Leitsätze (amtlich)

  1. Für die Anschaffung oder Herstellung eines Gebäudes, das innerhalb des Förderzeitraums der Einkünfteerzielung dient, kann der Steuerpflichtige Sonderabschreibungen gemäß §§ 3, 4 FördG auch dann in Anspruch nehmen, wenn er das Gebäude zunächst selbst nutzt und erst anschließend innerhalb des Förderzeitraums zur Einkünfteerzielung verwendet.
  2. Für Zeiträume, in denen der Steuerpflichtige die Steuerbegünstigungen des § 10e EStG tatsächlich in Anspruch genommen hat, ist eine Sonderabschreibung nach § 4 FördG nicht zu gewähren. Die Gesamthöhe der Sonderabschreibungen ist in diesem Fall zeitanteilig zu kürzen.
 

Sachverhalt

Der Kläger wurde Ende 1992 von seinem Arbeitgeber in die neuen Bundesländer entstand. In diesem Zusammenhang errichtete er in T ein Einfamilienhaus, das von Dezember 1992 bis November 1995 selbst genutzt wurde. In den Jahren 1992 bis 1994 gewährte das Finanzamt jeweils die Abzugsbeträge gemäß § 10e EStG. Ende 1995 wurde der Kläger von seinem Arbeitgeber wieder nach B zurückversetzt. Das Haus in T wurde ab dem 1.12.1995 fremdvermietet. Für das Streitjahr 1995 machte der Kläger für das Objekt in T einen Abzugsbetrag nach § 10e EStG geltend. Darüber hinaus begehrte er bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung für dasselbe Objekt u. a. eine Sonderabschreibung nach § 4 FördG von 25 % der Herstellungskosten. Das Finanzamt ließ lediglich den Abzugsbetrag nach § 10e EStG zu und lehnte die Sonderabschreibung nach dem FördG ab. Das FG wies die Klage ab[1]. Die Revision führte zur Aufhebung der Vorentscheidung und Zurückverweisung der Sache an das FG.

 

Entscheidungsgründe

  1. § 4 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 1 Abs. 1 FördG ermöglicht im Jahr des Investitionsabschlusses und in den folgen den vier Jahren, Sonderabschreibungen bis zu 50 % der Anschaffungs- oder Herstellungskosten in Anspruch zu nehmen. Dies gilt auch dann, wenn der Eigentümer das Gebäude zunächst selbst nutzt und erst anschließend zur Einkünfteerzielung verwendet. Weder aus dem Wortlaut noch aus dem Bedeutungszusammenhang oder dem Zweck dieser Vorschriften ergibt sich die Einschränkung, dass das Wirtschaftsgut, dessen Anschaffung oder Herstellung begünstigt ist, bereits im Jahr der Fertigstellung der Erzielung von Einkünften dienen muss. Dem Steuerpflichtigen steht es vielmehr grundsätzlich frei, in welchem dieser fünf Jahre er die Sonderabschreibung in Anspruch nehmen will. Durch das FördG soll dem Eigentümer ein Anreiz gegeben werden, die dringend erforderlichen Neubauten sowie Maßnahmen zum Ausbau, zur Erweiterung und zur Modernisierung von Gebäuden im Fördergebiet unverzüglich vorzunehmen[2]. Dieser Gesetzeszweck wird nicht nur dann erreicht, wenn ein Gebäude von Beginn an fremdvermietet wird, sondern generell durch die Herstellung oder Anschaffung von Neubauten. Lediglich für die Inanspruchnahme der Sonderabschreibung muss das Gebäude innerhalb des Förderzeitraums fremdvermietet werden.
  2. Entgegen der Ansicht der Kläger können die Steuerbegünstigungen nach § 10e EStG und die Sonderabschreibungen nach §§ 3, 4 FördG wegen der damit verbundenen, vom Gesetzgeber nicht gewollten Mehrfachförderung nicht für denselben Veranlagungszeitraum gleichzeitig in Anspruch genommen werden. Zwar enthält das FördG kein entsprechendes ausdrückliches Verbot. Aus dem Sinnzusammenhang, in dem diese Vorschriften stehen, und der Zielsetzung des Gesetzgebers ergibt sich jedoch die Einschränkung, dass für dieselben Aufwendungen nicht gleichzeitig Sonderabschreibungen und andere Steuerbegünstigungen zu gewähren sind.

    Eine solche, vom Gesetzgeber nicht gewollte Mehrfachförderung läge im Streitfall vor. Für Zeiträume, in denen ein Steuerpflichtiger die Steuerbegünstigung des § 10e EStG in Anspruch genommen hat, ist daher eine Sonderabschreibung nach § 4 FördG nicht zu gewähren. Da § 4 Abs. 1 Satz 2 FördG dem Steuerpflichtigen freistellt, in welchem Jahr des Förderzeitraums er die Sonderabschreibungen in Anspruch nimmt, kann eine Mehrfachförderung nur dadurch vermieden werden, dass die Sonderabschreibungen nur zeitanteilig gewährt werden. Für jedes Jahr des Förderzeitraums, in dem der Steuerpflichtige die Steuerbegünstigung des § 10e EStG tatsächlich in Anspruch nimmt, ist die Gesamthöhe der Sonderabschreibungen anteilig zu kürzen. Bei einem fünfjährigen Förderzeitraum und einem Abschreibungssatz von 50% der Bemessungsgrundlage verringert sich der Abschreibungssatz der Sonderabschreibungen dementsprechend um einen Abschreibungssatz von jeweils 10% jährlich. Liegen in einem Veranlagungszeitraum sowohl die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Sonderabschreibungen gemäß §§ 3,4 FördG als auch die Voraussetzungen für die Steuerbegünstigung des § 10e EStG vor, muss sich der Steuerpflichtige für eine der beiden Fördermaßnahmen entscheiden.

 

Link zur Entscheidung

BFH vom 14.9.1999 - IX R 35/97

[2] Vgl. BT-Drs. 12/562, S. 72

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