Leitsatz

Eine vom Anleger anlässlich der Vermittlung eines komplexen und beratungsintensiven Kombinationsprodukts (hier: "Kombi-Rente", bestehend aus einer sofort beginnenden Leibrente gegen Einmalbeitrag, einem langfristigen Darlehen, einer Kapitalanlage in Investmentfondsanteilen und einer Risikolebensversicherung) an den Vermittler zu zahlende Provision kann von den Vertragsparteien im Regelfall nicht mit steuerlicher Wirkung ausschließlich der Vermittlung des Darlehens zugeordnet werden.

 

Sachverhalt

Die steuerpflichtigen Ehegatten schlossen 1989 verschiedene Verträge über eine "Kombi-Rente". Sie leisteten eine Einmalzahlung von 285000 DM in eine sofort beginnende Leibrentenversicherung. Der Einmalbeitrag wurde durch ein nach 15 Jahren in einer Summe zurückzahlbares Bankdarlehen von brutto 318739 DM abzüglich eines Disagios von 10 % finanziert. Die Mittel zur Tilgung des Darlehens sollten sich aus der Anlage einer weiteren Einmalzahlung von 100000 DM in einen Investmentfonds ergeben. Außerdem schlossen die Eheleute eine Risikolebensversicherung zur Sicherung des Darlehensrückzahlungsanspruchs ab. Sämtliche Verträge wurden durch V, den Konzeptanbieter des "Kombi-Renten"-Modells, vermittelt. Die Ehegatten zahlten an V eine Provision von 6 % des Darlehens (19124 DM), die allein ein Entgelt für die Kreditvermittlung sein sollte. Für die Vermittlung der Versicherungsverträge hatte V angemessene Provisionen von den Versicherungsunternehmen erhalten.

Die Eheleute machten die an V gezahlte "Kreditvermittlungsprovision" in voller Höhe als Werbungskosten bei den Einkünften aus der Leibrente geltend. Das Finanzamt ließ lediglich ⅓ der Provision (6375 DM) zum Werbungskostenabzug zu; die restlichen ⅔ sah es als nichtabziehbare Anschaffungs(neben)kosten für den Erwerb des Rentenrechts an. Das FG gab der dagegen gerichteten Klage statt. Auf die Revision hob der BFH die Vorentscheidung auf und verwies die Sache an das FG zurück.

 

Entscheidung

Die Leistung des Anbieters der "Kombi-Rente" ging weit über diejenige eines gewöhnlichen Versicherungs-, Kapitalanlage- oder Kreditvermittlers hinaus. Die alleinige Zuordnung zur Kreditvermittlungsleistung lässt sich nicht damit erklären, dass das Konzept etwa "kostenlos" abgegeben würde.

Die Feststellungen des FG lassen eine abschließende Bestimmung der Höhe des als Finanzierungskosten abziehbaren Anteils der Vermittlungsprovision nicht zu. Das FG wird diesen Anteil der Provision gegebenenfalls schätzen müssen. Der Senat hält es für denkbar, sich dabei z.B. an Immobilienfinanzierungen mit überdurchschnittlichem Beleihungsgrad oder an hinreichend gesicherten Darlehen für den Erwerb freiberuflicher Praxen zu orientieren. Das FG mag sich für die Feststellung der üblichen Vermittlungsprovisionen auch der Hilfe von Sachverständigen bedienen.

Die Finanzverwaltung begrenzt den Abzug von Kreditvermittlungsgebühren bei Bauherrenmodellen und geschlossenen Immobilienfonds auf 2 % der Darlehenssumme[1]. Entsprechendes soll für kreditfinanzierte Rentenmodelle gelten[2]. Der Senat vermag beim gegenwärtigen Stand des Verfahrens keinen Gesichtspunkt zu erkennen, der es rechtfertigen könnte, die Gesamtprovision im vorliegenden Fall in größerem Umfang als bei schwierigen Immobilienfinanzierungen der in der Finanzierungsvermittlung liegenden Teilleistung des Anbieters zuzuordnen. Ihm sind – außerhalb steuerorientierter Teilmärkte – keine Fälle bekannt, in denen für die Vermittlung von Krediten an solvente Darlehensnehmer Provisionen von mehr als 2 % der Darlehenssumme erhoben werden.

 

Praxishinweis

Das Urteil entwickelt die bisherigen Grundsätze[3] fort. Es geht davon aus, dass ein wesentlicher Teil der dem Anleger vom Konzeptanbieter berechneten Provision entgegen der von den Parteien vorgenommenen ausschließlichen Zuordnung zu den als Werbungskosten abziehbaren Kreditvermittlungskosten als Entgelt für den Zugang zum Kombi-Renten-Modell und damit als nichtabziehbare Anschaffungs(neben)kosten der Rente zu qualifizieren ist. Es tendiert im Anschluss an die Finanzverwaltung dazu, im Hinblick auf die genügende Absicherung der darlehensgewährenden Bank (Abtretung der Ansprüche aus der Rentenversicherung, dem Investmentdepot und der Risikolebensversicherung) den als Werbungskosten geltend gemachten Kreditvermittlungsaufwand lediglich bis zu 2 % des Darlehensbetrages anzuerkennen.

 

Link zur Entscheidung

BFH-Urteil vom 16.9.2004, X R 19/03

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