Entscheidungsstichwort (Thema)

Umlagepflicht nach § 186a AFG. Grenzen der Ermächtigung. Verwirkung des Rechts der Nachforderung

 

Orientierungssatz

1. Durch die Änderung des § 76 Abs 2 AFG mit dem 5. AFG-ÄndG ist der Ermächtigungsrahmen des Verordnungsgebers nicht dahin erweitert worden, daß er aufgrund der nunmehr gebotenen "gesamtwirtschaftlichen Betrachtungsweise" größere Einheiten des Baugewerbes auch dann uneingeschränkt zur Förderung zulassen darf, wenn in einer solchen eine abgrenzbare objektiv nicht förderbare Gruppe von Betrieben mit im wesentlichen gleichartigen Bauleistungen enthalten ist (vgl BSG 12.12.1984 10 RAr 1/84).

2. Werden in einem Betrieb Bauarbeiten geleistet, die in der BaubetrV genannt sind, so entfällt die Förderungsfähigkeit und damit die Umlagepflicht des Inhabers nicht, wenn er in seinem Betrieb nur einen Teil der für die bezeichnete Gruppe (Zweig) typischen Arbeiten ausführt - etwa nur Innenarbeiten -, wodurch sein Betrieb witterungsunabhängig ist.

3. Die Umlage zur Produktiven Winterbauförderung kann im Rahmen der Verjährungsvorschriften nachgefordert werden. Der Einwand des Verstoßes gegen Treu und Glauben kann solchen Nachforderungen nur dann entgegengehalten werden, wenn der Versicherungsträger dazu beigetragen hat, daß die Beiträge nicht oder in zu geringer Höhe entrichtet worden sind (vgl BSG 26.8.1983 10 RAr 4/82 = SozR 4100 § 186a Nr 17).

4. Eine Verwirkung des Rechts der Nachforderung der Umlage erfordert besondere Umstände, die nur dann vorliegen, wenn der Verpflichtete infolge eines bestimmten Verhaltens des Berechtigten - hier der Bundesanstalt für Arbeit - darauf vertrauen durfte, daß diese die Umlage nicht mehr geltend machen werde, der Verpflichtete tatsächlich hierauf vertraut hat und sich infolgedessen in seinen Vorkehrungen und Maßnahmen so eingerichtet hat, daß ihm durch die verspätete Inanspruchnahme ein unzumutbarer Nachteil entstehen würde.

5. Die Unkenntnis des Betriebsinhabers über seine gesetzliche Umlagepflicht befreit ihn nicht von der Nachentrichtung der Umlage.

6. Zur Umlagepflicht (§ 186a AFG) eines Betriebes, der in Fertighäusern Stoßfugen zwischen den aufgestellten Rigipswänden verspachtelt.

7. Die Umlage der Produktiven Winterbauförderung nimmt im Spannungsfeld zwischen Individualäquivalenz und Solidarprinzip eine besondere Stellung ein.

 

Normenkette

AFG § 76 Abs 2 Fassung: 1979-07-23, § 76 Abs 2 Fassung: 1972-05-19, § 186 Abs 1, § 179; RVO § 29; SGB 4 § 25; BaubetrV § 1 Abs 1 Nr 1 Buchst z DBuchst dd Fassung: 1975-04-30; BaubetrV 1980 § 1 Abs 2 Nr 33 Fassung: 1980-10-28; BaubetrV § 2 Buchst g Fassung: 1975-04-30; BaubetrV 1980 § 2 Nr 7 Fassung: 1980-10-28; WinterbauUmlV §§ 3-4

 

Verfahrensgang

LSG Rheinland-Pfalz (Entscheidung vom 11.11.1983; Aktenzeichen L 6 Ar 41/83)

SG Mainz (Entscheidung vom 22.03.1983; Aktenzeichen S 1 Ar 128/82)

 

Tatbestand

Streitig ist die Umlagepflicht des Klägers zur Aufbringung der Mittel für die Produktive Winterbauförderung nach § 186a des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG).

Mit ihrem Bescheid vom 25. November 1981 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Juni 1982 forderte die Beklagte von dem Kläger für die Zeit vom 1. Dezember 1976 bis 16. März 1981 Winterbauumlage in Höhe von 8.176,01 DM. In der streitigen Zeit betrieb der Kläger ein Unternehmen, dessen ausschließlicher Zweck es war, in Fertighäusern der Firma H. Stoßfugen zwischen den aufgestellten Rigipswänden zu verspachteln.

