Rn. 26

Stand: EL 37 – ET: 09/2022

§ 270 Abs. 2 enthält für etwaige Entnahmen keine Einschränkung, die mit der Einschränkung für Einstellungen vergleichbar ist (vgl. HdR-E, HGB § 270, Rn. 9). Entsprechendes gilt für die Kap.-Rücklage gemäß § 270 Abs. 1. Aus diesem Grund ist das bilanzaufstellende Organ berechtigt, den Umfang der Rücklagenentnahme autonom zu entscheiden. Begrenzt ist dieses Organ hierbei lediglich durch die entsprechenden Regelungen hinsichtlich der Verwendungsmöglichkeiten der Rücklagen. Obwohl § 270 keinen Hinweis auf eine gesetzliche Vorschrift, die bei Entnahmen zu beachten ist, enthält, ist davon auszugehen, dass die Vorschriften über die Verwendung der Rücklagen im Verhältnis zu § 270 als lex specialis Vorrang haben. Bei diesen Regelungen handelt es sich insbesondere um § 272 Abs. 4 (Rücklage für (eigene) Anteile an einem herrschenden oder mehrheitlich beteiligten UN) und § 150 AktG.

 

Rn. 27

Stand: EL 37 – ET: 09/2022

Die Verwaltung entscheidet daher i. d. R. darüber, ob ein Jahresfehlbetrag durch Entnahmen aus den Rücklagen ausgeglichen oder vorgetragen werden soll oder den Rücklagen (Gewinnrücklagen) Beträge entnommen werden sollen, um damit der Gesellschafterversammlung Potenzial für eine Gewinnverwendung zur Verfügung zu stellen (vgl. MünchKomm. AktG (1973), § 151, Rn. 116). Keine Entscheidungsbefugnis hat jedoch die Verwaltung im Fall der Auflösung von Rücklagen zum Zweck der Umwandlung in Nennkap.; dieses Entscheidungsrecht obliegt der Gesellschafterversammlung und kann nur auf einem festgestellten JA basieren (vgl. §§ 207ff. AktG; §§ 57cff. GmbHG).

Gesellschafterseitig zwecks Tilgung eines Verlusts geleistete verlorene oder auch verdeckte Zuschüsse fallen nicht unter § 272 Abs. 2 Nr. 4; sie sind daher zunächst nicht in die Kap.-Rücklage einzustellen, sondern können unmittelbar von betreffender Gesellschaft über die GuV als (sonstiger) Ertrag vereinnahmt werden (vgl. HdR-E, HGB § 272, Rn. 108).

Lediglich Zuschüsse, die ausdrücklich von der Gesellschaft oder den Gesellschaftern ohne Durchführung einer Kap.-Erhöhung als Zuschüsse zum EK erklärt werden, fallen unter § 272 Abs. 2 Nr. 4 (vgl. BT-Drs. 10/4268, S. 106f.). Im Regelfall werden derartige Zuschüsse von dem Allein- oder jedenfalls beherrschenden Mehrheitsgesellschafter geleistet. Im Gegensatz zur Kap.-Erhöhung ist für diese Fälle erstens die Durchführung wesentlich vereinfacht, da keine besonderen Formvorschriften zu beachten sind, und zweitens kann die Kap.-Rücklage vereinfacht aufgelöst und so evtl. an die Gesellschafter ausgeschüttet werden, ohne die bei Kap.-Herabsetzungen sonst besonders zu beachtenden Formvorschriften und Fristen einzuhalten. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass § 150 Abs. 2ff. AktG für diese Kap.-Rücklage keine besonderen Auflösungsbeschränkungen vorsieht (im Übrigen sei auf HdR-E, HGB § 272 verwiesen).

 

Rn. 28

Stand: EL 37 – ET: 09/2022

§ 42 Abs. 2 Satz 3 GmbHG enthält die Forderung, dass in Höhe des aktivierten Betrags für eingeforderte Nachschüsse eine Kap.-Rücklage zu bilden ist. Hier ergibt sich die Frage, ob eine Auflösung dieser Kap.-Rücklage i. R.d. Bilanzaufstellung durch das aufstellende Organ vorgenommen werden kann, wenn der Aktivposten für den eingeforderten Nachschuss, vornehmlich durch Einzahlung des Gesellschafters, nicht mehr vorhanden ist. Der Wortlaut des § 42 Abs. 2 GmbHG lässt diese Möglichkeit zu, insbesondere deshalb, weil das GmbHG keine Vorschriften über die Verwendung der Kap.-Rücklage beinhaltet. Dies bedeutet, dass eine Auflösung der Kap.-Rücklage vollkommen in das Ermessen des bilanzaufstellenden Organs gestellt ist. Die Dotierung einer Kap.-Rücklage in Höhe des eingeforderten Nachschusses soll letztlich nur dazu dienen, dass kein Ausschüttungspotenzial geschaffen wird, solange die Nachschüsse nicht eingezahlt sind. Sobald jedoch die Nachschüsse eingezahlt worden sind, greift wiederum das allg. Recht über die Behandlung der Kap.-Rücklage.

 

Rn. 29

Stand: EL 37 – ET: 09/2022

Bezüglich des EK von Wertaufholungen (vgl. § 29 Abs. 4 GmbHG; § 58 Abs. 2a AktG) ist im Gesetz keine Vorschrift über die Auflösung dieser Gewinnrücklagen zu finden, so dass auch hier die Frage der Entnahme der dieser Rücklage zugeführten Beträge im Ermessen der bilanzaufstellenden Organe steht. Dem steht auch nicht entgegen, dass diese Rücklage dazu dienen soll, nur buchmäßige Gewinne nicht als Ausschüttungspotenzial zeigen zu müssen. Die hieraus mögliche Interpretation, eine Auflösung nur dann zuzulassen, wenn der Tatbestand, der zur Einstellung in diese Rücklage geführt hat, weggefallen ist, d. h., wenn der ursprüngliche Buchgewinn entweder durch Buchverluste kompensiert worden ist oder sich durch Zahlungseingang realisiert hat, kann aus der Gesetzesvorschrift nicht abgeleitet werden. Dies gilt insbesondere deswegen, weil kein Zwang zur Bildung dieser Rücklage besteht und daher ein Zwang zur Beibehaltung einer einmal freiwillig gebildeten Rücklage nicht zu rechtfertigen ist.

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