Leitsatz (amtlich)

Schuldzinsen für betrieblich begründete Verbindlichkeiten sind auch nach Übergang des (Gewerbe-)Betriebs zur Liebhaberei als nachträgliche Betriebsausgaben abziehbar, wenn und soweit die zugrunde liegenden Verbindlichkeiten nicht durch eine mögliche Verwertung von Aktivvermögen beglichen werden können (Fortführung der BFH-Urteile vom 23.1.1991, X R 37/86, BStBl II 1991, S. 398 = INF 1991, S. 284; vom 12.11.1997, XI R 98/96, BStBl II1998, S. 144 = INF 1998, S.281).

 

Sachverhalt

Mit dem ESt-Bescheid für das Streitjahr 1990 lehnte es das Finanzamt ab, die Verluste der Klägerin aus ihrem zum 31.12.1990 aufgegebenen Einzelhandel mit Silber- und Schmuckwaren zu berücksichtigen. Das Finanzamt sah die Tätigkeit als Liebhaberei an; spätestens Ende 1987 hätte das Geschäft aufgegeben werden müssen. Auf die dagegen erhobene Klage erkannte das FG Schuldzinsen von 7 150 DM (6,5% von 110 000 DM) als nachträgliche Betriebsausgaben an und wies die Klage im Übrigen - hinsichtlich der Beurteilung des Einzelhandelsgeschäfts als Liebhabereibetrieb - ab. Es nahm dabei an, dass die Klägerin bereits ab Ende 1984 keine Gewinnerzielungsabsicht mehr gehabt habe[1]. Mit der Revision machte das Finanzamt geltend, das FG sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass die betrieblichen Verbindlichkeiten - in unstreitiger Höhe von 110 000 DM - im Zeitpunkt des Übergangs von einem mit Gewinnerzielungsabsicht betriebenen Betrieb zu einem Liebhabereibetrieb negatives Betriebsvermögen geblieben und die hierauf entfallenden Schuldzinsen als nachträgliche Betriebsausgaben abziehbar seien. Diese Schuldzinsen seien vielmehr "laufende Betriebsausgaben des Liebhabereibetriebes". Nachträgliche Betriebsausgaben kämen nach § 24 Nr. 2 EStG nur für die Zeit nach Betriebsaufgabe am 31.12.1990 in Betracht. Der BFH hob die Vorentscheidung auf und verwies die Sache an das FG zurück.

 

Entscheidungsgründe

Die in der Revision allein noch streitige Frage, ob die Zinsen auf Darlehensverbindlichkeiten, die im Zeitpunkt des Übergangs des Betriebs der Klägerin zur Liebhaberei bestanden und nach diesem Zeitpunkt gezahlt wurden, als Betriebsausgaben abziehbar sind, stellt sich nur, wenn man davon ausgeht, dass der Betrieb der Klägerin seit 1984 der Liebhaberei zuzuordnen ist und daher negative Betriebsergebnisse ab diesem Zeitpunkt steuerlich nicht mehr berücksichtigt werden können. Das FG hat sich bei der Beantwortung dieser Frage auf die Grundsätze der Rechtsprechung des BFH gestützt[2]. Die Entscheidung des FG ist aus revisionsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden.

Die für den Betriebsausgabenabzug nach § 4 Abs. 4 EStG erforderliche betriebliche Veranlassung von Schuldzinsen ist dann gegeben, wenn die Zinsen für eine Verbindlichkeit geleistet werden, die durch den Betrieb veranlasst ist und deshalb zum Betriebsvermögen gehört. Für die Bestimmung des Veranlassungszusammenhangs ist allein die Verwendung des Darlehensbetrages ausschlaggebend[3].

Zu den Fällen der Betriebsaufgabe[4] hat die Rechtsprechung entschieden, dass Schuldzinsen für betrieblich begründete Verbindlichkeiten als nachträgliche Betriebsausgaben[5] abziehbar sein können. Voraussetzung hierfür ist zunächst, dass die nicht getilgten Verbindlichkeiten während des Bestehens des einkommensteuerrechtlich relevanten Betriebs - wie im Streitfall - begründet wurden und damit als zurückbehaltenes passives Betriebsvermögen in Betracht kommen[6]. Des Weiteren sind Zinszahlungen auf betrieblich begründete Darlehensverbindlichkeiten als nachträgliche Betriebsausgaben nur abziehbar, wenn und soweit die zugrunde liegenden Verbindlichkeiten nicht durch den Veräußerungserlös oder durch eine mögliche Verwertung von Aktivvermögen beglichen werden können[7], ihrer Tilgung Hindernisse entgegenstanden oder eine Tilgung - etwa wegen eines zugesagten Erlasses - aus sonstigen Gründen nicht veranlasst war[8].

Diese Grundsätze zur Abzugsfähigkeit betrieblich veranlasster Schuldzinsen nach Betriebsaufgabe oder -veräußerung gelten auch, wenn ein Betrieb zu einem Liebhabereibetrieb wird. Allerdings führt die Zuordnung eines einkommensteuerrechtlich relevanten Betriebs - z.B. eines Gewerbebetriebs - ab einem bestimmten Zeitpunkt zur Liebhaberei nicht zu einer Betriebsaufgabe, so dass zu diesem Zeitpunkt, solange der Steuerpflichtige nicht ausdrücklich die Betriebsaufgabe erklärt, das Betriebsvermögen nicht unter Auflösung der stillen Reserven in das Privatvermögen überführt wird[9]. Gleichwohl hat der Übergang zur Liebhaberei eine der Betriebsaufgabe ähnliche Wirkung. Denn die Fortführung des Einzelhandels ist in Ermangelung einer Gewinnerzielungsabsicht der steuerlich irrelevanten Privatsphäre zuzuordnen mit der Folge, dass das dabei eingesetzte Vermögen als Privatvermögen angesehen wird, obwohl eine Betriebsaufgabe mangels Aufgabehandlung (noch) nicht vorliegt. Wenn schon die auf einen Schuldüberhang entfallenden künftigen Schuldzinsen nach einer "echten" - durch ein willentliches und damit vom Steuerpflichtigen beeinflussb...

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