Leitsatz (amtlich)

Der Notfallkoffer eines Arztes und darin enthaltene Geräte wie Sauerstoffflasche, Beatmungsbeutel, Absauggerät sind als geringwertige Wirtschaftsgüter i.S. des § 6 Abs. 2 EStG gemäß § 2 Satz 2 Nr. 1 InvZulG 1993 von der Investitionszulagenförderung ausgenommen, wenn die Anschaffungskosten der Einzelteile 800 DM nicht übersteigen.

 

Sachverhalt

Die Klägerin ist selbständige Kinderärztin. Im Streitjahr 1995 erwarb sie einen Notfallkoffer, den sie im Rahmen ihrer selbständigen Tätigkeit verwendete. Der Koffer beinhaltet eine Sauerstoffflasche, Beatmungsbeutel, ein Absauggerät, Katheter sowie weitere, bei der ärztlichen Erstversorgung zu verwendende Materialien. Die Anschaffungskosten des Notfallkoffers samt Inhalt betrugen 1421 DM zuzüglich USt. Das Finanzamt lehnte die von der Klägerin hierfür begehrte Investitionszulage nach § 5 Abs. 1 Nr. 3 InvZulG 1993 ab, weil es sich bei dem Koffer selbst sowie den dazugehörigen Instrumenten um geringwertige Wirtschaftsgüter handle. Klage[1] und Revision der Klägerin blieben erfolglos.

 

Entscheidungsgründe

Eine Investitionszulage wird nicht gewährt für die Anschaffung oder Herstellung von geringwertigen Wirtschaftsgütern i.S. des § 6 Abs. 2 Satz 1 EStG[2]. Der im Investitionszulagenrecht verwendete Begriff des geringwertigen Wirtschaftsgutes ist gleichbedeutend mit dem einkommensteuerlichen Rechtsbegriff[3]. Demnach zählen zu den geringwertigen Wirtschaftsgütern Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die einer selbständigen Nutzung fähig sind, sofern die Anschaffungs- oder Herstellungskosten - vermindert um einen darin enthaltenen Vorsteuerbetrag - 800 DM nicht übersteigen. Ein Wirtschaftsgut ist einer selbständigen Nutzung nicht fähig, wenn es nach seiner betrieblichen Zweckbestimmung nur zusammen mit anderen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens genutzt werden kann und die in den Nutzungszusammenhang eingefügten Wirtschaftsgüter technisch aufeinander abgestimmt sind. Dies gilt auch, wenn das Wirtschaftsgut aus dem betrieblichen Zusammenhang gelöst und in einen anderen betrieblichen Nutzungszusammenhang eingefügt werden kann[4]. Eine Verbindung, die die selbständige Nutzbarkeit ausschließt, ist im allgemeinen immer schon dann anzunehmen, wenn Wirtschaftsgut über die einheitliche Zweckbestimmung durch den Steuerpflichtigen in seinem Betrieb hinaus durch eine technische Verbindung in der Weise verflochten sind, dass durch die Abtrennung eines der Teile seine Nutzbarkeit im Betrieb verloren geht[5].

Der Notfallkoffer sowie sein Inhalt stellen danach geringwertige Wirtschaftsgüter und damit nicht förderungsfähige Wirtschaftsgüter dar, soweit es sich nicht ohnehin um Verbrauchsmaterial wie Binden usw., somit nicht um Anlagevermögen, handelt. Denn im Streitfall fehlt es an einer technischen Abgestimmtheit der einzelnen, den gesamten Notfallkoffer bildenden Wirtschaftsgüter in dem Sinne, dass das Herausnehmen eines Gegenstandes - etwa einer Sauerstoffflasche - aus technischen Gründen ausgeschlossen wäre. Zwar sind die einzelnen Wirtschaftsgüter in ihrer Zusammenstellung möglicherweise speziell darauf ausgerichtet, bei Hausbesuchen im Notfall die ärztliche Tätigkeit zu unterstützen. Gleichwohl kann jedes der enthaltenen Wirtschaftsgut separat genutzt, einzeln ersetzt und auch entfernt werden, ohne dass man dem entfernten Wirtschaftsgut bzw. den verbleibenden Wirtschaftsgütern die weitere Nutzbarkeit absprechen könnte. Dies ergibt sich schon aus dem Umstand, dass bei Hausbesuchen im Notfall nach der Lebenserfahrung nicht alle den Notfallkoffer bildenden Wirtschaftsgüter gleichzeitig und zusammen genutzt werden, sondern nur einzelne, für die individuelle Behandlung erforderliche Geräte eingesetzt werden müssen.

 

Link zur Entscheidung

BFH vom 7.9.2000 – III R 71/97

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