich sein, das der Steuerpflichtige die verlustbringende Tätigkeit nur aus im Bereich seiner Lebensführung liegenden Gründen oder Neigungen ausübt.

Hat der Steuerpflichtige während des Verlustzeitraums eine betriebswirtschaftliche Kalkulation oder Ergebnisprognose erstellt oder erstellen lassen oder hat er auf die bereits eingetretenen Verluste mit geeigneten Umstrukturierungsmaßnahmen reagiert, die aus damaliger Sicht nachvollziehbar zu der Annahme berechtigten, der Betrieb werde innerhalb eines überschaubaren Zeitraums die Gewinnzone erreichen, ist damit im Regelfall ein gewichtiges Indiz für das Bestehen der Gewinnerzielungsabsicht im jeweiligen Veranlagungszeitraum erbracht.

Die Rechtsprechung hat die Steuerersparnis bisher nur bei Verlustzuweisungsgesellschaften als tragendes persönliches Motiv für die Hinnahme der Verluste herangezogen[1]. Dagegen wurde allein die Möglichkeit der Verrechnung "echter" – den Steuerpflichtigen belastender – Verluste mit anderweitigen positiven Einkünften bisher in keinem Fall als privates Motiv angesehen, das zur Annahme fehlender Gewinnerzielungsabsicht führt. Im Gegenteil hat der BFH mehrfach klargestellt, dass allein dieser Umstand zur Verneinung der Gewinnerzielungsabsicht nicht ausreicht[2].

 

Praxishinweis

Gewinnerzielungsabsicht als Merkmal des gewerblichen Unternehmens ist das Streben nach Betriebsvermögensmehrung in Gestalt eines Totalgewinns[3]. Diese Absicht (innere Tatsache) fehlt, wenn die Prognose des zu erwirtschaftenden Totalgewinns negativ ist und der Steuerpflichtige die verlustbringende Tätigkeit nur aus im Bereich seiner Lebensführung liegenden persönlichen Gründen und Neigungen ausübt[4]. Auf der Grundlage dieses in ständiger Rechtsprechung vertretenen subjektiven Liebhabereibegriffs hat der BFH – soweit ersichtlich – bisher in keinem einzigen Fall die Gewinnerzielungsabsicht hinsichtlich eines nicht in der Nähe des Hobbybereichs angesiedelten Gewerbebetriebs allein wegen der Erwirtschaftung langjähriger Verluste verneint. Vielmehr muss zusätzlich positiv festgestellt werden können, dass die Fortführung des Betriebs auf privaten oder sonst einkommensteuerrechtlich unbeachtlichen Motiven beruht. Insoweit kann allerdings insbesondere die Reaktion des Steuerpflichtigen auf die bislang erzielten langjährigen Verluste Aufschluss geben und ein gewichtiges Indiz für das Fehlen oder Bestehen der Gewinnerzielungsabsicht darstellen[5].

 

Link zur Entscheidung

BFH-Urteil vom 21.7.2004, X R 33/03

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