Leitsatz (amtlich)

Hat eine Einmann-GmbH in Gründung von einem Dritten ein Grundstück erworben und kommt es später nicht zur Eintragung der Gesellschaft ins Handelsregister, führt die Auflösung der GmbH in Gründung hinsichtlich des Grundstücks zu einem Rechtsträgerwechsel i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG 1983 auf den Gründungsgesellschafter.

 

Sachverhalt

Die X-GmbH in Gründung hatte im Mai 1992 in einem Zwangsversteigerungsverfahren Grundbesitz erworben. Einziger Gründungsgesellschafter war der Kläger. Zur Eintragung der Gesellschaft im Handelsregister ist es nicht gekommen. Stattdessen löste der Kläger die GmbH in Gründung durch Beschluss vom 20.12.1993 auf. Der dabei dem Kläger zugefallene Grundbesitz war mit Grundschulden von 5 Mio. DM belastet, die mit 4,5 Mio. DM valutierten. Das Finanzamt sah in dem Übergang des Grundbesitzes auf den Kläger einen Erwerb i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG 1983 und setzte gegen den Kläger GrESt fest. Das FG wies die dagegen gerichtete Klage ab[1]. Die Revision blieb erfolglos.

 

Entscheidungsgründe

Auch bei der Einmann-GmbH besteht zwischen ihrem Gründer und der GmbH in Gründung keine Identität, so dass die Auflösung einer grundbesitzenden Einmann-GmbH in Gründung hinsichtlich der auf sie eingetragenen Grundstücke zu einem Eigentumsübergang i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG 1983 auf den einzigen Gründer führt.

Wie alle Erwerbsvorgänge gemäß § 1 GrEStG 1983 verlangt auch der Erwerbstatbestand des Abs. 1 Nr. 3 der Vorschrift einen Wechsel des Rechtsträgers. Ein derartiger Rechtsträgerwechsel hat auch im Streitfall stattgefunden. Dies ergibt sich aus den gesetzlichen Regelungen über die Gründungsphase zwischen notarieller Beurkundung der nach § 2 Abs. 1 GmbHG erforderlichen Erklärungen und der Eintragung der GmbH ins Handelsregister. Bleibt am Ende des Vorstadiums - nämlich beim Formwechsel zur GmbH mit deren Eintragung ins Handelsregister - die Identität des Rechtsträgers gewahrt, dann kann zwischen dem wie auch immer zu charakterisierenden Vorstadium und dem Einmann-Gründungsgesellschafter nicht gleichermaßen Rechtsträgeridentität bestehen. Denn sonst käme man zu dem wegen der Selbständigkeit der juristischen Person unhaltbaren Ergebnis einer Identität der Rechtsträgerschaft in der Person des Gründungsgesellschafters mit der der GmbH. Da die Zäsur in der Rechtsträgerschaft nicht am Ende des Vorstadiums beim Formwechsel zur GmbH stattfindet, muss sie zwingend bei Beginn bzw. -beim Erwerb eines Wirtschaftsguts durch die GmbH in Gründung von dritter Seite -während des Vorstadiums eingetreten sein. Infolge dessen sind im Namen der GmbH in Gründung erworbene Grundstücke jedenfalls für Zwecke der GrESt nicht dem Einmann-Gründungsgesellschafter zuzurechnen. Dies hat zur weiteren Folge, dass bei Auflösung einer grundbesitzenden Einmann-GmbH in Gründung hinsichtlich der Grundstücke ein Rechtsträgerwechsel auf den Gründungsgesellschafter stattfindet.

Dieser nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG 1983 steuerbare Rechtsträgerwechsel ist auch steuerpflichtig. Der Befreiungstatbestand des § 6 Abs. 2 GrEStG 1983 greift nicht ein. Bei einer Einmann-Gründung scheitert die Anwendung des § 6 Abs. 2 GrEStG 1983 bereits daran, dass das Vorstadium mangels Vorhandenseins mehrerer Gründer keine Gesamthand sein kann. Wegen des fehlenden Befreiungstatbestands liegt auch keine offensichtliche Gesetzeslücke dergestalt vor, dass es der Gesetzgeber bei Schaffung des GrEStG 1983 versehentlich unterlassen hat, der 1980 gesetzlich zugelassenen Gründung einer Einmann-GmbH Rechnung zu tragen.

 

Link zur Entscheidung

BFH vom 17.10.2001 – II R 43/99

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