Leitsatz

Der laufende Verlust aus gewerblicher Tierzucht einer Untergesellschaft ist mit dem Veräußerungsgewinn für eine Beteiligung an der Obergesellschaft zu verrechnen, soweit der Gewinn anteilig mittelbar auf Wirtschaftsgüter der Untergesellschaft entfällt.

 

Sachverhalt

Die A-KG war Kommanditistin der B-KG, einer Geflügelschlachterei (Obergesellschaft). Diese war einzige Kommanditistin der M-KG (Untergesellschaft), die u.a. Einkünfte aus der Kükenzucht und damit gewerbliche Einkünfte aus Tierzucht und Tierhaltung nach § 15 Abs. 4 EStG erzielte. 1988 veräußerte die A-KG ihre Beteiligung an der Obergesellschaft mit einem Gewinn, der unstreitig mit 4060206 DM auf die stillen Reserven der Untergesellschaft entfiel. Im Gewinnfeststellungsbescheid für die Obergesellschaft, der auch den Veräußerungsgewinn der A-KG enthielt, lehnte das Finanzamt eine Verrechnung des auf die Tierzucht entfallenden Veräußerungsgewinns mit den laufenden Verlusten aus gewerblicher Tierzucht ab. Nach erfolglosem Vorverfahren gab das FG der Klage statt. Dagegen richtet sich die Revision.

 

Entscheidung

Der BFH hat die Auffassung des FG bestätigt. Die Ausgleichs- und -abzugsbeschränkung für Verluste aus gewerblicher Tierzucht und Tierhaltung gemäß § 15 Abs. 4 EStG ist auch auf doppelstöckige Personengesellschaften anzuwenden. Deshalb ist in der Gewinnfeststellung der Obergesellschaft ein laufender Verlust aus gewerblicher Tierzucht der Untergesellschaft auszuweisen. Dieser traf mittelbar auch die A-KG als Kommanditistin der Obergesellschaft, als wäre sie unmittelbar an der die Tierzuchtverluste erzielenden Mitunternehmerschaft (Untergesellschaft) beteiligt gewesen. Folge dieser Wirkung von Ausgleichs- und Abzugsbeschränkungen für laufende Verluste einer Untergesellschaft aus gewerblicher Tierzucht und Tierhaltung auf die Besteuerung des Gesellschafters der Obergesellschaft ist, dass die laufenden Verluste mit einem Gewinn aus der Veräußerung des Anteils an der Obergesellschaft insoweit zu verrechnen sind, als der Gewinn aus der Anteilsveräußerung auf die stillen Reserven der Untergesellschaft entfällt[1]. Die Verrechnung des mittelbar entstandenen Veräußerungsgewinns mit den laufenden Verlusten aus gewerblicher Tierzucht ist nach Auffassung des BFH zwingend und vorrangig; der Steuerpflichtige hat also kein Wahlrecht, vom beschränkten Verlustausgleich abzusehen, einen tarifbegünstigten Veräußerungsgewinn zu versteuern und den nicht ausgeglichenen Tierzuchtverlust mit entsprechenden Gewinnen aus anderen Betrieben oder in späteren Veranlagungszeiträumen von laufenden Gewinnen aus gewerblicher Tierzucht oder Tierhaltung abzuziehen[2]. Entgegen der Auffassung des Finanzamts kann es daher nicht darauf ankommen, ob der Gesellschafter der Obergesellschaft im Streitjahr noch über anderweitige Einkünfte aus gewerblicher Tierzucht oder Tierhaltung verfügt.

Dies gilt unabhängig davon, dass der Gewinn aus der Veräußerung des Anteils an der Obergesellschaft (formal) nicht in einem Betrieb gewerblicher Tierzucht entstanden ist. Veräußert nämlich der Gesellschafter der Obergesellschaft seinen Anteil und damit mittelbar auch seinen Anteil an der Untergesellschaft, so entfällt der Gewinn aus der Anteilsveräußerung auch auf stille Reserven in den Wirtschaftsgütern der Untergesellschaft, sofern solche in der Untergesellschaft gebildet wurden. Im Hinblick darauf korrigiert der Veräußerungspreis im Ergebnis nur die zuvor in Anspruch genommenen Abschreibungen, die zu den Verlusten aus gewerblicher Tierzucht geführt hatten.

Die Verrechnung der laufenden Verluste aus gewerblicher Tierzucht mit dem mittelbar entstandenen Veräußerungsgewinn aus der Beteiligung an der die Tierzucht betreibenden Untergesellschaft widerspricht auch nicht dem Zweck der Verlustausgleichs- und -abzugsbeschränkung des § 15 Abs. 4 EStG. Denn mit der Veräußerung des Anteils an der Obergesellschaft hat die A-KG ihr mittelbares Engagement im Bereich der durch die Untergesellschaft betriebenen gewerblichen Tierzucht beendet und kann daher nicht mehr in Konkurrenz zur traditionellen landwirtschaftlichen Veredelungsproduktion treten. Der Zweck der Verlustbeschränkung des § 15 Abs. 4 EStG gebietet es aber nicht, die entstandenen und wirkungslos gebliebenen Verluste nachträglich noch zu besteuern[3]. Entfällt die sachliche Rechtfertigung für die Verlustausgleichsbeschränkung durch die Aufgabe der gewerblichen Tierzucht, so erfordert schon der Gleichheitssatz den Verlustausgleich, wie er allen anderen Steuerpflichtigen zusteht[4].

 

Praxishinweis

Die Entscheidung liegt auf einer Linie mit der Rechtsprechung zur Ausgleichsbeschränkung nach § 15a EStG[5].

 

Link zur Entscheidung

BFH-Urteil vom 1.7.2004, IV R 67/00

[1] Vgl. Wacker, in: Schmidt, Einkommensteuergesetz, 23. Aufl., München 2004, § 15a Rz. 235

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