Die Klage ist in beiden Vorinstanzen ohne Erfolg geblieben (Urteile des Sozialgerichts Mainz -SG- vom 22. März 1983 und des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz -LSG- vom 11. November 1983). Das LSG hat zur Begründung ua ausgeführt, der Betrieb des Klägers habe zu den förderungsfähigen Betrieben gehört. Daß es unter den in der Baubetriebe-Verordnung (Baubetr-VO) allgemein beschriebenen Betrieben, in denen ua Gipsarbeiten ausgeführt werden, nennenswerte abgrenzbare Gruppen gibt, die durch Leistungen der Winterbauförderung nicht wesentlich gefördert werden könnten, sei nicht ersichtlich. Das gelte insbesondere auch für die Spachtelarbeiten des Klägers. Die Besonderheit des Betriebes, die dazu führe, daß er nicht förderungsfähig sei, komme allenfalls vereinzelt vor und es sei auszuschließen, daß es eine nennenswerte Gruppe von entsprechenden Betrieben gebe.

Mit seiner vom LSG zugelassenen Revision rügt der Kläger eine Verletzung des § 186a AFG und der Baubetr-VOen, weil sein Betrieb nicht unter die dort beschriebene Gruppe falle. Er habe vielmehr Spezialarbeiten ausgeführt, die ausschließlich in trockenen und geheizten Räumen geleistet würden, was wohl in dieser Art einmalig im Bundesgebiet sei. Nach der Ermächtigung des § 76 Abs 2 AFG dürfte er in die Förderung nicht einbezogen werden. Zu Unrecht habe das LSG auch nicht beachtet, daß die Beklagte Beiträge seit 1976 fordere. Nur durch eine Einbeziehung in die Umlagepflicht für die Zukunft aber wäre der Kläger auch tatsächlich in die Lage versetzt, Leistungen in Anspruch zu nehmen, weil die Beklagte rückwirkend keine Leistungen gewähre. Das sei aber rechtsmißbräuchlich.

Der Kläger beantragt nach dem Gesamtinhalt seines Vorbringens, die Urteile des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 11. November 1983 und des Sozialgerichts Mainz vom 22. März 1983 sowie den Bescheid der Beklagten vom 25. November 1981 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Juni 1982 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Insbesondere könne der Kläger sich nicht darauf berufen, daß sie nichtverjährte Umlagen von ihm fordere, obwohl für diese Zeit Leistungen der Winterbauförderung nicht mehr gewährt werden können.

Die Beteiligten sind mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung gem § 124 Abs 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) einverstanden.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision des Klägers ist unbegründet. Das LSG hat zutreffend seine Berufung gegen das die Klage gegen den streitigen Umlagebescheid abweisende Urteil des SG zurückgewiesen. Der Kläger war in der streitigen Zeit umlagepflichtiger Arbeitgeber des Baugewerbes, weil sein Betrieb zu einer Gruppe gehört, deren Betriebe mit Mitteln der Produktiven Winterbauförderung zu fördern sind (§ 186a AFG). In seinem Betrieb werden überwiegend Bauleistungen erbracht (§ 75 Abs 1 Nr 2 AFG). Nach der insoweit allein maßgebenden Begriffsbestimmung des § 75 Abs 1 Nr 3 AFG sind Bauleistungen alle Bauarbeiten, die der Herstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken dienen. Handwerks- oder gewerberechtliche Regelungen sind dabei ebensowenig rechtserheblich wie etwaige Kataloge des Tarifvertrages für das Baugewerbe oder der Baubetr-VOen (BSG SozR 4100 § 186a Nr 4). Ob der Kläger daher in der Handwerksrolle eingetragen ist, welche gewerberechtlichen Voraussetzungen er erfüllen muß und ob er nur die von ihm tatsächlich ausgeübten Verspachtelungsarbeiten ausführen darf, andere Arbeiten, etwa des Stukkateurhandwerks dagegen nicht, ist deshalb rechtlich für den Tatbestand nicht entscheidend, daß sein Betrieb ein Baubetrieb iS von §§ 74 ff AFG ist.

