Gesetzestext

 

(1) Dem Beklagten, welcher dem geltend gemachten Anspruch widersprochen hat, ist in allen Fällen, in denen er verurteilt wird, die Ausführung seiner Rechte vorzubehalten.

(2) Enthält das Urteil keinen Vorbehalt, so kann die Ergänzung des Urteils nach der Vorschrift des § 321 beantragt werden.

(3) Das Urteil, das unter Vorbehalt der Rechte ergeht, ist für die Rechtsmittel und die Zwangsvollstreckung als Endurteil anzusehen.

A. Bedeutung.

 

Rn 1

Während § 597 sich nur mit der Klageabweisung befasst, betrifft § 599 allein die Verurteilung des Bekl. Diese erfolgt uneingeschränkt nur dann, wenn der Bekl dem Klageanspruch nicht widersprochen hat, ansonsten mit dem in Abs 1 bestimmten Vorbehalt. Das ist die Konsequenz der Beschränkung des Bekl in seiner Beweisführung (§ 595 II); der Rechtsstreit bleibt im Nachverfahren anhängig (§ 600), wo der Bekl sich nun umfassend verteidigen kann.

B. Widerspruch.

I. Erklärung.

1. Inhalt.

 

Rn 2

Die Verurteilung des Bekl erfolgt dann nur unter Vorbehalt der Ausführung seiner Rechte, wenn er dem Klageanspruch widersprochen hat. An den Widerspruch sind keine besonderen Anforderungen zu stellen; schon ein Abweisungsantrag reicht aus. Insbesondere braucht der Widerspruch nicht begründet zu werden (BGHZ 82, 115, 119); erst recht kommt es auf die Schlüssigkeit einer etwaigen Begründung nicht an. Ein Widerspruch liegt auch vor, wenn der Bekl lediglich geltend macht, bloß Zug um Zug oder unter Vorbehalt der beschränkten Erbenhaftung verurteilt werden zu können. Setzt er sich mit diesem Einwand aber durch, fehlt es an einem weitergehenden Widerspruch, so dass kein Vorbehaltsurteil gem § 599 I ergehen kann (Musielak/Voit § 599 Rz 5).

2. Vorbehaltsanerkenntnis.

 

Rn 3

Um Kosten zu sparen, erkennt der Bekl, der sich mit den Mitteln des Urkundenprozesses nicht verteidigen kann, den Klageanspruch häufig unter dem Vorbehalt der Ausführung seiner Rechte im Nachverfahren an (die Gebührenermäßigung nach Nr 1211 KV GKG ist allerdings umstr; dafür Hamburg OLGR 04, 456; St/J/Berger Vor § 592 Rz 7; dagegen Jena, Beschl v 20.8.12, 9 W 381/12). Damit liegen ein Widerspruch und gleichzeitig ein auf den Urkundenprozess beschränktes Anerkenntnis vor. Die Ansicht, dass auf dieser Grundlage das Vorbehaltsurteil als Anerkenntnisvorbehaltsurteil ergehen kann, hat sich in der Praxis weitgehend durchgesetzt (Kobl MDR 56, 560 f [OLG Koblenz 25.05.1956 - 5 W 189/56]; Karlsr OLGR 04, 200; Schlesw OLGR 05, 136; Hamm 16.9.05 – 30 U 78/04; offen lassend BGH WM 92, 159, 161 [BGH 24.10.1991 - IX ZR 18/91]) und ist auch in der Lehre herrschend (ua MüKoZPO/Braun/Heiß § 599 Rz 5; St/J/Berger § 599 Rz 4; aA etwa Kleinwächter NJW 57, 737f). Für die hM streiten der Wille des historischen Gesetzgebers, der Zweck des Anerkenntnisses gem § 307, ein Urt allein auf dessen Grundlage zu ermöglichen, sowie die Dispositionsbefugnis der Parteien und die Prozessökonomie. Das Anerkenntnis unter Vorbehalt ist zwar ein eingeschränktes Anerkenntnis, was seiner Eignung als Urteilsgrundlage aber nicht entgegensteht. Das Anerkenntnisvorbehaltsurteil ist daher zulässig. § 93 findet allerdings keine Anwendung.

3. Zeitpunkt.

 

Rn 4

Der Widerspruch muss (außer beim schriftlichen Verfahren) in der mündlichen Verhandlung erhoben werden (§ 128 I). Er ist jederzeit widerruflich. Ein Widerspruch in einer früheren mündlichen Verhandlung reicht gem § 332 nicht aus (Wieczorek/Schütze/Olzen § 599 Rz 11; Zö/Greger § 599 Rz 6; aA Naumbg MDR 94, 1246; Musielak/Voit § 599 Rz 4).

II. Fehlender Widerspruch.

 

Rn 5

An einem Widerspruch fehlt es bei Säumnis und bei vorbehaltlosem Anerkenntnis des Bekl; die Verurteilung des Bekl erfolgt dann ohne Vorbehalt. Bei Säumnis des Bekl im letzten Termin zur mündlichen Verhandlung ergeht auch dann ein normales Versäumnisurteil (und kein Versäumnisvorbehaltsurteil), wenn der Bekl schriftsätzlich oder in einem früheren Termin dem Anspruch widersprochen hat (vgl Rn 4). Ein vorbehaltloses Anerkenntnis liegt auch dann vor, wenn der Bekl sich nur gegen die Kosten verwahrt. Deshalb und aus Gründen der Prozessökonomie erfolgt dann auch eine Kostenverurteilung des Bekl nicht etwa unter Vorbehalt; vielmehr wird (neben dem Teilanerkenntnisurteil über die Hauptsache) eine isolierte vorbehaltlose Kostenentscheidung getroffen, für die die Beweismittelbeschränkungen entfallen (Karlsr OLGZ 86, 124; Zö/Greger § 599 Rz 7).

III. Erledigung.

 

Rn 6

Bei beiderseitiger Erledigungserklärung ist über die Kosten durch Beschl gem § 91a zu entscheiden, und zwar stets ohne Vorbehalt und ohne Beweismittelbeschränkungen im Falle einer etwaigen Beweisaufnahme (München 27.4.07 – 20 U 1522/07; Musielak/Voit § 595 Rz 7; aA Wieczorek/Schütze/Olzen § 596 Rz 24; Zö/Greger § 596 Rz 12; St/J/Berger § 596 Rz 6). Bei einseitiger Erledigungserklärung wird wegen der Klageänderung in eine Feststellungsklage der Urkundenprozess gem § 592 unstatthaft (Musielak/Voit § 595 Rz 7; aA Göppinger ZZP 70, 221, 225 f [BGH 21.05.1969 - VIII ZR 141/67]; Wieczorek/Schütze/Olzen § 596 Rz 25).

C. Vorbehaltsurteil.

I. Ausspruch.

 

Rn 7

Bei Erlass eines Vorbehaltsurteils ist der Vorbehalt in die Urteilsformel aufzunehmen (BGH NJW 81, 393, 394 [BGH 29.10.1980 - IVb ZR 551/80])...

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