Leitsatz

Es ist ernstlich zweifelhaft, ob die von der Finanzverwaltung (BMF-Schreiben vom 14.11.2000, IV A 6 – S 2174 – 5/00, BStBl I 2000, S. 1514) vertretene Ansicht, dass eine Teilwertabschreibung auf teilfertige Bauten auf fremdem Grund und Boden nur hinsichtlich des dem jeweiligen Stand der Fertigstellung entsprechenden, auf die Bauten entfallenden Anteils der vereinbarten Vergütung zulässig sei, der Rechtslage entspricht.

 

Sachverhalt

Die X-KG erbringt Bauleistungen aufgrund von Werklieferungs- bzw. -leistungsverträgen auf fremdem Grund und Boden. Mit anderen Unternehmen schließt sie sich häufig zu Arbeitsgemeinschaften zur gemeinsamen Projektdurchführung zusammen; Vertragspartner für das gesamte Bauvorhaben ist dann die Arbeitsgemeinschaft. Für jede Baustelle hat die X-KG ein Baukonto eingerichtet; Herstellungskosten und Fertigungsgrad werden zum jeweiligen Bilanzstichtag ermittelt. In ihren Bilanzen hat die X-KG "unfertige Bauleistungen" sowie "Forderungen gegen Arbeitsgemeinschaften" nach dem Grundsatz einer "absatzmarktorientierten verlustfreien Bewertung" unter Berücksichtigung des aus dem Gesamtauftrag zu erwartenden Verlusts angesetzt.

Im Anschluss an eine Außenprüfung vertrat das Finanzamt u.a. die Auffassung, im Wege der Teilwertabschreibung könne nur der dem Fertigungsgrad der "unfertigen Bauleistungen" bzw. "Forderungen aus Arbeitsgemeinschaften" entsprechende Verlust am Bilanzstichtag berücksichtigt werden, und erließ dementsprechend gem. § 164 Abs. 2 AO geänderte Feststellungs- und Gewerbesteuermessbescheide. Über die dagegen eingelegten Einsprüche der X-KG hat das Finanzamt noch nicht entschieden; den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung der angefochtenen Bescheide lehnte es ab. Auf den daraufhin bei Gericht gestellten Aussetzungsantrag setzte das FG die Vollziehung der Bescheide hinsichtlich der von der X-KG begehrten Teilwertabschreibung aus.

 

Entscheidung

Der BFH hat die gegen den Aussetzungsbeschluss erhobene Beschwerde als unbegründet zurückgewiesen, wobei er sich im Wesentlichen auf die Begründung des FG beruft. Dieses hatte argumentiert, die Verwaltungsauffassung[1] stütze sich auf ein BFH-Urteil aus dem Jahre 1974[2], dessen Anwendbarkeit seit der durch das Bilanzrichtliniengesetz 1985 geänderten Rechtslage jedoch zweifelhaft geworden sei. Denn nach § 266 Abs. 2 HGB seien die halbfertigen Bauten unter den "unfertigen Erzeugnissen, unfertigen Leistungen" gesondert als Gegenstände des Vorratsvermögens auszuweisen. Das schließe ihre Bilanzierung als Forderungen aus. Es spreche deshalb vieles dafür, halbfertige Bauten nach den für Vorratsvermögen geltenden Grundsätzen zu bewerten und daher insbesondere auch eine Teilwertabschreibung nach den Grundsätzen einer verlustfreien Bewertung zuzulassen. Ergänzend weist der BFH darauf hin, die im Schrifttum teilweise vertretene "sog. vermittelnde Meinung"[3], nach der eine Teilwertabschreibung zwar nicht hinsichtlich des vollständigen zu erwartenden Verlusts aus dem Geschäft möglich sei, wohl aber hinsichtlich des dem jeweiligen Stand der Fertigstellung entsprechenden, auf die Bauten entfallenden anteilig realisierten Verlusts, verursache zusätzliche Unsicherheiten in der Beurteilung dieser Rechtsfrage. Seitdem drohende Verluste aus schwebenden Geschäften nicht mehr berücksichtigt werden könnten, habe die Möglichkeit einer Teilwertabschreibung bei unfertigen Erzeugnissen an Bedeutung gewonnen. Schwebende Geschäfte sind aber erst beendet, wenn sie erfüllt sind; Vorleistungen sind daher grundsätzlich erfolgsneutral zu halten. Die "vermittelnde Meinung" müsse deshalb begründen, weshalb sie hinsichtlich der noch nicht erbrachten Leistung einen Vorrang des Verbots der Drohverlustrückstellung vor der Teilwertabschreibung bejaht, hinsichtlich der erbrachten Teilleistung dagegen einen solchen Vorrang auch für den Fall einer retrograden Teilwertermittlung auf der Basis gesunkener Verkaufspreise verneint und trotz des Grundsatzes der erfolgsneutralen Bilanzierung schwebender Geschäfte einen Verlustausweis zulässt.

 

Praxishinweis

Die Argumentation des BFH macht deutlich, dass er die Auffassung der Finanzverwaltung[4] zur Zulässigkeit von Teilwertabschreibungen auf teilfertige Bauten auf fremdem Grund und Boden für nicht überzeugend hält. Die Tatsache, dass er sich im Wesentlichen auf die ausführliche Begründung des erstinstanzlichen Beschlusses bezieht und ergänzend darauf hinweist, auch die sog. "vermittelnde Meinung", nach der eine Teilwertabschreibung hinsichtlich des dem jeweiligen Stand der Fertigstellung entsprechenden, auf die Bauten entfallenden anteilig realisierten Verlusts möglich sein soll, sei bedenklich, da sie gegen den Grundsatz der erfolgsneutralen Bilanzierung schwebender Geschäfte verstoße, gibt Grund zu der Annahme, dass der BFH sich auch im Hauptsacheverfahren nicht der Auffassung der Finanzverwaltung anschließen wird.

 

Link zur Entscheidung

BFH-Beschluss vom 28.4.2004, VIII B 79/03

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