Substanzielle Änderungen des Städtebaurechts

Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau- und Reaktorsicherheit hat schon im Juli 2016 einen Entwurf zur Änderung des Städtebaurechts vorgelegt. Äußerer Anlass für dieses Vorhaben waren Änderungen von Richtlinien des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. April 2014 zur Umweltverträglichkeitsprüfung. Der Entwurf des Bauministeriums geht aber über eine bloße Anpassung an diese europäischen Normen weit hinaus und enthält einige substanzielle Änderungen des Städtebaurechts.

Zügige Behandlung des Gesetzentwurfs erwartet

Der Referentenentwurf des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit wurde Ende November vom Bundeskabinett gebilligt und den gesetzgebenden Körperschaften zugeleitet. Es ist davon auszugehen, dass der Gesetzentwurf zügig in den ersten Monaten des Jahres 2017 im Bundestag und Bundesrat behandelt wird, sodass die Änderungen bis zur Jahresmitte in Kraft treten könnten.

Änderungen

Die wichtigsten Änderungen betreffen folgende Punkte:

  1. Die Entwürfe der Bauleitpläne sind nach bisherigem Recht für die Dauer eines Monats öffentlich auszulegen. Diese Auslegungsdauer wird nun generell als Mindestfrist angesehen. Die Gemeinden können eine angemessene längere Frist setzen. Die gleiche Flexibilisierung der Monatsfrist erfolgt bei der Beteiligung der Behörden nach § 4 Abs. 2 BauGB.
  2. Öffentlichkeitsbeteiligung

    Für die Öffentlichkeitsbeteiligung wird verbindlich die zusätzliche Nutzung des Internets vorgesehen. Über die Regelungen des bisherigen § 4a Abs. 4 BauGB hinaus sind künftig der Inhalt der ortsüblichen Bekanntmachung der öffentlichen Auslegung sowie die auszulegenden Unterlagen zwingend ins Internet einzustellen.

  3. Einstellungspflicht von Bauplänen im Internet

    Nach dem neu eingefügten § 5 Abs. 5 BauGB soll der Flächennutzungsplan mit der Begründung und der zusammenfassenden Erklärung in das Internet eingestellt werden und über ein zentrales Internetportal des jeweiligen Bundeslandes zugänglich gemacht werden. Die Pflicht zur Einstellung in das Internet bezieht sich nicht nur auf neu aufgestellte Flächennutzungspläne, sondern gilt auch für den jeweils wirksamen Flächennutzungsplan. Insofern stehen die Gemeinden ab Inkrafttreten der Neuregelung ohne Übergangsfrist in der Pflicht, ihre Flächennutzungspläne im Internet zu präsentieren. Korrespondierend zur Internetpflicht für Flächennutzungspläne enthält ein neuer § 10a BauGB die Pflicht, auch Bebauungspläne mit der Begründung und den zusammenfassenden Erklärungen in das Internet einzustellen.

  4. Durch 2 Änderungen des § 9 BauGB soll den Gemeinden ermöglicht werden, dass in einem Bebauungsplan Festsetzungen getroffen werden, die der Vermeidung oder Minderung der Folgen großer Störfälle dienen.
  5. Bebauungspläne der Innenentwicklung dürfen nach dem heute geltenden § 13a BauGB unter gewissen Voraussetzungen im beschleunigten Verfahren aufgestellt werden. Dies ist möglich, wenn sie eine zulässige Grundfläche von weniger als 20.000 qm haben oder wenn bei einer Grundfläche von 20.000 bis 70.000 qm die überschlägige Prüfung ergibt, dass der Bebauungsplan voraussichtlich keine erheblichen Umweltauswirkungen haben wird. In keinem Fall aber war es bisher möglich, den Bebauungsplan der Innenentwicklung auf Grundstücke im Außenbereich zu erstrecken. Diese Hürde ist jetzt gefallen, der Bebauungsplan der Innenentwicklung kann in überschaubarem Umfang künftig auch Außenbereichsflächen überplanen. Ein neu eingefügter § 13b BauGB bestimmt nämlich: "Bis zum 31. Dezember 2019 gilt § 13a entsprechend für Bebauungspläne mit einer Grundfläche im Sinne des § 13a Abs. 1 Satz 2 BauGB von weniger als 10.000 qm, durch die die Zulässigkeit von Wohnnutzungen auf Flächen begründet wird, die nicht an im Zusammenhang bebaute Ortsteile anschließen."
  6. Fremdenverkehrsgebiete

    Schon bisher konnten Gemeinden nach § 22 BauGB in Fremdenverkehrsgebieten bestimmen, dass zur Sicherung der Zweckbestimmung von Gebieten mit Fremdenverkehrsfunktion die Begründung oder Teilung von Wohneigentum oder Teileigentum der Genehmigung unterliegt. Nach der Neufassung des § 22 BauGB ist jetzt auch die Begründung oder Änderung von Bruchteilseigentum nach § 1008 BGB genehmigungsbedürftig, wenn die Gemeinde dies in einem Bebauungsplan oder einer sonstigen Satzung bestimmt.

  7. Urbane ­Gebiete

    Die Baunutzungsverordnung enthält die verschiedenen Baugebietstypen, die von reinen Wohngebieten über gemischte Gebiete bis zu reinen Industriegebieten reichen. Zwischen dem Mischgebiet des § 6 BauNVO und dem Kerngebiet des § 7 BauNVO wird nunmehr folgender § 6a BauNVO "Urbane Gebiete" eingefügt:

    Zitat

    Abs. 1: Urbane Gebiete dienen dem Wohnen und der Unterbringung von Gewerbegebieten sowie sozialen, kulturellen und anderen Einrichtungen in kleinräumiger Nutzungsmischung, soweit diese Betriebe und Einrichtungen die Wohnnutzung nicht wesentlich stören.

    Abs. 2: Zulässig sind:

    1. Gebäude, die zu einem erheblichen Anteil, aber nicht ausschließlich dem Wohnen dienen,
    2. Einzelhandel...

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