Gläubiger ist "Herr des Verfahrens"

Das Verfahren muss einstweilen eingestellt werden, wenn der Gläubiger die Einstellung des Verfahrens oder die Aufhebung des Versteigerungstermins bewilligt (§ 30 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 ZVG). Einer Begründung hierfür bedarf es nicht. Denn wie sonst auch in der Zwangsvollstreckung ist der Gläubiger Herr des Versteigerungsverfahrens.

Anreiz für Schuldner

Die Verfahrenseinstellung wird vom Gläubiger meist dann bewilligt oder in Aussicht gestellt, wenn der Schuldner zwischenzeitlich Teilleistungen erbracht oder konkrete Ratenzahlungen angekündigt hat.

Wirkung

Mit der Einstellung des Verfahrens bleibt der Gläubiger Verfahrensbeteiligter. Auch die Wirkung der Beschlagnahme und der Zwangsversteigerungsvermerk bleiben erhalten.[1]

Wird durch eine Einstellungsbewilligung gemäß § 30 ZVG während der Bietstunde das geringste Gebot geändert, so erlöschen gem. § 72 Abs. 3 ZVG die bisher abgegebenen Gebote. Es beginnt eine neue Bietstunde nach § 73 ZVG.[2]

Fortsetzung auf Antrag

Frist beachten!

Der Gläubiger kann jederzeit ohne Angabe von Gründen die Fortsetzung des Verfahrens beantragen – etwa wenn die angekündigten Ratenzahlungen ausbleiben. Allerdings ist dies nur binnen einer Frist von 6 Monaten möglich. Erfolgt der Fortsetzungsantrag nicht, wird das Verfahren aufgehoben (§ 31 Abs. 1 ZVG).[3]

Bis zum Zuschlag möglich

Die Einstellung des Verfahrens kann auch noch nach dem Schluss der Versteigerung bis zur vollständigen Verkündung des Zuschlags bewilligt werden. Dies hat allerdings zur Folge, dass der Zuschlag zu versagen ist (§ 33 ZVG).[4] Das hindert indes nur vorübergehend das Erlöschen des Gebots, nämlich bis zur Rechtskraft des Versagungsbeschlusses (§ 86 ZVG).[5]

Achtung: Antragsrücknahme!

Der Gläubiger kann die Einstellung des Verfahrens wiederholt bewilligen. Dabei ist zu beachten, dass die 3. Bewilligung als Rücknahme des Versteigerungsantrags gilt (§ 30 Abs. 1 Satz 3 ZVG) und das diesen Gläubiger betreffende Einzelverfahren aufgehoben werden muss. Bei Vorliegen mehrerer Beitrittsbeschlüsse – jeweils wegen Zinsrückständen – zugunsten desselben Gläubigers führt die 3. Einstellungsbewilligung nach § 30 ZVG hinsichtlich eines Einzelverfahrens nur dann zur Aufhebung des Gesamtverfahrens, wenn der Gläubiger rechtsmissbräuchlich handelt.[6]

Rechtsmissbrauch?

Bei erneuter Bewilligung im 2. Versteigerungstermin erst nach Schluss der Bietstunde kann der Zuschlag dennoch erteilt werden, wenn sich das Gesamtverhalten des Antragstellers (Gläubigers) als rechtsmissbräuchlich darstellt.[7] Ähnliches gilt, wenn der Gläubiger das Verfahren stufenweise wegen Zinsen aus mehreren Jahren und auch gesondert wegen des Kapitalbetrags betreibt. Wenn das Verfahren mit insgesamt 5 Versteigerungsterminen bereits mehr als 5 Jahre andauert, kann eine erneute Einstellungsbewilligung zur Verfahrensaufhebung wegen Rechtsmissbrauchs führen.[8] Der Gläubiger handelt nicht rechtsmissbräuchlich, wenn seine ernsthafte Versteigerungsabsicht erkennbar ist und er das Verfahren nicht nur zu dem Zweck betreibt, Druck auf den Schuldner auszuüben.[9]

[1] Helwich, JurBüro 2010, S. 620, 621.
[2] LG Osnabrück, Beschluss v. 22.1.2013, 5 T 3/13, BeckRS 2013, 16256.
[3] Dazu BGH, Beschluss v. 13.2.2014, V ZB 178/13, BeckRS 2014, 05935.
[6] LG Dessau, Beschluss v. 16.6.2004, 7 T 193/04, Rpfleger 2004, S. 724 mit Anmerkung Witthinrich.
[9] LG Dessau, Beschluss v. 16.6.2004, 7 T 193/04, Rpfleger 2004, S. 724.

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