A. Überblick

 

Rn. 1

Stand: EL 31 – ET: 01/2021

§ 260 ist identisch mit dem früheren § 47 (i. d. F. vom 10.05.1897 (RGBl. 1897, S. 229)), der im Zuge des sog. Bilanzrichtlinien-Gesetzes (BiRiLiG) vom 19.12.1985 (BGBl. I 1985, S. 2355ff.) in den Dritten Unterabschnitt "Aufbewahrung und Vorlage" übernommen wurde. Dabei ist lediglich die Überschrift ergänzt worden, weshalb der Gesetzeswortlaut seit 1897 unverändert fortbesteht. Inhaltlich war § 47 in der o. g. Fassung dabei Art. 40 ADHGB 1869 entlehnt.

 

Rn. 2

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Die Vorschrift des § 260 ermöglicht es dem Gericht, die Vorlage der Handelsbücher anzuordnen. Voraussetzungen dafür sind, dass

 

Rn. 3

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Die Norm des § 260 steht zwar im Zusammenhang mit den §§ 258f., qualifiziert sich indes als lex specialis für Vermögensauseinandersetzungen. Sie erweitert die Bestimmungen derart, dass unter die entsprechenden Gerichtsverfahren nicht nur bürgerlich-rechtliche Streitigkeiten vermögensrechtlicher Art, sondern auch Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit zu subsumieren sind (vgl. HdR-E, HGB § 260, Rn. 5). Ferner obliegt das Einsichtsrecht der Beteiligten – im Gegensatz zu den Regelungen des § 259 (vgl. HdR-E, HGB § 260, Rn. 1ff.) – keiner Restriktion bezüglich des Umfangs; vielmehr kann vom ganzen Inhalt der Handelsbücher Kenntnis genommen werden.

 

Rn. 4

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Ziel bzw. Zweck der Vorschrift ist es, in Verfahren, in denen eine zutreffende Ermittlung der Vermögensverhältnisse des Kaufmanns entscheidend ist, die relevanten Handelsbücher vollständig – kontrastierend zur Norm des § 259 – heranzuziehen und damit die Vermögensverhältnisse des Kaufmanns zu bestimmen (vgl. Bonner HGB-Komm. (2020), § 260, Rn. 1; Haufe HGB-Komm. (2020), § 260, Rn. 1, 4).

B. Anwendungsbereich

 

Rn. 5

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§ 260 besitzt Gültigkeit für Gerichtsverfahren, deren Gegenstand eine Vermögensauseinandersetzung ist. Wird eine (regelmäßig vielschichtige) Vermögensansammlung unter mehreren Personen aufgeteilt (unabhängig davon, ob die Aufteilung unmittelbar real über das Vermögen oder mittelbar über eine Abfindung erfolgt), liegt eine Vermögensauseinandersetzung vor. Bei den betroffenen Gerichtsverfahren kann es sich neben bürgerlich-rechtlichen Streitigkeiten, in denen das nach der ZPO bestimmte Gericht zuständig ist, nach im Übrigen nicht unbestrittener Ansicht (vgl. etwa Staub: HGB (2014), § 260, Rn. 2) auch um Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit handeln (vgl. Haufe HGB-Komm. (2020), § 260, Rn. 3, m. w. N.; die Vorschriften zur freiwilligen Gerichtsbarkeit sind seit dem Inkrafttreten des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) zum 01.09.2009 nicht mehr im Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FGG) kodifiziert, sondern als Teilbereich im FamFG geregelt). Relevant sind hier u. a. die angeordnete Auseinandersetzung bei Gütergemeinschaften nach § 373 FamFG sowie die Vorschriften zu Nachlassstreitigkeiten gemäß den §§ 363ff. FamFG.

Als entsprechende (typische) Beispiele für Vermögensauseinandersetzungen werden gesetzesseitig "Erbschafts-, Gütergemeinschafts- und Gesellschaftsteilungssachen" (explizit) genannt. Durch das Wort "insbesondere" verdeutlicht der Gesetzgeber, dass es sich hierbei nicht um eine abschließende Aufzählung handelt. Vorstellbar sind gleichermaßen etwa Verfahren bezüglich des Gewinnausgleichs, der Aufhebung einer Bruchteilsgemeinschaft oder die Auseinandersetzung einer stillen Gesellschaft.

 

Rn. 6

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Darüber hinaus ist Voraussetzung der Vorlegeanordnung gemäß § 260, dass ein vollkaufmännisches UN der oder ein Gegenstand der Vermögensauseinandersetzung ist. Soweit allerdings nur eine Beteiligung an einem solchen UN Gegenstand der Auseinandersetzung ist, kann die Vorlegeanordnung und Kenntnisnahme nur unter Berücksichtigung der den Gesellschaftern gesetzlich (vgl. §§ 118, 166; §§ 131, 175 Abs. 2 AktG; § 51a GmbHG) oder vertraglich eingeräumten Einsichtsrechten erfolgen. Nichtkaufmännische Handelsgewerbe i. S. v. § 1 Abs. 2 fallen ebenso wie solche UN, die das Wahlrecht nach § 241a in Anspruch nehmen, aus dem Anwendungsbereich des § 260 heraus.

C. Recht und Umfang der Einsichtnahme

 

Rn. 7

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Die Vorlage der Handelsbücher erfolgt auf Beschluss des Gerichts. Dies kann entweder auf Antrag eines Beteiligten oder nach Ermessen des Gerichts von Amts wegen angeordnet werden (vgl. ADS (1995), § 260, Rn. 5; Beck Bil-Komm. (2020), § 260 HGB, Rn. 3).

 

Rn. 8

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Die Vorlage bezieht sich auf die vollständigen Handelsbücher und unterliegt damit nicht den Beschränkungen des § 259 (vgl. HdR-E, HGB § 259, Rn. 5f.). Das Geheimhaltungsinteresse des Kaufmanns wird in den Verfahren nach § 260 folglich als nachrangig deklas...

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