A. Einführung

 

Rn. 1

Stand: EL 31 – ET: 01/2021

§ 173 AktG regelt die subsidiäre (vgl. so AktG-GroßKomm. (2006), § 173, Rn. 2) Zuständigkeit der HV hinsichtlich der Feststellung des JA bzw. Billigung des KA in den Fällen, in denen der AR den vom Vorstand vorgelegten JA bzw. KA nicht gebilligt hat, oder wenn Vorstand und AR die Feststellung des JA bzw. Billigung des KA ausdrücklich der HV überlassen haben. Im ersten Fall stellt die Regelung insofern eine "Notkompetenz" für denjenigen Fall dar, dass sich AR und Vorstand nicht über den JA bzw. KA einigen konnten (vgl. Hüffer-AktG (2020), § 173, Rn. 1). Hier entscheidet dann folgerichtig das letzte verbleibende Gesellschaftsorgan, die Einschaltung einer gesellschaftsfremden Stelle wäre mit dem System einer sich selbst verwaltenden AG (KGaA bzw. SE) nicht vereinbar (vgl. so MünchKomm. AktG (1973), § 173, Rn. 3). Beide genannten Fälle haben in der Praxis kaum Bedeutung, insbesondere nicht bei Publikumsgesellschaften ohne Großaktionär (vgl. ADS (1997), § 173 AktG, Rn. 1; AktG-GroßKomm. (2006), § 173, Rn. 2).

 

Rn. 2

Stand: EL 31 – ET: 01/2021

Die Regelung des § 173 AktG ist nicht abschließend. Für die Feststellung des JA ist die HV auch in nachstehenden Sonderfällen zuständig:

(1) bei rückwirkender Kap.-Herabsetzung (vgl. § 234 Abs. 2 AktG);
(2) nach der Auflösung (vgl. § 270 Abs. 2 AktG); oder
(3) mit Zustimmung der persönlich haftenden Gesellschafter bei einer KGaA (vgl. § 286 Abs. 1 AktG).

B. Feststellung des Jahresabschlusses durch die Hauptversammlung (§ 173 Abs. 1 Satz 1 AktG)

I. Zuständigkeit der Hauptversammlung infolge Übertragungsbeschlusses durch Vorstand und Aufsichtsrat

 

Rn. 3

Stand: EL 31 – ET: 01/2021

Der erste Fall, für den § 173 Abs. 1 Satz 1 (1. Alternative) AktG die Möglichkeit der Feststellung des JA durch die HV vorsieht, ist bei Vorliegen eines Übertragungsbeschlusses durch Vorstand und AR gegeben. Da das Gesetz keinen gemeinsamen Beschluss von Vorstand und AR kennt, ist Voraussetzung für die wirksame Übertragung, dass beide Organe einen gleichlautenden Beschluss fassen (vgl. so ADS (1997), § 173 AktG, Rn. 8). Mit der Übertragung der Zuständigkeit ist ein Ausnahmefall des § 172 Satz 1 AktG realisiert, in welchem grds. die Feststellung des JA durch Vorstand und AR vorgeschrieben wird.

 

Rn. 4

Stand: EL 31 – ET: 01/2021

Nach h. M. kann die Beschlussfassung durch Vorstand und AR grds. nur für ein GJ erfolgen. Demgemäß ist es nicht zulässig, einen allg. Übertragungsbeschluss für die Dauer mehrerer GJ zu fassen oder eine Satzungsbestimmung aufzunehmen, nach der die Zuständigkeit für die Feststellung des JA grds. auf die HV übertragen wird (vgl. HdR-E, AktG § 172, Rn. 7). Es existiert lediglich eine "derivative Kompetenz" zur Feststellung, welche die grds. Zuständigkeit der Verwaltung nicht beseitigen kann (vgl. AktG-GroßKomm. (2006), § 173, Rn. 6; zustimmend auch ADS (1997), § 173 AktG, Rn. 11; KK-AktG (1991), § 173, Rn. 5).

 

Rn. 5

Stand: EL 31 – ET: 01/2021

Eine Bindung an den Beschluss von AR und Vorstand zur Übertragung der Feststellung des JA tritt nach § 175 Abs. 4 AktG mit der Einberufung der HV ein (vgl. HdR-E, AktG § 175, Rn. 15; AktG-GroßKomm. (2006), § 173 AktG, Rn. 7). Mit der Einberufung ist die Zuständigkeitsübertragung endgültig, selbst wenn später Schwierigkeiten mit der Beschlussfassung über die Feststellung auftreten sollten (vgl. ADS (1997), § 173 AktG, Rn. 10; AktG-GroßKomm. (2006), § 173, Rn. 7; KK-AktG (1991), § 173, Rn. 6).

II. Zuständigkeit der Hauptversammlung aufgrund Nichtbilligung des Aufsichtsrats

 

Rn. 6

Stand: EL 31 – ET: 01/2021

Der zweite Fall des § 173 Abs. 1 Satz 1 (2. Alternative) AktG betrifft die Zuständigkeit der HV aufgrund der Nichtbilligung des JA durch den AR. Hierbei kann es sich zum einen um die ausdrückliche Missbilligung des JA durch den AR und zum anderen um die Nichtäußerung oder nicht fristgemäße Äußerung des AR zur Billigung des JA handeln. In beiden Fällen kommt der HV eine "Notkompetenz" zu (vgl. Hüffer-AktG (2020), § 173, Rn. 1).

 

Rn. 7

Stand: EL 31 – ET: 01/2021

Eine ausdrückliche Missbilligung des JA durch den AR ergibt sich durch eine negative Schlusserklärung (vgl. so Hüffer-AktG (2020), § 173, Rn. 2) i. S. d. § 171 Abs. 2 Satz 4 AktG, mit der der AR zu erklären hat, dass er den vom Vorstand aufgestellten JA nicht billigt. In diesen Fällen kommt der HV die Grundlagenkompetenz zu (vgl. AktG-GroßKomm. (2006), § 173, Rn. 8). Nur die ausdrückliche Nichtbilligung des JA führt zur Zuständigkeit der HV. Einigen sich Vorstand und AR darauf, auf Anregung des AR einige Positionen des JA zu ändern und erneut prüfen zu lassen, führt dies nicht zur Zuständigkeit der HV, sondern belässt das Feststellungsrecht beim AR (vgl. KK-AktG (1991), § 173, Rn. 7).

 

Rn. 8

Stand: EL 31 – ET: 01/2021

Gemäß § 171 Abs. 3 Satz 1 AktG hat der AR den Bericht über seine Prüfung des JA dem Vorstand innerhalb eines Monats nach Zugang der Vorlagen zuzuleiten. Wird die Frist nicht eingehalten, hat der Vorstand eine Nachfrist von nicht mehr als einem weiteren Monat zu setzen (vgl. § 171 Abs. 3 Satz 2 AktG). Wenn auch diese Frist fruchtlos verstreicht, greift die Fiktion des § 171 Abs. 3 Satz 3 AktG, wonach der JA als vom AR nicht gebilligt angesehen wird. Nach der Einberufung der HV ist der AR gemäß § 175 Abs. 4 AktG an die Fiktion der Nic...

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