Leitsätze (amtlich)

  1. Die für einen reinen Forstbetrieb mögliche Umstellung eines mit dem Kalenderjahr übereinstimmenden Wirtschaftsjahrs auf das Wirtschaftsjahr vom 1. Oktober bis 30. September des Folgejahrs (sog. Forstwirtschaftsjahr) ist nur im Einvernehmen mit dem Finanzamt zulässig.
  2. Die Versagung der Zustimmung für die Umstellung des Wirtschaftsjahrs auf einen vom Kalenderjahr abweichenden Zeitraum ist eine Ermessensentscheidung, die das Finanzamt durch einen selbständig anfechtbaren Verwaltungsakt ausspricht; dieser ist Grundlagenbescheid für das Veranlagungsverfahren i.S. des § 171 Abs. 10 AO 1977.
 

Sachverhalt

Der Kläger erzielte u.a. Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft und ermittelte seine forstwirtschaftlichen Einkünfte nach § 4 Abs. 3 EStG für das Kalenderjahr. Mit Vertrag vom 27.12.1995 veräußerte er 3,28 ha Wald und 0,18 ha landwirtschaftlicher Nutzflächen für insgesamt 30 000 DM. Bei der Veranlagung für das Streitjahr 1995 erhöhte das FA die vom Kläger erklärten Einkünfte um 14 216 DM auf 43 737 DM. Der Gewinnerhöhung lag ein Waldwertgutachten eines amtlichen forstwirtschaftlichen Sachverständigen zugrunde. Einspruch und Klage, mit der der Kläger erstmals beantragte, die forstwirtschaftlichen Einkünfte für das Wirtschaftsjahr vom 1.10. bis 30.9. zugrunde zu legen, blieben ohne Erfolg. Der BFH wies die Revision des Klägers als unbegründet zurück.

 

Entscheidungsgründe

Soweit § 8c Abs. 1 und Abs. 2 Satz 2 EStDV in Ausfüllung der Ermächtigung in § 4a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Satz 2 EStG es zulässt, dass einzelne Gruppen von Land- und Forstwirten, namentlich auch der Forstwirt, ein vom Normal-Wirtschaftsjahr der Landwirte abweichendes Wirtschaftsjahr bestimmen können, betrifft dies nur die erstmalige Bestimmung des Wirtschaftsjahrs bei Eröffnung oder Erwerb eines entsprechenden Betriebs. Die - lückenhafte - Regelung zur Umstellung von Wirtschaftsjahren für den nichtbuch-führenden Forstwirt erfordert die analoge Anwendung bestehender Vorschriften. Aus der buchführende Steuerpflichtige betreffenden Regelung des § 8b Satz 2 Nr. 2 Satz 2 EStDV ergibt sich, dass die Umstellung des mit dem Kalenderjahr übereinstimmenden Wirtschaftsjahrs auf ein davon abweichendes Wirtschaftsjahr nur im Einvernehmen mit dem Finanzamt zulässig ist. Die gleiche Rechtsfolge sehen auch § 4a Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 3 EStG für Gewerbetreibende vor, die allein zu einer Umstellung des Wirtschaftsjahrs befugt sind, weil ihre Firma in das Handelsregister eingetragen ist oder weil sie gleichzeitig buchführende Land- und Forstwirte sind. In all diesen Fällen ist die Umstellung auf ein mit dem Kalenderjahr übereinstimmendes Wirtschaftsjahr jederzeit ohne Beteiligung der Finanzbehörde zulässig, die im umgekehrten Fall aber ihr Einvernehmen erteilen muss. Gehen Gesetz- und Verordnungsgeber daher offenkundig davon aus, dass die mit dem einkommensteuerrechtlichen Jahresprinzip des § 2 Abs. 7 EStG nicht übereinstimmende Wahl des Gewinnermittlungszeitraums finanzbehördlichen Einvernehmens bedarf, weil die Zurechnung der Gewinne besonderen und unterschiedlichen Regeln folgt und dadurch auch - wie im Streitfall beabsichtigt - Gewinnverlagerungen ermöglicht, so gelten diese Erwägungen in gleicher Weise für den nicht buchführenden Landwirt.

Im Streitfall liegt das danach erforderliche Einvernehmen mit der Umstellung des mit dem Kalenderjahr übereinstimmenden Wirtschaftsjahrs auf das Forst-Wirtschaftsjahr nicht vor. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH ist die Versagung der Zustimmung für die Umstellung des Wirtschaftsjahres auf einen vom Kalenderjahr abweichenden Zeitraum eine Ermessensentscheidung, die das Finanzamt durch einen selbständig anfechtbaren Verwaltungsakt ausspricht[1], der Grundlagenbescheid i.S. des § 171 Abs. 10 AO ist[2]. Die danach fehlende Entscheidung über den Grundlagenbescheid, der das Einvernehmen mit der Umstellung des Wirtschaftsjahrs zum Gegenstand hat, führt im Streitfall allerdings nicht zur Aussetzung des Verfahrens nach § 74 FGO. Der Kläger hat im finanzgerichtlichen Verfahren weder beachtliche betriebswirtschaftliche Gründe für die begehrte Umstellung vorgebracht noch hat er einen formellen Antrag auf Umstellung des Wirtschaftsjahrs gestellt und das dazu erforderliche Rumpf-Wirtschaftsjahr vom 1.1. bis zum 30.9.1994 gebildet.

 

Link zur Entscheidung

BFH vom 23.9.1999 - IV R 4/98

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