Leitsätze (amtlich)

  1. Werden im Zuge einer Kapitalerhöhung einer GmbH Dritte zur Übernahme neuer Geschäftsanteile, deren gemeiner Wert die jeweils zu leistenden Einlagen übersteigt, zugelassen, ohne weitere Verpflichtungen eingehen zu müssen, sind sie mit der Eintragung im Handelsregister auf Kosten der Altgesellschafter bereichert. Die Bereicherung beruht auf einer Zuwendung der Altgesellschafter. Die Leistung der Einlagen stellt Erwerbsaufwand dar.
  2. Zu den Voraussetzungen eines beachtlichen Irrtums des Schenkers über die Freigebigkeit der Zuwendung.
 

Sachverhalt

Die Ehefrau des Klägers errichtete mit einer weiteren Gesellschafterin im Dezember 1983 eine GmbH, deren Stammkapital von 50 000 DM auf beide Gesellschafterinnen je zur Hälfte entfiel. Mit notariellem Vertrag vom gleichen Tag gaben die Gesellschafterinnen zugunsten ihrer Ehemänner ein unbefristetes Angebot über den Verkauf ihrer Geschäftsanteile zum Preis von 12 500 DM ab. Dazu hieß es, der Preis sei an der Höhe der derzeit auf die Stammeinlage geleisteten Zahlung ausgerichtet. Sollte auf die Einlage ein höherer Betrag eingezahlt werden, erhöhe sich der Preis entsprechend. Im Dezember 1989 beschlossen die Gesellschafterinnen eine Kapitalerhöhung von 150000 DM, von denen sie jeweils 26 000 DM selbst übernahmen. Darüber hinaus ließen sie ihre Ehemänner zur Übernahme neuer Einlagen von jeweils 49000 DM zu. Zum 31.12.1989 hatten die Anteile einen Wert von 4 119 DM je 100 DM des Stammkapitals. Das Finanzamt sah in der Übernahme neuer Stammeinlagen durch die Ehemänner gemischte Schenkungen, deren Wert es jeweils mit (490 x 4 119 DM ./. 49 000 DM =) 1 969 310 DM ermittelte. Die Klage, mit der der Kläger geltend machte, die Ehemänner hätten auch die Verkaufsangebote der Altgesellschafterinnen annehmen und sodann die Kapitalerhöhung beschließen können und demzufolge nur etwas erhalten, was sie ohnehin hätten beanspruchen können, blieb erfolglos. Auf die Revision des Klägers hob der BFH die Vorentscheidung auf und verwies die Sache an das FG zurück.

 

Entscheidungsgründe

Gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG 1974 gilt als Schenkung unter Lebenden jede freigebige Zuwendung unter Lebenden, soweit der Bedachte durch sie auf Kosten des Zuwendenden bereichert ist. Im Streitfall ist der Kläger u.a. auf Kosten seiner Ehefrau bereichert.

Mit der Eintragung der Kapitalerhöhung ins Handelsregister[1] hat der Kläger einen Geschäftsanteil originär erworben, dessen Wert von Anfang an den Nennwert überstieg. Insoweit ist der Kläger bereichert. Die Entstehung des neuen Geschäftsanteils in der Hand des Klägers geht auch mit einer Entreicherung der bisherigen Gesellschafterinnen - nicht allein der Ehefrau - einher. Ihre Geschäftsanteile vermitteln als Folge der Entstehung neuer Anteile eine geringere quotale Beteiligung und erfuhren darüber hinaus eine Wertminderung dadurch, dass der neue Geschäftsanteil des Klägers proportional am bisherigen Vermögen der GmbH teilhat, ohne dass dies durch den ebenfalls proportionalen Anteil der Altgesellschafterinnen an dem vom Kläger eingezahlten frischen Kapital der GmbH ausgeglichen wird. Somit erfolgte die Bereicherung des Klägers zur Hälfte auf Kosten seiner Ehefrau. Diese Bereicherung beruht insoweit auch auf einer Zuwendung seitens seiner Ehefrau.

Eine freigebige Zuwendung i.S. des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG 1974 erfordert indessen, dass die Ehefrau mit dem Willen zur Unentgeltlichkeit handelte. Der Wille zur Unentgeltlichkeit wird aufgrund der dem Zuwendenden bekannten Umstände nach den Maßstäben des allgemein Verkehrsüblichen bestimmt[2]. Zu den Umständen, die der Ehefrau des Klägers bekannt gewesen sein müssen, um nach den Maßstäben des allgemein Verkehrsüblichen einen Willen zur Unentgeltlichkeit annehmen zu können, gehört die Tatsache, dass der Wert des neuen Geschäftsanteils des Klägers dessen Einlage erheblich überstieg. Dies war der Ehefrau bekannt. Sie kannte auch die weiteren Umstände, aufgrund derer der Erwerb des neuen Geschäftsanteils durch den Kläger als schenkweise erfolgt zu beurteilen ist. Gleichwohl handelte die Ehefrau in der Vorstellung, wegen des bindenden Angebots sogar zur Übertragung ihres gesamten Geschäftsanteils und damit erst recht zu einer Minderleistung in Gestalt eines von ihrem Geschäftsanteil abgespalteten Vermögenswerts verpflichtet zu sein. Darin unterlag sie einem Irrtum, der unter der noch festzustellenden Voraussetzung beachtlich wäre, dass die mit dem Angebot eingetretene Bindung nicht ihrerseits freigebig begründet worden ist.

 

Link zur Entscheidung

BFH vom 20.12.2000 – II R 42/99

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