Zusammenfassung
Bei Kleinunternehmern, die bestimmte Umsatzgrenzen nicht überschreiten, wird die Umsatzsteuer für Ausgangsumsätze nicht erhoben, in Rechnungen darf keine Umsatzsteuer ausgewiesen werden. Im Gegenzug darf der Kleinunternehmer Umsatzsteuer für Leistungsbezüge auch nicht als Vorsteuer abziehen. Der Unternehmer kann jedoch auf die Anwendung der Kleinunternehmerbesteuerung verzichten. Mittelfristig ist geplant, die Regelungen für Kleinunternehmer in der Europäischen Union zu harmonisieren. Die Frage der Besteuerung von Kleinunternehmern ist insbesondere im Zusammenhang mit der Einführung des sog. Nullsteuersatzes bei bestimmten Photovoltaikanlagen interessant geworden.
Die Kleinunternehmerbesteuerung ist in § 19 UStG geregelt. Die Finanzverwaltung hat ausführlich in Abschn. 19.1–19.5 UStAE dazu Stellung genommen.
1 Anwendungsbereich
Die Unternehmereigenschaft ist grundsätzlich unabhängig vom Umfang der ausgeführten Umsätze. Das Umsatzsteuergesetz sieht aber für Unternehmer, die nur Umsätze in geringem Umfang ausführen, eine Erleichterung dahingehend vor, dass die für die ausgeführten Umsätze geschuldete Umsatzsteuer nicht erhoben wird. Der Kleinunternehmer darf in seiner Rechnung keine Umsatzsteuer gesondert ausweisen und ist darüber hinaus vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen.
Diese Begünstigungsregelung kann jedoch dann für den Unternehmer zu einem Nachteil führen, wenn er seine Leistungen (überwiegend) an vorsteuerabzugsberechtigte Unternehmer ausführt, die die Umsatzsteuer zusätzlich entrichten würden. Aus diesem Grund kann der Unternehmer auf die Anwendung der Kleinunternehmerbesteuerung verzichten (Option zur Regelbesteuerung).
Kleinunternehmereigenschaft nur bei inländischen Unternehmern
Kleinunternehmer nach § 19 UStG können nur inländische Unternehmer sein. Ausländische Unternehmer fallen nach den derzeitigen Regelungen nicht unter § 19 UStG. Entsprechend müssen sich deutsche Unternehmer, die die Kleinunternehmerbesteuerung in Deutschland anwenden, in anderen Staaten den dort geltenden Regelungen in vollem Umfang unterwerfen. Allerdings gehen Umsätze, die in anderen Ländern ausgeführt werden, nicht in die Prüfung der maßgeblichen Umsatzgrenzen für die Kleinunternehmereigenschaft im Inland mit ein.
2 Voraussetzungen
Die Kleinunternehmerbesteuerung ist anzuwenden, wenn der Gesamtumsatz des Unternehmers im vorangegangenen Jahr nicht mehr als 22.000 EUR[1] betragen hat und im laufenden Kalenderjahr voraussichtlich nicht mehr als 50.000 EUR betragen wird. Zur Prüfung dieser Umsatzgrenzen ist jeweils vom Gesamtumsatz i. S. v. § 19 Abs. 3 UStG (= Berechnungsgrundlage) auszugehen. Dabei ist stets der Gesamtumsatz nach vereinnahmten Entgelten ("Ist"-Besteuerung) zuzüglich der darauf entfallenden Umsatzsteuer ("Brutto-Ist"-Gesamtumsatz) zugrunde zu legen.
Hat der Unternehmer im vorangegangenen Kalenderjahr die Umsatzgrenze von 22.000 EUR überschritten, liegen die Voraussetzungen des § 19 UStG im laufenden Kalenderjahr grundsätzlich nicht mehr vor. Ist die Umsatzgrenze von 22.000 EUR im vorangegangenen Kalenderjahr nicht überschritten worden, muss der Unternehmer anhand einer Schätzung auf der Grundlage der zu Beginn des Kalenderjahrs maßgebenden Verhältnisse feststellen, ob er im laufenden Kalenderjahr die Grenze von 50.000 EUR überschreiten wird oder nicht.
Kein rückwirkender Wegfall bei Überschreiten der Gesamtumsatzgrenze
Wenn der Unternehmer bei der Schätzung des voraussichtlichen Gesamtumsatzes zu dem Ergebnis kommt, dass er die Grenze von 50.000 EUR nicht überschreiten wird, entfällt die Kleinunternehmerbesteuerung nicht nachträglich, selbst wenn er dann im laufenden Kalenderjahr die Grenze doch überschreiten sollte.
Prüfung der Kleinunternehmereigenschaft
Handelsvertreter H hat im Kalenderjahr 2022 einen Gesamtumsatz i. H. v. 21.000 EUR erzielt. Aufgrund einer sachgerechten Schätzung geht er davon aus, dass er im Kalenderjahr 2023 40.000 EUR Gesamtumsatz erzielen wird. Am Ende des Kalenderjahrs 2023 stellt er fest, dass sein Gesamtumsatz tatsächlich aber 53.000 EUR betragen hat.
Da er die Schätzung zu Beginn des Kalenderjahrs sachgerecht durchgeführt hat und damit zulässigerweise die Besteuerung nach § 19 UStG vornehmen konnte, erfolgt keine Nachversteuerung seiner Umsätze. Im Kalenderjahr 2024 muss H allerdings zwingend die Regelbesteuerung anwenden, da er aus Sicht des Kalenderjahrs 2024 im vorangegangenen Kalenderjahr (2023) die Umsatzgrenze von 22.000 EUR überschritten hat. Auf den voraussichtlichen Gesamtumsatz in 2024 kommt es nicht mehr an.
2.1 Berechnung des Gesamtumsatzes
Der maßgebliche Gesamtumsatz des Kleinunternehmers bestimmt sich nach § 19 Abs. 3 UStG. Dabei ist von dem steuerbaren Umsatz nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG auszugehen. Damit gehören die Einfuhren aus dem Drittlandsgebiet nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 UStG und der innergemeinschaftliche Erwerb nach § 1 Abs. 1 Nr. 5 UStG nicht zum Gesamtumsatz. Darüber hinaus sind auch bestimmte steuerfrei...
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