Leitsatz

  1. Werden bislang zum Anlagevermögen eines (ruhenden) Gewerbebetriebs gehörende gewerblich genutzte Räume in Eigentumswohnungen umgebaut, um diese anschließend zu veräußern, so gehen sie zum Buchwert aus dem Betriebsvermögen des (ruhenden) Gewerbebetriebs in das Umlaufvermögen eines gewerblichen Grundstückshandels über.
  2. Veräußert der Steuerpflichtige ein seit seiner Anschaffung oder Errichtung zu eigenen Wohnzwecken genutztes Immobilienobjekt und beruht diese Veräußerung auf offensichtlichen Sachzwängen (z.B. einer nicht vorhergesehenen finanziellen Notlage), so kann dieses Objekt in der Regel auch dann nicht in einen gewerblichen Grundstückshandel einbezogen werden, wenn die Zeitspanne zwischen Erwerb (Errichtung) und Verkauf weniger als fünf Jahre beträgt.
 

Sachverhalt

Der nichtselbstständig tätige Richtmeister erwarb 1985 ein Grundstück in B und baute die bisher gewerblich genutzten Räume im Erdgeschoss des Gebäudes zu einer Gaststätte mit Imbiss und Sauna um, die er zunächst selbst sowie von 1987 bis 1990 im Wege der Verpachtung – ohne Betriebsaufgabe – betrieb. Die Wohnung im Obergeschoss richtete er für eigene Wohnzwecke her. Im Dachgeschoss schuf er zwei neue Wohneinheiten. 1990 baute er die bislang gewerblich genutzten Räume im Erdgeschoss in zwei Wohnungen um und erklärte zum 31.12.1990 die Aufgabe seines (ruhenden) Gewerbebetriebs. Den Aufgabegewinn ermittelte er unter Ansatz von Verkehrswerten von 180 000 DM für die Gaststätte und von 160 000 DM für die Sauna. Wegen finanzieller Schwierigkeiten beantragte er Abgeschlossenheitsbescheinigungen für die Wohnungen, teilte sie gemäß WEG auf und veräußerte im Streitjahr 1990 beide Dachgeschosswohnungen, die eigengenutzte Wohnung im Obergeschoss sowie eine der Erdgeschosswohnungen. In den Folgejahren veräußerte er die zweite Erdgeschosswohnung (1991) und das 1990 erworbene, eigengenutzte Einfamilienhaus- Grundstück in K (1993). Das Finanzamt verneinte für 1990 das Vorliegen eines – im Streitfall zu negativen Einkünften führenden – gewerblichen Grundstückshandels; die dagegen erhobene Klage wies das FG ab.

 

Entscheidung

Der BFH hat die Sache zur weiteren Aufklärung zurückverwiesen, ob der Steuerpflichtige mehr als drei Immobilienobjekte innerhalb eines Zeitraums von fünf Jahren erworben sowie veräußert und damit einen gewerblichen Grundstückshandel mit der Folge betrieben hat, dass der insoweit erzielte Verlust steuermindernd zu berücksichtigen ist. Zunächst sind die beiden vom Kläger neu errichteten Dachgeschosswohnungen ungeachtet der geringfügig überschrittenen Fünf-Jahresgrenze[1] Zählobjekte des gewerblichen Grundstückshandels, selbst wenn insoweit ein Veräußerungsverlust entstanden sein sollte[2]. Ebenso sind die beiden nach Umbau an Stelle der früheren Gewerberäume errichteten Wohnungen im Erdgeschoss als Zählobjekte eines gewerblichen Grundstückshandels zu berücksichtigen, weil der Umbau der früheren Betriebsräume in zwei Wohnungen unumkehrbar eine Fortführung des früheren Gewerbebetriebs unmöglich gemacht und damit zwangsläufig zu einer "Betriebsaufgabe" geführt hat[3]. Bei Vorliegen weiterer Objekte, die insgesamt zur Annahme eines gewerblichen Grundstückshandels führen, sind die von Anfang an zur (sofortigen) Veräußerung bestimmten Wohnungen zum Buchwert aus dem Betriebsvermögen des ruhenden Gewerbebetriebs in das Umlaufvermögen des gewerblichen Grundstückshandels überführt worden[4]. Dagegen kann die während der gesamten Haltefrist selbstgenutzte und für eigene Wohnbedürfnisse hergerichtete Obergeschosswohnung nicht in einen gewerblichen Grundstückshandel einbezogen werden, weil eigengenutzte Wohnobjekte – von besonders gelagerten Ausnahmefällen abgesehen[5] – zumnotwendigen Privatvermögen und nicht zum (notwendigen oder gewillkürten) Betriebsvermögen gehören. Ob dies auch für das 1990 erworbene und zu eigenen Wohnzwecken genutzte Einfamilienhaus gilt, kann nach Auffassung des BFH nicht allein wegen der nur 2½ Jahre dauernden Eigennutzung – insbesondere bei vom FG noch aufzuklärenden "offensichtlichen Sachzwängen" – verneint werden.

 

Praxishinweis

Offensichtliche Sachzwänge, die einen Verkauf veranlassen und trotz Überschreitens der Drei-Objekt-Grenze gegen einen gewerblichen Grundstückshandel sprechen, bejaht die Rechtsprechung u. a. bei beruflich bedingten örtlichen Veränderungen, dem Umzug in eine näher am Arbeitsplatz gelegene Wohnung, größerem Platzbedarf durch Familienzuwachs, Trennung der Eheleute oder anderen plausiblen Gründen, z.B. einer nicht vorhergesehenen finanziellen Notlage[6].

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 18.09.2002, X R 28/00

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