Kommentar

Seit dem 1.1.2005 kann sich auch bei Umlaufvermögen[1] eine Berichtigung des Vorsteuerabzugs nach § 15a Abs. 2 UStG ergeben. Da die Vorsteuerberichtigung vom Grundsatz eine Änderung der Verhältnisse voraussetzt, die für den Vorsteuerabzug bei Leistungsbezug maßgeblich waren, ergeben sich im Regelfall bei Umlaufvermögen in der Praxis nur wenige Anwendungsfälle für eine solche Berichtigung. Im Wesentlichen kann sich eine Vorsteuerberichtigung in den folgenden Fällen ergeben:

  1. Der Unternehmer hat ein Grundstück – unter Verzicht der Steuerbefreiung durch den Verkäufer – in sein Umlaufvermögen erworben und veräußert es anders, als er dies zum Zeitpunkt des Leistungsbezugs geplant hatte.
  2. Der Unternehmer wechselt die Besteuerungsform (Kleinunternehmerbesteuerung, Anwendung der Durchschnittssätze bei landwirtschaftlichen Erzeugern) und verwendet Umlaufvermögen, das er vor dem Wechsel erworben hatte.
Wichtig

Eine Vorsteuerberichtigung kann sich nur dann ergeben, wenn der Unternehmer das Umlaufvermögen nach dem 31.12.2004 erworben hat. Der Zeitpunkt der Verwendungsänderung ist nicht ausschlaggebend für die Anwendung der Vorsteuerberichtigung, § 27 Abs. 11 UStG[2].

Von besonderer Bedeutung bei der Vorsteuerberichtigung sind die Bagatellgrenzen nach § 44 UStDV. Insbesondere ist § 44 Abs. 1 UStDV zu beachten, wonach eine Berichtigung nur dann in Betracht kommen kann, wenn für das Berichtigungsobjekt eine Umsatzsteuer von mehr als 1.000 EUR angefallen war. Das bayerische Landesamt für Steuern stellt in seiner Verfügung klar, dass diese Grenze auf das jeweilige Berichtigungsobjekt zu beziehen ist.

Praxis-Beispiel

Der Einzelunternehmer E erwirbt 60 Jeansjacken zum Einzelpreis von 150 EUR zuzüglich 19 % USt. Im Jahr des Leistungsbezugs wendet E die Kleinunternehmerbesteuerung (Kleinunternehmer) an. Im Folgejahr wechselt E zur Regelbesteuerung (Sollbesteuerung).

Für die erst nach dem Wechsel der Besteuerungsform verkauften Jeansjacken kann E keine Vorsteuerberichtigung vornehmen, da zwar aus dem Einkauf der Jeansjacken insgesamt mehr als 1.000 EUR USt entstanden sind, die Bagatellgrenze aber auf den Einzelgegenstand zu beziehen ist (hier auf jede einzelne Jeansjacke).

Bei einem einheitlichen Gegenstand ist für die Frage der Anwendung der Bagatellregelung auf die gesamte, für das einheitliche Objekt angefallene Umsatzsteuer abzustellen. Dies gilt auch dann, wenn für das einheitliche Objekt Leistungen vor und nach dem Wechsel der Besteuerungsform in Anspruch genommen werden.

Praxis-Beispiel

Tischlermeister T fertigt für einen Kunden eine Holzküche. Zum Jahreswechsel wechselt T von der Kleinunternehmerbesteuerung zur Regelbesteuerung. Die Küche wird erst nach dem Wechsel zur Regelbesteuerung eingebaut. Vor dem Wechsel der Besteuerungsform sind Vorsteuerbeträge i. H. v. 500 EUR angefallen (wegen der Kleinunternehmerbesteuerung nicht abgezogen), nach dem Wechsel der Besteuerungsform sind 700 EUR an Vorsteuerbeträgen angefallen (als Vorsteuer abgezogen).

Da für das Gesamtobjekt "Küche" insgesamt mehr als 1.000 EUR Umsatzsteuer auf der Leistungseingangsseite angefallen sind, greift die Bagatellregelung nach § 44 Abs. 1 UStDV nicht. T kann nach dem Wechsel der Besteuerungsform (in der Jahressteuererklärung) die während der Kleinunternehmerbesteuerung nicht abgezogene Vorsteuer i. H. v. 500 EUR nach § 15a Abs. 2 i. V. m. Abs. 7 UStG geltend machen.

Konsequenzen für die Praxis

Neben Umsätzen im Zusammenhang mit Grundstücken wird der Wechsel der Besteuerungsform von der Kleinunternehmerbesteuerung zur Regelbesteuerung (oder umgekehrt) sowie im Zusammenhang mit der Durchschnittssatzbesteuerung für landwirtschaftliche Erzeuger der Hauptanwendungsfall für die Vorsteuerberichtigung nach § 15a Abs. 2 UStG sein. In der Beratungspraxis muss insbesondere an die Bagatellregelung des § 44 Abs. 1 UStDV gedacht werden. Diese kann sich zu einem Nachteil aber auch zu einem Vorteil für einen Unternehmer herausstellen.

Praxis-Tipp

Wechselt ein Unternehmer von der Regelbesteuerung zur Kleinunternehmerbesteuerung, so kann sich eine Vorsteuerberichtigung für ihn nur dann ergeben, wenn die auf den später (im Rahmen der Kleinunternehmerbesteuerung ohne Umsatzsteuer) verkauften Gegenstand entfallende Umsatzsteuer mehr als 1.000 EUR betragen hat. Dies dürfte im Regelfall kaum vorliegen.

 

Link zur Verwaltungsanweisung

Bayerisches Landesamt für Steuern, Vfg. v. 23.7.2008, S 7316.2.1-3/1 St 34, DStR 2008 S. 1642

[1] Nach § 15a Abs. 2 UStG handelt es sich um Gegenstände, die nur einmalig für Ausgangsleistungen verwendet werden.
[2] Das Niedersächsische FG, Urteil v. 22.10.2007, 16 K 226/07, EFG 2008 S. 262 hat hingegen die Vorsteuerberichtigung beim Umlaufvermögen zugunsten des Steuerpflichtigen beim Wechsel der Besteuerungsform auch schon für Zeiträume vor dem 1.1.2005 bejaht. Hierzu ist Revision beim BFH unter V R 85/07, anhängig.

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