Leitsatz

Dem EuGH werden folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

  1. Handelt jemand, der für eigene Wohnzwecke ein Wohnhaus erwirbt oder errichtet, bei Erwerb oder Errichtung des Wohnhauses als Steuerpflichtiger, wenn er einen Raumdes Gebäudes als sog. häusliches Arbeitszimmer für eine selbständige nebenberufliche Tätigkeit verwenden will?

    Falls Frage 1 bejaht wird:

  2. Ist bei gemeinsamer Bestellung eines Investitionsgegenstands durch eine Bruchteils- oder Ehegattengemeinschaft, die selbst nicht unternehmerisch tätig ist, von einem Erwerb durch einen Nichtsteuerpflichtigen, der nicht zum Vorsteuerabzug der auf den Erwerb fallenden Mehrwertsteuer berechtigt ist, auszugehen, oder sind die Gemeinschafter Leistungsempfänger?

    Sofern Frage 2 bejaht wird:

  3. Steht das Recht auf Vorsteuerabzug bei Erwerb eines Investitionsguts durch Ehegatten in Bruchteilsgemeinschaft, wenn der Gegenstand nur von einem der Gemeinschafter für seine unternehmerischen Zwecke verwendet wird,

    1. diesem einen Gemeinschafter nur für den proportional auf seinen Anteil als Erwerber entfallenden Vorsteuerbetrag zu oder
    2. steht dem Gemeinschafter gemäß Art. 17 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 77/388/EWG der Vorsteuerbetrag zu, der auf den Anteil seiner unternehmerischen Verwendung des gesamten Gegenstands entfällt (vorbehaltlich der Rechnungsvoraussetzungen gemäß Frage 4)?
  4. Bedarf es zur Ausübung des Rechts auf Vorsteuerabzug gemäß Art. 18 der Richtlinie 77/388/EWG einer Rechnung i. S. von Art. 22 Abs. 3 der Richtlinie 77/388/EWG, die auf diesen Ehegatten/Gemeinschafter allein – und mit den auf ihn proportional entfallenden Entgelts- und Steuerbeträgen – ausgestellt ist oder reicht die an die Gemeinschafter/Ehegatten ohne solche Aufteilung ausgestellte Rechnung aus?
 

Sachverhalt

Eheleute erwarben 1990 ein Grundstück (Ehemann zu 1/4, Ehefrau zu 3/4) und errichteten 1991 bis 1993 darauf ein Einfamilienhaus mit einem "häuslichem Arbeitszimmer" für die nebenberufliche Fachschriftsteller-Tätigkeit des Ehemannes. Laut FG war "nicht mehr feststellbar", ob die Eheleute zu gleichen Anteilen oder entsprechend den Eigentumsanteilen bauten.

Der Ehemann (Kläger) machte aus den Rechnungen Vorsteuerbeträge anteilig mit 12 % geltend. Diesen Anteil ermittelte er nach der Fläche des Arbeitszimmers im Verhältnis zur Gesamtwohnfläche. Das Finanzamt lehnte den Vorsteuerabzug mit der Begründung ab, Bauherr und Leistungsempfänger sei die von den Eheleuten gebildete Grundstücksgemeinschaft gewesen. Das FG sprach dem Kläger (nur) 1/4 der beantragten Vorsteuerbeträge zu, weil er (nach den Eigentumsverhältnissen am Grundstück) nur zu 1/4 zivilrechtlicher Auftraggeber und Empfänger der auf das Arbeitszimmer entfallenden Bauleistungen sei (1/4 von 12 % der gesamten Vorsteuerbeträge). Dass die Rechnung an beide Eheleute gerichtet war, hielt das FG für unschädlich.

Gegen das FG-Urteil legten sowohl das Finanzamt als auch der Kläger Revision ein.

 

Entscheidung

Der BFH setzte das Revisionsverfahren aus und legte dem EuGH[1] die o.g. Auslegungsfragen vor.

Nach der BFH-Rechtsprechung können Ehegatten nebeneinander Leistungsempfänger der Bauleistungen sein, wenn sie nicht als Gemeinschaft auftreten (unternehmerisch oder nichtunternehmerisch, z.B. durch Vermietung oder unentgeltliche Nutzungsüberlassung des Gebäudes). Der in dem Gebäude unternehmerisch tätige Ehegatte kann aus den Bauleistungen grundsätzlich den Vorsteuerabzug – seinem Anteil entsprechend – geltend machen. An die Rechnungsangaben zu diesen Umständen werden keine hohen Anforderungen gestellt.

Die Vorsteuerabzugsmöglichkeiten nach der 6. RL bei Errichtung eines Wohngebäudes mit "häuslichem Arbeitszimmer" und beim "Gemeinschaftskauf" sind aber durch den EuGH noch nicht geklärt. Das gilt insbesondere für die Rechnungsvoraussetzungen bei Annahme einer anteiligen Abzugsberechtigung eines der Ehegatten.

 

Praxishinweis

Zwar spricht nach einer Veröffentlichung der Europäischen Kommission einiges für das Vorsteuerabzugsrecht des "Unternehmer-Ehegatten" beim gemeinschaftlichen Kauf eines Gegenstands, ohne dass die Gemeinschaft selbst damit unternehmerisch tätig wird. Dabei kommt auch mehr als ein z.B. halber Vorsteuerabzug in Betracht, wenn man darauf abstellt, dass sog. gemischt genutzte Gegenstände im vollen Umfang dem Unternehmen zugeordnet werden dürfen, was den vollen Vorsteuerabzug bei Versteuerung der nichtunternehmerischen Nutzung nach sich zieht.

Die angesprochenen Detailfragen – mit großem praktischen Anwendungsbereich – sind aber noch klärungsbedürftig.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Beschluss vom 29.08.2002, V R 40/01

[1] Az. des EuGH: C–25/03

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