Das Verspachteln von Stoßfugen zwischen Rigipswänden in Fertigbauten stellt eine Gipsarbeit dar, die in § 1 Abs 1 Nr 1 Buchst z-dd der Baubetr-VO vom 19. Juli 1972 (BGBl I 1257), geändert durch die Verordnung vom 30. April 1975 (BGBl I 1056) ua neben Stuck-, Putz- und Rabitzarbeiten genannt ist. Diese Arbeiten sind gleichermaßen auch in der Baubetr-VO vom 28. Oktober 1980 (BGBl I 2033) unter § 1 Abs 2 Nr 33 genannt. Zutreffend hat das LSG ausgeführt, daß der Betrieb des Klägers nicht zu den von der Förderung ausgeschlossenen Betrieben gehört, weil es sich nicht um Malerarbeiten oder Vorbereitungsarbeiten dazu handelt (§ 2 Buchst g der Baubetr-VO 1972/1975; § 2 Nr 7 der Baubetr-VO 1980), sondern um das fugenlose Herstellen von Innenwänden in Fertigbauweise, die damit in ihrem Zustand geputzten Wänden entsprechen.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) war der Verordnungsgeber schon nach der bis zum 31. Juli 1979 gültig gewesenen Fassung des § 76 Abs 2 AFG nicht verpflichtet, bei der Bestimmung des Kreises der zu fördernden Betriebe auf die Besonderheiten einzelner Betriebe, also ihre individuelle Betriebsgestaltung abzustellen; vielmehr hatte er bereits nach früherem Recht einen Spielraum für eine praktikable (typisierende) Abgrenzung des Kreises der förderungsfähigen Betriebe. Deshalb hat auch das BSG bereits vor dem Inkrafttreten des 5. AFG-ÄndG die Regelung des § 76 Abs 2 Satz 1 AFG aF unbeschadet ihres Wortlauts (Betriebe des Baugewerbes) nicht auf die Förderungsfähigkeit einzelner Betriebe bezogen, sondern ist davon ausgegangen, daß damit die Förderbarkeit von Betriebsgruppen - als Zusammenfassung von Betrieben mit im wesentlichen gleichartigen Bauleistungen - gemeint ist. Diese Ermächtigung zur Typisierung war allerdings dahin begrenzt, daß der Verordnungsgeber zu beachten hatte, ob innerhalb einer Branche eine nennenswerte, abgrenzbare Gruppe von Baubetrieben besteht, deren Bautätigkeit wegen der Art der verrichteten Arbeiten in der Schlechtwetterzeit nicht wesentlich gefördert werden kann. Die Einbeziehung solcher Gruppen in die Förderung und damit auch in die Umlagepflicht nach § 186a Abs 1 AFG war von der Ermächtigung des § 76 Abs 2 AFG nicht gedeckt (BSG SozR 4100 § 186a Nrn 2, 4, 7, 8, 17; 4100 § 75 Nr 7). Mit seinem neuerlichen Urteil vom 12. Dezember 1984 - 10 RAr 1/84 - (zur Veröffentlichung bestimmt) hat der erkennende Senat weiterhin entschieden, daß durch die Änderung des § 76 Abs 2 AFG mit dem 5. AFG-ÄndG der Ermächtigungsrahmen des Verordnungsgebers nicht etwa dahin erweitert worden ist, daß er aufgrund der nunmehr gebotenen "gesamtwirtschaftlichen Betrachtungsweise" größere Einheiten des Baugewerbes auch dann uneingeschränkt zur Förderung zulassen darf, wenn in einer solchen eine abgrenzbare objektiv nicht förderbare Gruppe von Betrieben mit im wesentlichen gleichartigen Bauleistungen enthalten ist. An der Rechtslage hat sich insoweit also weder durch die Änderung des § 76 Abs 2 AFG noch durch die Neufassung der Baubetr-VO bezüglich des Bestimmungsrechts förderungsfähiger Betriebe etwas geändert, so daß die Umlagepflicht des Klägers für die gesamte streitige Zeit vom 1. Dezember 1976 bis 16. März 1981 nach den gleichen rechtlichen Voraussetzungen zu beurteilen ist. Maßgebend ist danach nicht die Förderungsfähigkeit des einzelnen Betriebes, sondern einer bestimmten Gruppe von Betrieben des Baugewerbes (jetzt Zweigen des Baugewerbes), in denen typischerweise die ganzjährige Beschäftigung mit Mitteln der Winterbauförderung gefördert werden kann. Die individuelle Gestaltung der betrieblichen Tätigkeit, aus der sich die Witterungsunabhängigkeit eines Betriebes ergibt, ist dagegen nicht maßgebend (BSG SozR 4100 § 186a Nr 9). Werden also in einem Betrieb Bauarbeiten geleistet, die in der Baubetr-VO genannt sind, so entfällt die Förderungsfähigkeit und damit die Umlagepflicht des Inhabers nicht, wenn er in seinem Betrieb nur einen Teil der für die bezeichnete Gruppe (Zweig) typischen Arbeiten ausführt - etwa nur Innenarbeiten -, wodurch sein Betrieb witterungsunabhängig ist. Etwas anderes gilt nur, wenn solche Arbeiten typisch für eine Gruppe von Baubetrieben oder einen Zweig des Baugewerbes sind, in dem nur spezielle Bauarbeiten ausgeführt werden, die zwar unter generelle Umschreibungen in der Baubetr-VO fallen, ihrer besonderen Art nach aber witterungsunabhängig sind und deshalb in der Schlechtwetterzeit nicht gefördert werden können.

