Leitsatz

Der Steuerbefreiung von Abfindungen weichender Erben steht weder die Verpachtung des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs an den künftigen Hoferben noch die Erklärung der Betriebsaufgabe durch den Abfindenden entgegen. Als agrarpolitische Lenkungsnorm setzt § 14a Abs. 4 EStG weder voraus, dass der von Abfindungslasten befreite Hof im Zeitpunkt der Übertragung auf den Erben beim Übertragenden noch Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft vermittelt, noch dass ein Buchwertübergang gemäß § 6 Abs. 3 EStG (früher § 7 Abs. 1 EStDV) möglich ist.

 

Sachverhalt

Die Eheleute verpachteten ihren land- und forstwirtschaftlichen Betrieb an ihren Sohn. In ihrem gemeinschaftlichen Testament hatten sich beide gegenseitig und nach dem Tod des Überlebenden ihren Sohn zum Erben eingesetzt. Die Tochter wurde vorab mit einem Anteil von 20% des gesamten Nachlasses abgefunden (notarieller Vertrag vom 6.9.1991). Im Dezember 1993 wurde die Aufgabe des Betriebs erklärt. Bei der Ermittlung des Aufgabegewinns stellte das Finanzamt fest, dass der Tochter durch den notariellen Vertrag 1991 unter Verzicht auf alle Rechte aus dem gemeinschaftlichen Testament verschiedene land- und forstwirtschaftliche Grundstücke übertragen worden waren. Daraufhin erfasste das Finanzamt den auf eines der Grundstücke entfallenden Entnahmegewinn. Gegen die entsprechend ergangenen Einkommensteuerbescheide erhob die Klägerin Einspruch und beantragte erfolglos die Berücksichtigung des Freibetrags für weichende Erben nach § 14a Abs. 4 EStG. Der dagegen gerichteten Klage gab das FG statt.

 

Entscheidung

Die Übereignung der Grundstücke an die Tochter der Klägerin erfüllt die Voraussetzungen einer Entnahme zur Abfindung weichender Erben i. S. des § 14a Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 Buchst. a EStG (Grund und Boden des landwirtschaftlichen Betriebs; gesetzliche Erbenstellung der Tochter und weichende Erbin; kein Übersteigen des Freibetrags von 120 000 DM; Einkommensgrenze). Der Gewährung des Freibetrags nach § 14a Abs. 4 EStG steht auch nicht entgegen, dass die Klägerin die Abfindung als Verpächterin des Hofes geleistet hat[1]. Schließlich ist die Aufgabe des Betriebs mehr als zwei Jahre nach der Abfindung kein Hindernis, weil sie den nach § 14a Abs. 4 EStG erforderlichen sachlichen Zusammenhang der Abfindung mit der künftigen Hoferbfolge oder -übernahme nicht unterbrochen hat, solange der künftige Hoferbe – wie im Streitfall – den Betrieb als Pächter führt.

 

Praxishinweis

Ist der Hof anders als im Streitfall nicht an den Hoferben, sondern an einen fremden Dritten verpachtet und schlägt die Hofübergabe deshalb mit der Betriebsaufgabe fehl, ist die Steuerbegünstigung nach § 14a Abs. 4 EStG nicht mehr anwendbar[2].

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 12.09.2002, IV R 28, 29/01

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