Leitsatz

Aufwendungen für eine künstliche Befruchtung (In-vitro-Fertilisation), die infolge veränderter Lebensplanung wegen einer früher freiwillig zum Zweck der Empfängnisverhütung vorgenommenen Sterilisation erforderlich werden, sind nicht als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen.

 

Sachverhalt

Die Klägerin hatte sich nach der Geburt einer Tochter während ihrer ersten Ehe sterilisieren lassen. Später entschloss sie sich mit ihrem neuen Ehemann zu einer In-vitro-Fertilisation. Die Kosten von rund 8500DM, die von der Krankenkasse nicht übernommen wurden, machte sie vergeblich als außergewöhnliche Belastung geltend.

 

Entscheidung

Der BFH lehnt die Zwangsläufigkeit der Aufwendungen für eine künstliche Befruchtung nach vorheriger freiwilliger Sterilisation ab. In der Rechtsprechung ist die künstliche Befruchtung einer empfängnisunfähigen Frau mit dem Samen ihres Ehemanns (homologe Insemination) als Heilbehandlung anerkannt. Denn der BFH sieht die Empfängnisunfähigkeit einer (verheirateten) Frau als Krankheit an. Es handelt sich um einen "Defekt", dessen Hinnahme einer verheirateten Frau nicht abverlangt wird[1]. Anders ist es jedoch, wenn die Unfruchtbarkeit nicht auf einem anormalen Körperzustand beruht, sondern auf einem bewusst vorgenommenen Eingriff, um die regelgerechte Empfängnisbereitschaft zu unterbinden. In diesem Fall stellt die In-vitro-Fertilisation keine krankheitsbedingte Behandlung dar, sondern ist eine Maßnahme, mit der die früher getroffene Entscheidung für die Sterilisation rückgängig gemacht wird. Damit liegt die wesentliche Ursache für die In-vitro-Fertilisation in der frei gestaltbaren Lebensführung. Es fehlt daher am Merkmal der Zwangsläufigkeit.

 

Praxishinweis

Unter homologer Insemination versteht man die Befruchtung mit dem Samen des Ehemanns. Hier sind außergewöhnliche Belastungen gegeben, wenn medizinische Maßnahmen zur Behebung der Zeugungsunfähigkeit des Ehemanns bzw. der Empfängnisunfähigkeit der Ehefrau getroffen werden[2]. Bei der heterologen Insemination wird nicht mit dem Samen des Ehemanns, sondern eines Dritten befruchtet, bzw. eine unverheiratete Frau lässt eine Insemination durchführen. Für den Fall einer heterologen Insemination, bei der eine empfängnisfähige Frau wegen Zeugungsfähigkeit des Ehemanns mit dem Samen eines fremden Mannes befruchtet wurde, hat der BFH die Zwangsläufigkeit verneint. Denn durch diese Maßnahme wird weder bei der Frau noch bei ihrem Ehemann eine Krankheit behandelt. Die Kinderlosigkeit als solche stellt keine Krankheit dar[3].

Nicht entschieden ist der Fall der heterologen Insemination, die nicht wegen Zeugungsunfähigkeit des Ehemanns, sondern wegen Empfängnisunfähigkeit einer unverheirateten oder in Lebenspartnerschaft lebenden Frau vorgenommen wird. Das FG Münster[4] verneint die Vergleichbarkeit mit der Zwangslage einer verheirateten Frau. Die Revision ist unter Az. III R 30/03 anhängig.

 

Link zur Entscheidung

BFH-Urteil vom 3.3.2005, III R 68/03

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