Gesetzestext

 

(1) Bei den Amtsgerichten werden Abteilungen für Familiensachen (Familiengerichte) gebildet.

(2) 1Werden mehrere Abteilungen für Familiensachen gebildet, so sollen alle Familiensachen, die denselben Personenkreis betreffen, derselben Abteilung zugewiesen werden. 2Wird eine Ehesache rechtshängig, während eine andere Familiensache, die denselben Personenkreis oder ein gemeinschaftliches Kind der Ehegatten betrifft, bei einer anderen Abteilung im ersten Rechtszug anhängig ist, ist diese von Amts wegen an die Abteilung der Ehesache abzugeben. 3Wird bei einer Abteilung ein Antrag in einem Verfahren nach den §§ 10 bis 12 des Internationalen Familienrechtsverfahrensgesetzes vom 26. Januar 2005 (BGBl. I S. 162) anhängig, während eine Familiensache, die dasselbe Kind betrifft, bei einer anderen Abteilung im ersten Rechtszug anhängig ist, ist diese von Amts wegen an die erstgenannte Abteilung abzugeben; dies gilt nicht, wenn der Antrag offensichtlich unzulässig ist. 4Auf übereinstimmenden Antrag beider Elternteile sind die Regelungen des Satzes 3 auch auf andere Familiensachen anzuwenden, an denen diese beteiligt sind.

(3) Die Abteilungen für Familiensachen werden mit Familienrichtern besetzt. Ein Richter auf Probe darf im ersten Jahr nach seiner Ernennung Geschäfte des Familienrichters nicht wahrnehmen.

A. Vorbemerkung.

I. Neuregelung.

 

Rn 1

§ 23b GVG betrifft die funktionale Zuständigkeit für Familiensachen iSd § 111 FamFG. Die Vorschrift schließt aber anderweitige Regelungen der funktionalen Zuständigkeit, wie bspw im internationalen Familienrechtsverfahrensgesetz (IntFamRVG), nicht aus, denn das GVG regelt die funktionale Zuständigkeit der Gerichte nicht abschließend (BTDrs 16/6308, 319).

II. Familiengerichte.

 

Rn 2

Die verfassungsrechtlich unbedenkliche Vorschrift (BVerfG NJW 80, 692, 697 [BVerfG 28.02.1980 - 1 BvL 17/77] zur Vorgängerregelung) ordnet gerichtsorganisatorisch an, dass bei allen Amtsgerichten, vorbehaltlich einer Konzentrationsregelung nach § 23d, mindestens eine Abteilung für Familiensachen einzurichten ist; Rechtsmittelgericht ist insoweit gem § 119 I Nr 1a das OLG. Die Zuständigkeit des FamG für Familiensachen ist zwingend. Damit bleibt den Präsidien nur die Entscheidung über die Anzahl und die Besetzung dieser Spezialspruchkörper. Ob eine Abteilung für Familiensachen eingerichtet werden soll und welche Aufgaben diese zu übernehmen hat, ist der Regelungsbefugnis des Präsidiums entzogen (BGH NJW 78, 1531, 1532 [BGH 03.05.1978 - IV ARZ 26/78]). Nach der früheren Gesetzesfassung (§ 23b II aF) konnte das Präsidium zwar grds die Zahl der zu bildenden Familienabteilungen bestimmen. § 23b II S 1 aF sah jedoch insofern eine zahlenmäßige Beschränkung vor, wonach eine weitere Familienabteilung nur dann gebildet werden durfte, wenn die bestehenden Familienabteilungen mit Familiensachen ausgelastet waren. Nach dem Wortlaut des Gesetzes besteht diese Einschränkung nicht mehr (gleichwohl an der früheren Regelung festhaltend MüKoBGB/Zimmermann Rz 4). Bei nicht vollständiger Auslastung mit Familiensachen kann das Präsidium dem Familienrichter im Geschäftsverteilungsplan auch andere Geschäfte übertragen (Musielak/Voit/Wittschier Rz 3, einschr: Kissel/Mayer Rz 12); er wird dann insoweit nicht als Familienrichter tätig. Werden mehrere Abteilungen für Familiensachen am selben AG gebildet, soll der Geschäftsverteilungsplan gem Abs 2 S 1 sicherstellen, dass Familiensachen, die dieselben Personen betreffen, demselben Spruchkörper zugewiesen werden, zB durch eine Verteilung anhand der Anfangsbuchstaben.

B. Mehrere Abteilungen für Familiensachen (Abs 2).

 

Rn 3

§ 23b II regelt die gerichtsinterne Zuständigkeit der Abteilungen für Familiensachen. Kompetenzkonflikte innerhalb des Gerichts kann das Präsidium bei einem Zuständigkeitsstreit zwischen zwei Familienrichtern nur dann entscheiden, wenn es um die Frage geht, wer von beiden für die umstrittene Familiensache nach dem Geschäftsverteilungsplan zuständig ist (Kissel/Mayer Rz 19). Ist demgegenüber streitig, ob überhaupt eine Familiensache vorliegt, betrifft der Streit den gesetzlich geregelten Teil der Geschäftsverteilung und ist damit der Entscheidung durch das Präsidium entzogen. Nach hM ist dieser Streit analog § 5 I Nr 5 FamFG, §§ 36 I Nr 6, 37 ZPO zu klären (BGH NJW 78, 1531; 81, 126; Rostock FamRZ 04, 956; St/J/Jacobs Rz 4).

I. Verhältnis der Familiengerichte des Amtsgerichts untereinander.

 

Rn 4

Das Verhältnis der Familienabteilungen desselben Gerichts untereinander hat in Abs 2 eine besondere Ausprägung erfahren. Die Vorschrift enthält abgestufte Zuständigkeitsregelungen. Grundsätzlich ist für Familiensachen, die denselben Personenkreis betreffen, dieselbe Familienabteilung des Gerichts zuständig. Wird eine Ehesache (vgl § 111 Nr 1 FamFG) rechtshängig, sind bereits anhängige Familiensachen, die die Ehegatten oder ein gemeinschaftliches Kind betreffen, vAw an die Abteilung der Ehesache abzugeben (Abs 2 S 2). Es gilt also der Vorrang der Ehesache vor der sonstigen Familiensache. Abs 2 S 3 trifft eine besondere Zuständigkeitsregelung für den (seltenen) Fall, dass ein Verfahren nach dem Europäischen Sorgerechtsübereinkommen oder dem Haager Kinde...

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