Überblick

Der Steuerschuldner ist verpflichtet, die Umsatzsteuer an das Finanzamt abzuführen. Grundsätzlich schuldet der Unternehmer, der die Lieferung oder Leistung erbracht hat, die Steuer. Er stellt für seine Leistung eine Rechnung mit Umsatzsteuerausweis und führt die vereinnahmte oder vereinbarte Umsatzsteuer an das Finanzamt ab. In einigen Fällen sieht das Gesetz jedoch vor, dass nicht der leistende Unternehmer, sondern der Leistungsempfänger die Steuer schuldet (Umkehrung der Steuerschuldnerschaft nach § 13b UStG). In diesen Fällen weist der leistende Unternehmer in seiner Rechnung keine Umsatzsteuer aus.

 
Gesetze, Vorschriften und Rechtsprechung

§§ 13a und 13b UStG zum Steuerschuldner,

§ 14a Abs. 5 UStG zur Ausstellung einer Rechnung, wenn Steuerschuldner gemäß § 13b Abs. 5 UStG der Leistungsempfänger ist,

§ 15 Abs. 1 Nr. 4 UStG zum Vorsteuerabzug in den Fällen des § 13b Abs. 1 und Abs. 2 UStG,

18 Abs. 4a UStG zur Abgabe einer Umsatzsteuervoranmeldung durch Unternehmer, die Steuerschuldner nach § 13b Abs. 5 UStG sind;

UStAE zu § 13b UStG;

BFH, Urteil v. 11.12.2013, XI R 21/11 und BFH, Urteil v. 22.8.2013, V R 37/10; EuGH, Urteil v. 13.12.2012, C-395/11BLV Wohn- und Gewerbebau GmbH –.

Grundsatz: Der leistende Unternehmer ist Steuerschuldner

Im Regelfall schuldet der leistende Unternehmer die Umsatzsteuer.[1] Im Zusammenhang mit der Bekämpfung des Umsatzsteuerbetrugs unterliegen aber einige Umsätze dem sogenannten Reverse-Charge-System. Die Umsatzsteuerschuld wird aufgrund dieser Regelung vom leistenden Unternehmer auf den Leistungsempfänger verschoben. Der Vorteil für die Finanzverwaltung besteht darin, dass die Steuerschuld der Umsatzsteuer sowie die Möglichkeit des Vorsteuerabzugs in einer Hand liegt. Die Gefahr der Steuerausfälle für den Fiskus wird dadurch minimiert.

Aber nicht nur das. Insbesondere durch den europäischen Binnenmarkt werden auch Dienstleistungen über die Grenzen erbracht. Durch die Regelungen des Reverse-Charge-Verfahrens ist es in fast allen Fällen innerhalb der EU nicht mehr erforderlich, dass man sich in dem anderen EU-Mitgliedstaat zur Umsatzsteuer registrieren lassen muss. Die Umsatzversteuerung nimmt nämlich auch hier der Empfänger der Leistung vor.

So wird in den folgenden Fällen im Zusammenhang mit einem Grundstück der Auftraggeber (Leistungsempfänger) nach § 13b Abs. 5 UStG zum Steuerschuldner, wenn er selbst Unternehmer (auch Kleinunternehmer!) oder juristische Person ist:

  • Werklieferungen und sonstige Leistungen eines ausländischen Unternehmens,

     
    Praxis-Beispiel

    Architekt aus Österreich plant die Errichtung eines Gebäudes in Augsburg

    Ein Architekt aus Salzburg (Österreich) ist von einem deutschen Unternehmen mit der Planung eines Betriebsgebäudes beauftragt, das Betriebsgebäude soll in Augsburg gebaut werden.

    Der Architekt aus Salzburg erbringt an den deutschen Unternehmer eine sonstige Leistung. Der Ort der Leistung bestimmt sich, da sie im Zusammenhang mit einem Grundstück steht, danach, wo das Grundstück belegen ist (§ 3a Abs. 3 Nr. 1 UStG). Der Architekt erbringt somit eine in Deutschland umsatzsteuerpflichtige Leistung, die er hier ohne die Regelung des § 13b UStG selbst zu versteuern hätte.

    Nach § 13b Abs. 2 Nr. 1 i. V. m Abs. 5 Satz 1 UStG verschiebt sich die Steuerschuld aber auf den deutschen Unternehmer als Leistungsempfänger. Der Architekt muss eine Rechnung ohne Umsatzsteuerausweis erstellen und darin auf die Anwendung des Reverse-Charge-Verfahrens hinweisen.

  • Lieferungen sicherungsübereigneter Gegenstände durch den Sicherungsgeber an den Sicherungsnehmer außerhalb des Insolvenzverfahrens,
  • Ausnahme: Leistungsempfänger ist Steuerschuldner (z. B. bei Grundstücksgeschäften)

    Umsätze, die unter das Grunderwerbsteuergesetz fallen,

     
    Achtung

    Geschäftsveräußerung im Ganzen prüfen

    Bei Umsätzen im Zusammenhang mit bebauten Grundstücken ist regelmäßig vorab zu prüfen, ob es sich hier um eine nicht steuerbare Geschäftsveräußerung im Ganzen (GiG) handelt (§ 1 Abs. 1a UStG). Eine GiG geht der Steuerbarkeit vor und ist daher unbedingt zu beachten.

  • Werklieferungen und sonstige Leistungen, die der Herstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken dienen, mit Ausnahme von Planungs- und Überwachungsleistungen. Der Leistungsempfänger muss ein Unternehmer sein, der ebenfalls die genannten Leistungen erbringt (typischer Fall: Einschaltung von Subunternehmern). Der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) – und ihm folgend der Bundesfinanzhof (BFH) – hat entschieden, dass eine Verlagerung der Steuerschuldnerschaft auf den Leistungsempfänger nur dann in Betracht kommt, wenn der Leistungsempfänger die an ihn erbrachte Werklieferung oder sonstige Leistung, die der Herstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken dient, seinerseits zur Erbringung einer derartigen Leistung verwendet.

     
    Praxis-Beispiel

    Bauleistung

    Beispiel 1:

    Der Bauunternehmer B beauftragt den Subunternehmer A mit Bauleistungen i. S. d. § 13b Abs. 2 Nr. 4 UStG an seinem Bau...

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