Leitsatz

  1. Ein Mieter ist aus einem Mietvertrag zum Vorsteuerabzug berechtigt, wenn im Mietvertrag die auf das Entgelt für den bestimmten Zeitraum entfallende Mehrwertsteuer betragsmäßig gesondert ausgewiesen ist und die Zahlungsanweisung des Mieters als konkretisierender Zusatzbeleg der Summe aus Entgelt und Mehrwertsteuer entspricht.
  2. Die Steuernummer oder Umsatzsteuer-Identifikationsnummer muss erst in nach dem 1. Januar 2004 abgeschlossenen Mietverträgen angegeben sein.
 

Problematik

Eine Unternehmerin betrieb u.a. einen Catering-Service in gemieteten Räumen. Der Mietvertrag mit dem Vermieter R von Ende 2000 enthält unter Punkt 3 (Mietzins) folgende Regelung: "Der monatliche Netto-Mietzins ohne gesetzliche MWSt beträgt 1.800,- DM. "

Falls der Vermieter zur Mehrwertsteuer optiert, ist die jeweils gültige gesetzliche Mehrwertsteuer zuzüglich zum Mietzins zu bezahlen (16 %, entspricht 288,- DM).

Zu den Nebenkosten war vereinbart: "Auf diese Nebenkosten sind monatliche Vorauszahlungen zu leisten. Diese betragen zurzeit 600,- DM/Monat. Der Vermieter ist berechtigt, diese Vorauszahlungen den tatsächlich entstehenden Betriebskosten anzupassen. Somit errechnet sich die derzeitige Gesamtmiete einschließlich MWSt zu 2.688,- DM."

Für die Streitjahre 2000 bis 2005 machte die Unternehmerin aus dem Mietvertrag pro Monat 370,76 DM (= 189,56 EUR) als abziehbare Vorsteuerbeträge geltend (288,- DM + 82,76 DM aus den monatlichen Nebenkosten von 600,- DM herausgerechnete Umsatzsteuer). Das Finanzamt erkannte den Vorsteuerabzug mangels eindeutigen offenen Ausweises der Steuerbeträge nicht an. Die nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage hatte Erfolg.

 

Entscheidung des Finanzgerichts

Das Finanzgericht (FG) erkannte der Unternehmerin ein Recht auf Vorsteuerabzug i.H.v. monatlich 288,- DM (= 147,25 EUR) aus dem Mietvertrag zu. Dem stand auch nicht die ab 1. Januar 2004 geltende Fassung des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG entgegen, derzufolge der Abzug der gesetzlich geschuldeten Steuer für die empfangenen Leistungen voraussetzt, dass der Unternehmer eine nach den §§ 14, 14a UStG ausgestellte Rechnung besitzt (Ausübungsvoraussetzung).

Das FG beurteilte den Mietvertrag von Ende 2000 im Zusammenhang mit den Überweisungsbelegen über monatliche Zahlungen an den Vermieter i.H.v. 2.688,- DM bzw. 1.374,35 EUR als ein hinreichend eindeutiges und klares Abrechnungspapier. Ferner kam es zum Ergebnis, dass der Vermieter in Höhe der Kaltmiete von 1.800,- DM wirksam auf die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 12 UStG verzichtet hatte (§ 9 Abs. 1 UStG,Option zur Umsatzsteuer).

Dazu führte es aus: Auch wenn in § 3 Abs. 1 des Mietvertrags zunächst nur geregelt war, dass die 16 % Mehrwertsteuer i.H.v. 288,- DM nur dann zuzüglich zum Mietzins i.H.v. 1.800,- DM zu zahlen sind, "falls der Vermieter zur Mehrwertsteuer optiert", war dann in § 3 Abs. 3 des Mietvertrags aber vereinbart, dass sich, unter Berücksichtigung von Nebenkosten i.H.v. 600 DM/Monat somit die derzeitige Gesamtmiete einschließlich Mehrwertsteuer zu 2.688,- DM errechnet. Der Vermieter hat damit den Umsatz aus dem Mietvertrag i.H.v. 1.800,- DM als steuerpflichtig behandelt und gemäß § 9 Abs. 1 UStG auf die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 12 UStG verzichtet. Als Bestätigung wurde gewertet, dass der Mietvertrag für den Fall, dass der Vermieter nicht auf die Steuerbefreiung verzichten wollte, keine alternative Mietzinsvereinbarung enthielt, und dass die Unternehmerin die monatliche Miete zuzüglich der Mehrwertsteuer i.H.v. 288,- DM entrichtete, ohne dass sich der Vermieter dem widersetzte.

Das FG hob hervor, dass der Vorsteuerabzug auch nicht daran scheitert, dass im Mietvertrag aus dem Jahr 2000 keine Steuernummer oder Umsatzsteuer-Identifikationsnummer angegeben ist, wie sie seit dem 1.1.2004 Rechnungsbestandteil ist. Das entspricht BMF-Schreiben aus den Jahren 2002 und 2003[1]. Zudem stützte sich das FG für die Zeit nach dem 1. Januar 2004 auf ein weiteres BMF-Schreiben aus dem Jahr 2004[2], demzufolge es bei Verträgen über Dauerleistungen – wie vorliegend bei einem Mietvertrag – unschädlich ist, wenn vor diesem Zeitpunkt geschlossene Verträge entgegen § 14 Abs. 4 Nr. 2 UStG keine Steuernummer oder Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des leistenden Unternehmers enthalten. Es ist weder erforderlich, diese Verträge um die Steuernummer oder die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer zu ergänzen noch auf den Zahlungsbelegen die Steuernummer oder die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des leistenden Unternehmers anzugeben.

 

Konsequenzen für die Praxis

Das Urteil bestätigt insgesamt die aufgrund der herangezogenen BMF-Schreiben beruhigende Verwaltungspraxis, dass sog. "Altverträge", die die vor dem 1.1.2004 geltenden Voraussetzungen als Rechnung für den Vorsteuerabzug gem. § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG erfüllten, auch für die Zeit danach diese umsatzsteuerrechtliche Wirkung beibehalten. Bei Dauerschuldverhältnissen, wie etwa bei Miet- und Pachtverhältnissen mit Vereinbarung eines monatlichen Entgelts zuzüglich USt, ergeben sic...

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