Leitsatz (amtlich)

Wird einem Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH im Anstellungs vertrag ein Anspruch auf Ruhegehalt eingeräumt, dessen Art und Höhe erst später per Ge-sellschafterbeschluss bestimmt werden sollen, so ist der Vorwegabzug nicht nach § 10 Abs. 3 Nr. 2 Satz 2 Buchst. a Doppelbuchst, cc EStG 1990 (heute: § 10 Abs. 3 Nr. 2 Satz 2 Buchst. a i.V.m. § 10c Abs. 3 Nr. 2 EStG) zu kürzen, wenn die GmbH keine Aufwendungen zur Sicherstellung der künftigen Altersversorgung tätigt.

 

Sachverhalt

Der Kläger war - neben seinen beiden Geschwistern - zu 1/3 an der H-GmbH beteiligt. Alle Gesellschafter waren zu Geschäftsführern bestellt. Gesellschafterbeschlüsse wurden mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst. Der Kläger hatte seine Tätigkeit als Geschäftsführer am 1.8.1989 begonnen. Nach § 10 des Anstellungsvertrages hatte er "Anspruch auf Ruhegehalt, dessen Höhe und Art nach dreijähriger Zugehörigkeit per Gesellschafterbeschluss definiert wird". Ein entsprechender Gesellschafterbeschluss wurde im Streitjahr 1992 nicht gefasst. Der Kläger machte im Streitjahr 1992 Versicherungsbeiträge von 5 809 DM als Vorsorgeaufwendungen steuerlich geltend. Das Finanzamt kürzte den Vorwegabzug[1] um 9 bzw. 3 % des von ihm und seiner Ehefrau bezogenen Arbeitslohns. Der Einspruch hatte teilweise, die darüber hinausgehende Klage keinen Erfolg[2]. Auf die Revision des Klägers hob der BFH die Vorentscheidung auf und verwies die Sache an das FG zurück.

 

Entscheidungsgründe

Nach § 10 Abs. 3 Nr. 2 EStG 1990 kann für Vorsorgeaufwendungen i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 2 EStG bei Zusammenveranlagung ein Vorwegabzug von 8 000 DM geltend gemacht werden. Dieser ist jedoch bei Steuerpflichtigen zu kürzen, die eine Berufstätigkeit ausüben und im Zusammenhang damit aufgrund vertraglicher Vereinbarungen Anwartschaftsrechte auf eine Altersversorgung ganz oder teilweise ohne eigene Beitragsleistung erwerben[3]. Das FG hat diese Kürzung fehlerhaft ausgelegt.

Der Senat kann dahinstehen lassen, wann zivilrechtlich ein Anwartschaftsrecht auf Altersversorgung entsteht[4] und ob, gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen eine Blankettzusage auf Altersversorgung einen zivilrechtlich durchsetzbaren Anspruch begründet. Auch wenn im Einzelfall eine Blankettzusage eine zivilrechtliche Verpflichtung des Dienstherrn begründet hat und die Leistung nach billigem Ermessen zu bestimmen ist[5], muss der Vorwegabzug erhalten bleiben, wenn der Dienstherr keinerlei Vorsorge für die künftige Erfüllung der Blankettzusage trifft. Denn unter diesen Umständen stellen sich die Aussichten des Beschäftigten auf eine künftige Altersversorgung als derart unsicher dar, dass eine Kürzung des Vorwegabzugs nach Sinn und Zweck des Gesetzes nicht gerechtfertigt ist. Der Vorwegabzug i.S. des § 10 Abs. 3 Nr. 2 EStGsoll solchen Steuerpflichtigen einen zusätzlichen Höchstbetrag einräumen, die ausschließlich durch eigene Aufwendungen für die Zukunft vorsorgen müssen[6]. Zweckentsprechend ist der Vorwegabzug zu kürzen, wenn der Beschäftigte ein Anwartschaftsrecht auf eine Altersversorgung ohne eigene Beitragsleistung erwirbt. Diese Überlegungen liegen sämtlichen Kürzungsvorschriften des § 10 Abs. 3 Nr. 2 EStG zugrunde. Vor diesem speziellen steuergesetzlichen Hintergrund muss ein "Anwartschaftsrecht" i.S. des § 10 Abs. 3 Nr. 2 Satz 2 Buchst. a Doppelbuchst, cc EStG auch wirtschaftlich - jedenfalls dem Grunde nach - mit der Rechtsposition vergleichbar sein, die Beschäftigte erlangen, für die i.S. von § 10 Abs. 3 Nr. 2 Satz 2 Buchst. a Doppelbuchst, aa, bb und cc EStG Alters vorsorge getroffen wird. Ansprüche aufgrund gesetzlicher Rentenversicherung (Doppelbuchst, aa), Abfindungen bzw. Nachversicherung (Doppelbuchst. bb) und Zukunftssicherungsleistungen des Arbeitgebers nach § 3 Nr. 62 EStG (Doppelbuchst, dd) geben dem Steuerpflichtigen einen nicht nur rechtlich, sondern auch wirtschaftlich gesicherten Anspruch. Das ist bei einer nach Art und Höhe unbestimmten Zusage, wie sie im Streitfall § 10 des Geschäftsführeranstellungsvertrages enthält, nicht der Fall, wenn der Verpflichtete keinerlei finanzielle Vorsorge trifft.

Die Sache ist an das FG zurückzuverweisen. Das FG hat bisher noch keine Feststellungen dazu getroffen, ob die H-GmbH in den Streitjahren begonnen hat, durch Beitragsleistungen, Rückstellungen o.ä. die künftige Altersversorgung des Klägers wirtschaftlich sicherzustellen. Da die Kürzung des Vorwegabzugs nicht von der Höhe der künftigen Altersversorgung abhängt[7], kommt es auf die Höhe der entsprechenden Aufwendungen der H-GmbH nicht an.

 

Link zur Entscheidung

BFH vom 14.6.2000 - XI R 57/99

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