Diese Voraussetzungen erfüllt der Kläger nicht, denn nach den Feststellungen des LSG und dem eigenen Vortrag des Klägers, auch noch in der Revisionsinstanz, gibt es andere Betriebe, die mit dem des Klägers vergleichbar wären, überhaupt, oder jedenfalls in nennenswertem Umfang, nicht.

Die Beklagte war berechtigt, die Umlage für die gesamte streitige Zeit von dem Kläger nachzufordern. Der erkennende Senat hat in der Entscheidung vom 26. August 1983 (SozR 4100 § 186a Nr 17) eingehend dargelegt, daß Umlagen nach § 186a AFG nur insoweit nicht nachgefordert werden können, als sie iS von § 3 Abs 1 und 2 der Winterbauumlage-Verordnung (WBUVO) vom 13. Juli 1972 (BGBl I 1201), zuletzt geändert durch Verordnung vom 15. Juni 1981 (BGBl I 532) iVm § 179 Satz 1 AFG und § 29 der Reichsversicherungsordnung (RVO) aF bzw § 25 des Vierten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB IV) verjährt sind. Diese Verjährung tritt in vier Jahren nach Ablauf des Kalendermonats ein, in dem die Umlage fällig geworden ist (§ 25 SGB IV). Fällig sind die Umlagebeträge nach § 3 Abs 1 der WBUVO am 15. des Monats, der dem Monat folgt, für den der Lohn zu zahlen ist. Die Umlage für Dezember 1976 war also beim Erlaß des streitigen Umlagebescheides vom 25. November 1981 noch nicht verjährt.

