Leitsätze (amtlich)

  1. Die Rechtsprechung, dass Verwaltungspauschalen nach dem Regelungsverständnis der Verwaltung auszulegen sind, gilt nicht für solche Verwaltungsanweisungen, die lediglich gesetzesauslegenden Charakter haben.
  2. Ob Pauschbeträge für Verpflegungsmehraufwendungen wegen Fahrtätigkeit zu gewähren sind, entscheidet sich nicht nach den abstrakten Merkmalen eines bestimmten Berufsbildes, sondern nach dem konkreten Einsatz des betreffenden Arbeitnehmers.
 

Sachverhalt

Der Kläger wurde im Streitjahr 1998 zur ESt veranlagt. Er machte als bei der Flughafen Frankfurt/Main AG tätiger Rettungsassistent Pauschbeträge für Verpflegungsmehraufwendungen bei Fahrtätigkeit von (225 Tage zu 10 DM =) 2 250 DM als Werbungskosten geltend, deren Berücksichtigung das Finanzamt ablehnte. Mit der hiergegen erhobenen Klage trug der Kläger vor, er übe als Rettungsassistent eine Fahrtätigkeit aus; denn er sei in der Abteilung Fahrdienste eingesetzt und ausschließlich mit dem Transport von Kranken und Behinderten sowie Notfallrettungsfahrdiensten befasst. Sein Arbeitsplatz sei das für alle notfallversorgenden Maßnahmen ausgestattete Einsatzfahrzeug. Der Aktionsradius erstrecke sich auf den gesamten Rhein-Main-Flughafen und umliegende Gemeinden. Er sei täglich mehr als 10 Stunden von zu Hause abwesend. Das FG wies die Klage ab. Auf die Revision hob der BFH die Vorentscheidung auf und verwies die Sache an das FG zurück.

 

Entscheidungsgründe

Das FG hat sich zu Unrecht auf die Rechtsprechung gestützt, dass Pauschalen in Vereinfachungsregelungen der Verwaltung nach deren eigenem Handhabungsverständnis auszulegen sind, weil seit 1996 Rechtsgrundlage für die Gewährung von Verpflegungspauschalen nicht mehr lediglich Verwaltungsrichtlinien, sondern unmittelbar die gesetzliche Regelung in § 9 Abs. 5 i.V.m. § 4 Abs. 5 Nr. 5 EStG ist. Die diesbezüglichen Auslegungshilfen in Abschn. 37 Abs. 5 LStR ab 1996 binden nur insoweit, als sie sich aus der gesetzlichen Regelung ableiten lassen. Nach § 4 Abs. 5 Nr. 5 EStG stehen, wenn die dort genannten Abwesenheitszeiten erfüllt sind, Verpflegungspauschalen neben dem Fall der Dienstreisen (Satz 2) auch zu, wenn der Steuerpflichtige bei seiner individuellen betrieblichen Tätigkeit typischerweise nur an ständig wechselnden Tätigkeitsstätten oder auf einem Fahrzeug tätig wird (Satz 3). Dies gilt nach § 9 Abs. 5 EStG sinngemäß für die entsprechende berufliche Tätigkeit eines Arbeitnehmers.

Mit der im Gesetz nicht näher definierten Einsatzwechsel- bzw. Fahrtätigkeit hat der Gesetzgeber an die diesbezüglichen vorangegangenen Regelungen in den LStR angeknüpft. Bereits zu diesen hat die Rechtsprechung ausgeführt, dass nicht die abstrakten Merkmale eines bestimmten Berufsbildes entscheidend sind; maßgebend ist vielmehr der konkrete Einsatz des Arbeitnehmers im Rahmen des Direktionsrechts des Arbeitgebers[1]. Diese Auslegung hat der Gesetzgeber erkennbar übernommen, indem er auf die "individuelle" betriebliche bzw. berufliche Tätigkeit des Steuerpflichtigen abstellt. An diesem Gesetzeszweck hat sich auch die Auslegung des Begriffs der Fahrtätigkeit zu orientieren. Dem gemäß kann ein Arbeitnehmer, der außerhalb des Betriebssitzes des Arbeitgebers ständig unterwegs sein muss, auch dann typischerweise auf einem Fahrzeug tätig sein, wenn sich seine geschuldete Arbeit nicht im Lenken oder Begleiten eines Fahrzeugs erschöpft, sondern - wie beispielsweise beim Zugbegleitpersonal - andere Aufgaben zu erledigen sind.

Entgegen der Auffassung des FG kommt es auch nicht mehr darauf an, welcher individuelle berufliche Verpflegungsmehraufwand bei dem Steuerpflichtigen entstanden ist. Das FG wird nunmehr zunächst Feststellungen darüber zu treffen haben, wie der Kläger seine Arbeit erbringt. Soweit der Kläger auf dem Flughafengelände tätig war, wird das FG der Frage nachzugehen haben, ob es sich dabei um eine - weiträumige - ortsgebundene regelmäßige Arbeitsstätte des Klägers gehandelt hat. Des Weiteren wird das FG zu untersuchen haben, ob der Umfang des dort ortsfest - also nicht fahrend - erbrachten Dienstes noch den Schluss zulässt, dass der Kläger "typischerweise nur" auf einem Fahrzeug tätig war. Im Übrigen bedarf es weiterer Feststellungen zu den tatsächlichen Abwesenheitszeiten des Klägers.

 

Link zur Entscheidung

BFH vom 10.4.2002 – VI R 154/00

[1] Vgl. BFH-Urteil vom 20.11.1987, VIR 6/86, BStBl II1988, S. 443

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