Leitsätze (amtlich)

  1. Wird ein dem Umweltschutz dienendes Wirtschaftsgut nicht mindestens fünf Jahre lang in einem inländischen Betrieb des Steuerpflichtigen genutzt, so sind bereits in Anspruch genommene erhöhte Absetzungen nach § 7d EStG rückwirkend zu versagen (Anschluss an BFH-Urteil vom 13.7.1993, VIII R 85/91, BStBl II 1994, S. 243 = INF 1994, S. 187). 2. Der Wegfall der zeitlichen Voraussetzungen für eine Steuervergünstigung wirkt auch bei bilanzierenden Steuerpflichtigen ohne Einschränkung auf den Beginn des Begünstigungszeitraums zurück. Die rückwirkende Versagung der Vergünstigung hängt insbesondere nicht davon ab, ob der Steuerpflichtige bei Aufstellung der jeweils maßgeblichen Bilanz den späteren Wegfall der Begünstigungsvoraussetzungen erkannt hat oder hätte erkennen können.
 

Sachverhalt

Die Klägerin ist Organträgerin im Rahmen einer Organschaft mit der X-AG. Diese hatte im Streitjahr 1985 an die N einen Zuschuss von rd. 10,8 Mio. DM für den Bau einer Rauchgasentschwefelungsanlage im Kraftwerk K geleistet und hierauf eine erhöhte Absetzung nach § 7d EStG von 60% (rd. 6,5 Mio. DM) vorgenommen. Mit Wirkung vom 2.1.1987 brachte N den Kraftwerksblock einschließlich der im Bau befindlichen Entschwefelungsanlage in die K-AG ein. Zugleich stockte die X-AG ihre bis dahin bestehende Beteiligung an der K-AG auf 50% auf. N zahlte den geleisteten Zuschuss an die X-AG zurück. Die X-AG sah hierin einen Vorgang, der zu einem in 1987 entstandenen Veräußerungsgewinn führte. Dagegen ging das Finanzamt davon aus, dass die erhöhte Absetzung bei der Veranlagung für das Streitjahr 1985 rückgängig zu machen sei und dass sich deshalb der im Streitjahr von der X-AG erzielte, an die Klägerin abzuführende Gewinn entsprechend erhöhe. Klage und Revision blieben erfolglos.

 

Entscheidungsgründe

Das der Klägerin zuzurechnende Einkommen der X-AG ist nicht unter Berücksichtigung der erhöhten Absetzung nach § 7d EStG zu ermitteln. Vielmehr hat das FG zu Recht angenommen, dass diese Steuervergünstigung aufgrund der später eingetretenen Entwicklung bei der Besteuerung nicht berücksichtigt werden kann. Einigkeit besteht zwischen den Beteiligten darüber, dass das Nutzungsrecht nicht mindestens fünf Jahre lang dem Betrieb der X-AG diente, so dass die zeitlichen Voraussetzungen für die Gewährung der erhöhten Absetzung[1] nicht erfüllt waren. Die sich hieraus ergebende Unzulässigkeit der erhöhten Absetzung ist entgegen der Ansicht der Klägerin schon bei der Besteuerung für das Streitjahr 1985 zu beachten. Sie führt nicht dazu, dass die X-AG erst im Veranlagungszeitraum 1987 einen Gewinn in Höhe des Unterschiedsbetrags zwischen dem zurückgezahlten Zuschuss und dem Buchwert des erhöht abgeschriebenen Nutzungsrechts erzielte. Zwar ist erst in jenem Jahr die in § 7d Abs. 6 Nr. 1 EStG aufgestellte Bedingung entfallen. Jedoch hat dieser Umstand zur Folge, dass die Steuervergünstigung nach § 7d EStG rückwirkend nicht gewährt werden kann[2]. Dem gemäß hat der VIII. Senat des BFH entschieden, dass in einem solchen Fall eine die Sonderabschreibung berücksichtigende Steuerfestsetzung nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO geändert werden kann[3]. Dem tritt der erkennende Senat bei.

Die hiernach gebotene rückwirkende Versagung der erhöhten Absetzung hängt nicht davon ab, ob die X-AG schon bei der Erstellung der Bilanz für das Streitjahr 1985 vorausgesehen hat oder voraussehen konnte, dass sie die zu errichtende Anlage nicht selbst nutzen werde. Deshalb ist für die Beurteilung des Streitfalls unerheblich, ob zu diesem Zeitpunkt die im Jahr 1987 durchgeführte geänderte Gestaltung bereits geplant oder vorbereitet war. Nach

§ 175 Abs. 2 AO gilt ein rückwirkendes Ereignis u.a. dann als eingetreten, wenn gesetzlich angeordnete zeitliche Voraussetzungen für die Gewährung einer Steuervergünstigung nicht eingehalten worden sind. Damit verfolgt der Gesetzgeber erkennbar das Ziel, in den genannten Fällen die Steuervergünstigung von Anfang an entfallen zu lassen und dem Steuerpflichtigen insbesondere den Liquiditätsvorteil zu entziehen, der sich durch eine vorübergehende Inanspruchnahme der Vergünstigung ergeben kann. Mit dieser Zielsetzung wäre es nicht vereinbar, bei bilanzierenden Unternehmern die Rückwirkung zusätzlich davon abhängig zu machen, dass der Wegfall der Voraussetzungen für die Vergünstigung im Zeitpunkt der Bilanzaufstellung erkennbar gewesen ist. Denn dann könnte es speziell bei längerfristig zu erfüllenden Vergünstigungsbedingungen dazu kommen, dass dem Unternehmer die Vergünstigung für mehrere Jahre erhalten bleibt, obwohl die maßgeblichen Voraussetzungen in der Folge vorzeitig entfallen sind. Die Klägerin kann sich für ihre gegenteilige Ansicht auch nicht auf den Grundsatz der Maßgeblichkeit der Handelsbilanz für die Steuerbilanz[4] berufen. In diesem Zusammenhang muss nicht auf die vom FG erörterte Frage eingegangen werden, ob der streitige Bilanzansatz handelsrechtlich zulässig war. Denn nachdem das Steuerrecht die erhöhte Absetzung im Hinblick auf ...

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