Nach allgemeinen Grundsätzen sind auch die Träger der Sozialversicherung grundsätzlich verpflichtet, den gesetzmäßigen Zustand möglichst auch für die Vergangenheit herzustellen; denn jede Nichterhebung von Abgaben im Sozialversicherungsbereich führt zu einer gesetzlich nicht gewollten Lastenverschiebung innerhalb der Versichertengemeinschaft. Von jeher hat die Rechtsprechung - auch schon des früheren Reichsversicherungsamtes - die Auffassung vertreten, daß Beiträge im Rahmen der Verjährungsvorschriften unbeschränkt nachzufordern sind. Der Einwand des Verstoßes gegen Treu und Glauben kann solchen Nachforderungen nur dann entgegengehalten werden, wenn der Versicherungsträger dazu beigetragen hat, daß die Beiträge nicht oder in zu geringer Höhe entrichtet worden sind (vgl im einzelnen die Nachweise in dem genannten Urteil vom 26. August 1983 aaO). Eine Verwirkung des Rechts der Nachforderung der Umlage erfordert besondere Umstände, die nur dann vorliegen, wenn der Verpflichtete infolge eines bestimmten Verhaltens des Berechtigten - hier der Beklagten - darauf vertrauen durfte, daß diese die Umlage nicht mehr geltend machen werde, der Verpflichtete tatsächlich hierauf vertraut hat und sich infolgedessen in seinen Vorkehrungen und Maßnahmen so eingerichtet hat, daß ihm durch die verspätete Inanspruchnahme ein unzumutbarer Nachteil entstehen würde. Hierfür liegen im Falle des Klägers keine Anhaltspunkte vor. Auch wenn er seine gesetzliche Umlagepflicht nicht kannte, befreite ihn das nicht von der Nachentrichtung der Umlage. Nach § 4 Abs 1 Satz 1 der WBUVO hat nämlich der Arbeitgeber Beginn und Ende der Umlagepflicht der Bundesanstalt für Arbeit (BA) unverzüglich zu melden. Dies ist erforderlich, damit die BA den umlagepflichtigen Personenkreis erfassen kann. Die Meldepflicht besteht nur dann nicht, wenn der Arbeitgeber die Umlagebeträge über eine gemeinsame Einrichtung abführt und die BA mit dieser ein vereinfachtes Abrechnungsverfahren vereinbart hat. Das war hier nicht der Fall, so daß der Kläger selbst nach § 4 Abs 1 Satz 1 der WBUVO bei einer Zugehörigkeit seines Betriebes zum Kreis der unter § 186a AFG fallenden Betriebe meldepflichtig war. Unterläßt der Arbeitgeber die Meldung in der - unrichtigen - Annahme nicht umlagepflichtig zu sein, so kann er sich bei späterer Feststellung der Umlagepflicht und bei Nachforderungen der Umlage nicht auf Treu und Glauben berufen. Das ergibt sich aus der Eigenart des hierfür entwickelten Verfahrens. Die BA kann ohne entsprechende Meldung den umlagepflichtigen Personenkreis regelmäßig nicht erfassen und damit auch nicht "rechtzeitig die anfallenden Umlagebeträge geltend machen". Hierbei kann offenbleiben, ob sie nicht selbst verpflichtet ist, nach umlagepflichtigen Baubetrieben zu forschen. Jedenfalls ist das Vertrauen des Arbeitgebers dann nicht schutzwürdig, wenn er zwar seine Umlagepflicht nicht positiv kennt, jedoch Anlaß hat zu zweifeln, und die Klärung dieser Zweifel nach den Umständen des Falles von ihm selbst, etwa durch Rückfrage bei der Verwaltung, erwartet werden kann. Das ist dann der Fall, wenn der Arbeitgeber - wie hier - nach der Art der in seinem Betrieb verrichteten Arbeiten mit einer Zugehörigkeit zum Personenkreis der umlagepflichtigen Arbeitgeber rechnen muß (BSG aaO mN). Schließlich verstößt die Nachforderung der Umlage auch nicht deshalb gegen Treu und Glauben, weil der Kläger wegen der Ausschlußfristen der §§ 81 Abs 3 und 88 Abs 2 AFG Leistungen aus der Produktiven Winterbauförderung für die hier streitige Zeit nicht mehr beanspruchen kann. Auch hierzu hat das BSG bereits entschieden (SozR 4100 § 186a Nr 9), daß Förderungsfähigkeit und Umlagepflicht nicht davon abhängen, ob im Einzelfall Leistungen der Produktiven Winterbauförderung in Anspruch genommen werden können. Im Spannungsfeld zwischen Individualäquivalenz und Solidarprinzip nimmt die Umlage der Produktiven Winterbauförderung eine besondere Stellung ein. Sie hat den Zweck, die Bauwirtschaft insgesamt zu fördern (BT-Drucks VI/3261 S 2). Die im Gesetz vorgesehenen unmittelbaren Leistungen dienen dazu, die Bauwirtschaft und die Bauinteressenten in die Lage zu versetzen, ihre Planung mit den geringstmöglichen Störungen durch Wintereinflüsse durchzuführen. Diese mittelbare Förderungswirkung kommt auch denjenigen Bauunternehmern zugute, die zwar ebenfalls mit Witterungseinflüssen rechnen müssen, aber aus Gründen der individuellen Betriebsgestaltung nicht die unmittelbaren Leistungen der Winterbauförderung in Anspruch nehmen können (vgl auch hierzu näher SozR 4100 § 186a Nr 17).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1660585

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