Leitsatz

Im Steuerprozess wird das Verfahren auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unterbrochen, wenn über das Vermögen des Antragstellers nach Eintritt der Rechtshängigkeit das Insolvenzverfahren eröffnet wird.

 

Sachverhalt

Die Antragstellerin begehrt Prozesskostenhilfe und die Beiordnung ihrer Prozessbevollmächtigten für eine bereits eingelegte und fristgerecht begründete Nichtzulassungsbeschwerde. Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Antragstellerin hat der BFH das Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde in den Registern des BFH durch Beschluss gelöscht.

 

Entscheidung

Durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens wurden das Nichtzulassungsbeschwerde- und das Prozesskostenhilfeverfahren unterbrochen[1]. Mit der Erstreckung der unterbrechenden Wirkung auf das Prozesskostenhilfeverfahren folgt der BFH der überwiegenden Rechtsprechung der Zivilgerichte[2]. Die Gegenmeinung[3] wendet die Unterbrechungsvorschriften dagegen nicht an, weil das Prozesskostenhilfeverfahren vom Hauptsacheverfahren völlig unabhängig sei; es setze nämlich weder voraus, dass die Hauptsache bereits anhängig sei, noch dass sie jemals anhängig gemacht werde, da es kein kontradiktorisches Verfahren sei, sondern ausschließlich den Antragsteller und die Staatskasse betreffe.

Für die überwiegende, eine Unterbrechung des Prozesskostenhilfeverfahrens durch das Insolvenzverfahren bejahende Auffassung führt der BFH ins Feld, dass das Prozesskostenhilfeverfahren und das damit im Zusammenhang stehende Rechtsmittelverfahren nicht wechselseitig völlig unabhängig voneinander sind. Vielmehr kann die durch das Insolvenzverfahren weggefallene Prozessführungsbefugnis des Rechtsmittelführers nach Wegfall des Insolvenzgrunds wiederhergestellt werden, so dass es nicht gerechtfertigt wäre, während des unterbrochenen Rechtsmittelverfahrens über das darauf bezogene Prozesskostenhilfeverfahren abschließend zu entscheiden. Denn es müsste dann stets zur Zurückweisung des Prozesskostenhilfebegehrens wegen fehlender Erfolgsaussicht i.S. des § 114 ZPO i.V.m. § 142 Abs. 1 FGO führen, weil der Antragsteller seine Prozessführungsbefugnis mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens verloren hat. Eine wenn auch nur summarische materiell-rechtliche Prüfung des Steueranspruchs wäre damit nicht verbunden, so dass sich aus diesem Verfahren auch keine Hinweise auf die Erfolgsaussichten eines Rechtsmittels für den Insolvenzverwalter ergäben.

 

Praxishinweis

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst, da auch im Prozesskostenhilfeverfahren keine Kostenentscheidung zu treffen ist[4].

 

Link zur Entscheidung

BFH-Beschluss vom 27.9.2006, IV S 11/05

[2] Vgl. OLG Köln, Beschluss vom 15.11.2002, 2 U 79/02, MDR 2003, S. 526; OLG Hamm, Beschluss vom 16.3.2006, 27 W 11/06, juris; LAG Hamm, Beschluss vom 30.1.20064 Ta 830/05, juris; ebenso Zöller/Philippi, Zivilprozessordnung, 25. Aufl., Köln 2005, § 118 Rz. 15
[3] Vgl. OLG Stuttgart, Beschluss vom 25.3.2004, 3 W 65/03, OLGR Stuttgart 2004, S. 313; OLG Zweibrücken, Beschluss vom 15.11.2004, 4 W 155/04, OLGR Zweibrücken 2005, S. 414; Zöller/Greger, a.a.O. (Fn. 2), vor § 239 Rz. 8

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