Leitsatz

Verzichtet ein GmbH-Gesellschafter zu Gunsten eines Mitgesellschafters unentgeltlich auf die Teilnahme an einer Kapitalerhöhung mit der Folge, dass seine bisher wesentliche Beteiligung zu einer unwesentlichen wird, beginnt der Lauf der Fünf-Jahres-Frist des § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG erst mit der Eintragung der Kapitalerhöhung im Handelsregister.

 

Sachverhalt

K war seit 1990 mit 360000 DM bzw. 36 % am Stammkapital einer GmbH beteiligt. Weitere Gesellschafter waren F und P. Im Februar 1993 avisierte K seine Zustimmung zu einer Kapitalerhöhung um 2 Mio. DM, durch die sich sein Anteil auf 25 % vermindern sollte. Er erklärte zudem, er werde ab dem Zeitpunkt des Kapitalerhöhungsbeschlusses von seinen auf 25 % reduzierten Gesellschafterrechten ausgehen und sich entsprechend verhalten. Am 16.3.1993 wurde die Erhöhung des Stammkapitals auf 3 Mio. DM beschlossen. Die neuen Stammeinlagen wurden zum Nennwert ausgegeben; auf F sollten 1130000 DM entfallen, auf P 480000 DM und auf K 390000 DM. Für die Senkung seiner Beteiligungsquote erhielt K weder ein Entgelt noch einen sonstigen Vorteil. Die Kapitalerhöhung wurde dem Amtsgericht im März 1993 mitgeteilt und am 16.11.1993 in das Handelsregister eingetragen. Im Juni 1993 beschlossen die Gesellschafter, die Kapitalerhöhung durch Verrechnung mit Gesellschafterdarlehen zu erfüllen. Mit Vertrag vom 8.4.1998 veräußerte K einen Teilgeschäftsanteil im Nennwert von 120000 DM, auf den die Einlage voll erbracht war, für 3 Mio. DM. Bei der Einkommensteuerveranlagung 1998 setzte das Finanzamt einen Veräußerungsgewinn nach § 17 EStG von 2,88 Mio. DM an. Einspruch und Klage waren erfolglos.

 

Entscheidung

Der BFH hat die Revision zurückgewiesen. Nach seiner Auffassung hat K 1998 einen Veräußerungsgewinn gemäß § 17 Abs. 1 EStG von 2,88 Mio. DM erzielt. Die Veräußerung erfolgte am 8.4.1998 mit dem Teilgeschäftsanteil im Nennbetrag von 120000 DM. K war innerhalb der letzten fünf Jahre vor dem 8.4.1998 zu mehr als 25 % an der GmbH beteiligt. Denn seine wesentliche Beteiligung von 36 % wurde nicht vor Beginn der Fünf-Jahres-Frist zivilrechtlich wirksam vermindert. Hierfür ist die Eintragung der Kapitalerhöhung im Handelsregister erforderlich, die jedoch erst am 16.11.1993 erfolgte. Eine auf 25 % verminderte Beteiligung des K resultiert auch nicht aus dem Gesellschafterbeschluss vom 16.3.1993 über die Kapitalerhöhung. Denn bei einer Kapitalerhöhung, die zu einer Veränderung der bisherigen Beteiligungsquoten führt, sind die neuen Beteiligungsverhältnisse erst ab dem Zeitpunkt maßgeblich, an dem die Erhöhung des Stammkapitals wirksam geworden ist. Erst zu diesem Zeitpunkt entstehen die neuen Mitgliedschaftsrechte.

 

Praxishinweis

Der BFH geht von einer kapitalmäßigen Bestimmung des Begriffs der wesentlichen Beteiligung aus. Für die Beteiligung am Kapital der Gesellschaft ist danach grundsätzlich der nominelle Anteil am Stammkapital maßgebend[1]. Für die Höhe der Beteiligung des K war es deshalb ohne Bedeutung, dass er sich gegenüber seinen Mitgesellschaftern verpflichtet hatte, sein Stimmrecht schon vor Wirksamwerden des Kapitalerhöhungsbeschlusses so auszuüben, als sei er nur noch zu 25 % beteiligt. Im Übrigen bleibt der BFH dabei, dass Änderungen der Beteiligungsquoten erst mit Eintragung im Handelsregister wirksam werden. Das gilt für Kapitalerhöhungen wie für jede andere Änderung der Satzung. Denn erst zu diesem Zeitpunkt entstehen die neuen Mitgliedschaftsrechte.

Die Einbeziehung von Anwartschafts- bzw. Bezugsrechten bei der Ermittlung der Beteiligungsquoten lehnt der BFH ab. Nach seiner Auffassung folgt aus der Definition des Begriffs "Anteile an Kapitalgesellschaften" in § 17 Abs. 1 Satz 3 EStG nicht zwingend, dass Anwartschafts- bzw. Bezugsrechte notwendig auch bei der Bestimmung der Höhe der Beteiligung zu berücksichtigen sind. Denn Rechte, mit denen kein Anteil am Nennkapital verbunden ist, können nur dann als "Anteile an einer Kapitalgesellschaft" i.S. des § 17 EStG beurteilt werden, wenn sie dem Inhaber eines solchen Rechts eine der Beteiligung am Stammkapital wirtschaftlich vergleichbare Stellung einräumen. Davon kann aber nur gesprochen werden, wenn der Rechtsinhaber an der Substanz der Kapitalgesellschaft in vollem Umfang beteiligt ist. Daran fehlt es, solange die Kapitalerhöhung nicht im Handelsregister eingetragen ist.

 

Link zur Entscheidung

BFH-Urteil vom 14.3.2006, VIII R 49/04

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