Leitsatz

  1. Ist ein Gegenstand sowohl für unternehmerische Zwecke als auch für nichtunternehmerische Zwecke vorgesehen (gemischte Nutzung), kann der Steuerpflichtige (Unternehmer) den Gegenstand

    1. insgesamt seinem Unternehmen zuordnen,
    2. ihn in vollem Umfang in seinem Privatvermögen belassen oder
    3. ihn im Umfang der tatsächlichen unternehmerischen Verwendung seinem Unternehmensvermögen zuordnen (Zuordnungswahlrecht).
  2. Die sofort bei Leistungsbezug zu treffende Zuordnungsentscheidung ist "zeitnah", d.h. bis spätestens im Rahmen der Jahressteuererklärung zu dokumentieren.
  3. Keine "zeitnahe" Dokumentation der Zuordnungsentscheidung liegt vor, wenn die Zuordnungsentscheidung dem Finanzamt erst nach Ablauf der gesetzlichen Abgabefrist von Steuererklärungen (31.5. des Folgejahres) mitgeteilt wird.
 

Sachverhalt

K und E errichteten ein Wohn- und Geschäftshaus auf einem ihnen zu je 50 Prozent gehörenden Grundstück. K nutzte 40 Prozent für sein Unternehmen; den Rest bewohnten K und E selbst. Die Zuordnung des gesamten Hauses zum Unternehmen wurde nicht akzeptiert, da sie nicht rechtzeitig – bereits in der Voranmeldung – erklärt wurde.

 

Entscheidung

Die Revision hatte im Ergebnis keinen Erfolg, weil als Dokumentation der Zuordnung nur die – erst nach dem 31.5. des Folgejahrs abgegebene – Jahreserklärung in Betracht kam.

 

Kommentar

Praxishinweis

Die Entscheidung betrifft die "gemischte Nutzung" eines Gegenstands, bei der der Unternehmer auch den privat genutzten Teil dem Unternehmen zuordnen und den Vorsteuerabzug erhalten kann. Aus dem Grundsatz des Sofortabzugs der Vorsteuer folgt, dass die durch Indizien gestützte Zuordnungsentscheidung schon bei der Anschaffung oder Herstellung des Gegenstands zu treffen ist. Indiz für die Zuordnung ist vor allem die Geltendmachung des Vorsteuerabzugs, kann aber auch die bilanzielle und ertragsteuerrechtliche Behandlung sein. Gibt es keine Beweisanzeichen für die Zuordnung, kann diese nicht unterstellt werden. Dass auch bei der Anschaffung eines ganz vom Unternehmen genutzten Gegenstands nicht von der Zuordnung auszugehen sein könnte, lässt sich dem Urteil nicht entnehmen.

Weil Voranmeldungen im Verhältnis zur Jahressteuerfestsetzung einen vorläufigen Charakter haben und weil nicht alle Unternehmer Voranmeldungen abgeben müssen, ist die allgemeine Abgabefrist für die Jahressteuererklärung als noch zeitnahe Dokumentation vertretbar und praktikabel. Auch nach Art. 22 Abs. 6 Buchst. a der 6. EG-RL müssen in der "Erklärung" des Steuerpflichtigen alle Angaben enthalten sein, "die für etwaige Berichtigungen von Bedeutung sind". Darunter fällt auch die Dokumentation der bei der Anschaffung oder Herstellung getroffenen Zuordnungsentscheidung, die Voraussetzung für den Vorsteuerabzug und ggf. für dessen Berichtigung ist.

 

Link zur Entscheidung

BFH, 7.7.2011, V R 42/09.

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