Entscheidungsstichwort (Thema)

Unterbrechung des PKH-Verfahrens durch Eröffnung des Insolvenzverfahrens

 

Normenkette

ZPO §§ 118, 240

 

Verfahrensgang

LG Essen (Beschluss vom 24.01.2006; Aktenzeichen 12 O 499/03)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde des Beklagten wird der Beschluss des Einzelrichters der 12. Zivilkammer des LG Essen vom 24.1.2006 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung nach Beendigung der Verfahrensunterbrechung an das LG zurückverwiesen.

 

Gründe

Die gem. § 127 Abs. 2 S. 2 ZPO zulässige sofortige Beschwerde ist insoweit begründet, als eine Entscheidung über den Prozesskostenhilfeantrag der Beklagten nicht hätte ergehen dürfen. Denn zum Zeitpunkt der Entscheidung war das Verfahren gem. § 240 ZPO unterbrochen, nachdem das AG Essen bereits mit Beschluss vom 20.12.2005 - 166 IK 157/05 - das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Beklagten eröffnet hatte.

Die Frage, ob ein Prozesskostenhilfeverfahren durch den Eintritt der Insolvenz unterbrochen wird, ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten (bejahend: Zöller/Philippi, ZPO, § 118 Rz. 15; OLG Köln v. 15.11.2002 - 2 U 79/02, OLGReport Köln 2003, 52 = MDR 2003, 526; verneinend: Zöller/Greger, ZPO, vor § 239 Rz. 8; OLG Köln NJW-RR 2004, 276; Fischer, MDR 2004, 252; jeweils m.w.N.), wobei die Frage zumeist in der Konstellation erörtert wird, dass das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Gegners der Prozesskostenhilfepartei eröffnet wird und eine Anwendbarkeit der Unterbrechungsvorschriften oft mit dem Argument vereint wird, es liege noch keine Rechtshängigkeit vor (z.B. OLG Köln NJW-RR 2004, 276).

In der hier vorliegenden Konstellation, wo Rechtshängigkeit bereits gegeben ist und die beklagte Partei, die Prozesskostenhilfe beantragt hat, selbst vom Insolvenzverfahren betroffen ist, ist das Prozesskostenhilfeverfahren von der Unterbrechungswirkung des § 240 ZPO jedenfalls erfasst. Denn die bisher verklagte Partei ist persönlich nicht mehr prozessführungsbefugt (§ 80 Abs. 1 InsO) und auch die Insolvenzmasse ist bis zur eventuellen Aufnahme des Verfahrens nach § 180 Abs. 2 InsO nicht wirksam vertreten.

Außer dem Insolvenzverwalter, der in den Fällen des § 180 Abs. 2 InsO in das Verfahren eintritt, kann allerdings auch der Beklagte die Prozessführungsbefugnis wiedererlangen, nämlich wenn das Insolvenzverfahren wegen Wegfall des Eröffnungsgrundes eingestellt wird (§ 212 InsO). Daraus folgt eine - grundsätzliche - Abhängigkeit des Anspruchs auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe von der weiteren Entwicklung des Insolvenzverfahrens. Diese Abhängigkeit führt zu einer Unterbrechung des Prozesskostenhilfeverfahrens nach § 240 ZPO, denn es entspricht genau dem Zweck dieser Vorschrift, gerichtliche Maßnahmen erst dann zu treffen, wenn die Auswirkungen des unterbrechenden Ereignisses auf das weitere Verfahren feststehen und den dann prozessführungsbefugten Personen rechtliches Gehör dazu gewährt werden kann.

Die Unterbrechung tritt auch dann ein, wenn das erstinstanzliche Gericht - wie hier - zum Zeitpunkt der Entscheidung keine Kenntnis von den Umständen hat, die die Unterbrechung begründen (Zöller/Greger, ZPO, § 240 Rz. 3). Die während der Unterbrechung ergangenen Entscheidungen sind aufzuheben und zur erneuten Entscheidung nach Beendigung der Unterbrechung an das Ausgangsgericht zurückzuverweisen (Zöller/Greger, ZPO, § 249 Rz. 10).

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst (§ 127 Abs. 4 ZPO). Gründe für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde sind nicht ersichtlich.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1548829

MDR 2006, 1309

OLGR-Mitte 2006, 740

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