Leitsätze (amtlich)

  1. Die Gewährung von Beherbergung, Beköstigung usw. ist nur dann gemäß § 4 Nr. 23 UStG steuerfrei, wenn dem Unternehmer selbst die Erziehung, Ausbildung oder Fortbildung der aufgenommenen Jugendlichen obliegen. Er muss die Erziehungs-, Ausbildungs- oder Fortbildungszwecke zwar nicht allein verfolgen; es reicht aber auch nicht aus, dass sie lediglich von einem Dritten verfolgt werden (Abgrenzung gegenüber Abschn. 117 Abs. 2 Satz 1 UStR).
  2. Der Unternehmer, der Jugendliche für Erziehungszwecke bei sich aufnimmt, muss eine Einrichtung auf dem Gebiet der Kinder- und Jugendbetreuung oder der Kinder- und Jugenderziehung i.S. des Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. h oder i der Richtlinie 77/388/EWG unterhalten.
 

Sachverhalt

Der Kläger betrieb eine Gastwirtschaft und Fremdenpension, die hauptsächlich mit Schulklassen sowie Kinder- und Jugendgruppen belegt war. Die Schulklassen wurden von Lehrern, die übrigen Kinder- und Jugendgruppen von Pädagogen verschiedener Organisationen, z.B. Lebenshilfe Werkstatt für Behinderte GmbH, Stadtjugendamt E., Caritasverband, betreut. Der Aufenthalt dauerte regelmäßig vier bis fünf Tage. Neben diesen Gruppen nahm der Kläger auch Pensionsgäste auf. In seiner USt-Erklärung für das Streitjahr 1991 behandelte der Kläger die mit der Unterbringung der Jugendlichen zusammenhängenden Umsätze (brutto ca. 117 000 DM) als steuerfrei. Dem folgte das Finanzamt nicht. Klage[1] und Revision des Klägers blieben erfolglos.

 

Entscheidungsgründe

Die Leistungen des Klägers sind nicht nach § 4 Nr. 23 UStG steuerfrei. Nach dieser Vorschrift sind steuerfrei die Beherbergung, Beköstigung sowie übliche Naturalleistungen durch Personen und Einrichtungen, wenn sie überwiegend Jugendliche für Erziehungs-, Ausbildungsoder Fortbildungszwecke bei sich aufnehmen, soweit die Leistungen an die Jugendlichen oder an die bei ihrer Erziehung, Ausbildung, Fortbildung oder Pflege tätigen Personen ausgeführt werden. Jugendliche i.S. dieser Vorschrift sind alle Personen vor Vollendung des 27. Lebensjahres. Der Unternehmer, der die Steuerfreiheit nach § 4 Nr. 23 UStG in Anspruch nimmt, muss die aus der Aufnahme zu den Erziehungs-, Ausbildungsoder Fortbildungszwecken folgenden Betreuungs- und Pflegeleistungen selbst erbringen[2]. Das Merkmal "überwiegend Personen für Erziehungszwecke bei sich aufnehmen" ist nur dann erfüllt, wenn der Unternehmer bewusst oder planmäßig auf die aufgenommenen Personen erzieherisch einwirken will und einwirkt[3]. Er muss die Erziehungs-, Ausbildungs- oder Fortbildungszwecke zwar nicht allein verfolgen; es reicht aber auch nicht aus, dass sie lediglich von einem Dritten verfolgt werden. Soweit sich aus Abschn. 117 Abs. 2 Satz 1 UStR 2000 etwas anderes ergeben sollte, folgt der Senat dem nicht. Der Kläger hat die Jugendlichen nicht für die begünstigten Zwecke bei sich aufgenommen. Als begünstigter Zweck kommt im Streitfall allenfalls die Erziehung der Jugendlichen in Betracht. Selbst wenn die Aufenthalte der Jugendlichen beim Kläger ihrer Erziehung dienten, hat der Kläger die Jugendlichen nicht zu diesem Zweck bei sich aufgenommen. Träger eventueller Erziehungsmaßnahmen war nicht der Kläger, sondern waren allenfalls die eingangs genannten Organisationen, die die Jugendlichen betreuten. Die Leistungen des Klägers bestanden in der Unterbringung und Verköstigung der Jugendlichen; selbst wenn er sich darüber hinaus wie ein Jugendherbergsvater um die Jugendlichen kümmerte, war dies doch nicht Gegenstand der Leistungen, für die er bezahlt wurde und um deren Besteuerung es hier geht.

Die Rechtsprechung des Senats zu § 4 Nr. 23 UStG steht im Einklang mit den Befreiungsvorschriften des Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. h oder i der Richtlinie 77/388/EWG.

 

Link zur Entscheidung

BFH vom 28.9.2000 – V R 26/99

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